1. Juni 2025

75 Jahre Siebenbürgische Zeitung: "Das Blatt, das uns alle zusammenhält"

Das Jubiläum der Siebenbürgischen Zeitung ist ein guter Anlass, um innezuhalten, die Geschichte der letzten 75 Jahre kurz Revue passieren zu lassen und die aktuellen Aufgaben und Herausforderungen zu beleuchten. Als Siebenbürger Sachsen dürfen wir dankbar sein für ein reiches geschichtliches und kulturelles Erbe, das unsere Vorfahren über die Jahrhunderte in Siebenbürgen aufgebaut haben und das nach der Auswanderung eines Großteils der deutschen Bewohner Siebenbürgens auch in Deutschland, Österreich und Übersee fortgeführt wird. Die Siebenbürgische Zeitung ist eine Chronik und zugleich ein wichtiges Instrument zum Erhalt der Gemeinschaft, die heute sowohl im Karpatenbogen als auch weltweit verstreut lebt.
Die erste Folge der Siebenbürgischen Zeitung erschien im Juni 1950 in München, trug den Untertitel „Nachrichten für die Siebenbürger Sachsen in Deutschland“, umfasste vier Seiten etwa in Foliogröße und wurde im Auftrag des „Verbandes der Siebenbürger Sachsen e.V.“ herausgegeben. Der erste Schriftleiter Hermann Otto Bolesch schrieb in der ersten Ausgabe, an der Wiege der Siebenbürgischen Zeitung sei die deutsche Not und das Elend, aber auch die deutsche Hoffnung gestanden. Die durch den Krieg nach Deutschland verschlagenen Landsleute hatten schon am 26. Juni 1949 den „Verband der Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben in Deutschland“ gegründet und schufen sich ein Jahr später ihr eigenes Mitteilungsblatt.
Die erste Ausgabe der Siebenbürgischen Zeitung ...
Die erste Ausgabe der Siebenbürgischen Zeitung erschien im Juni 1950.
Hans Meschendörfer hat die Entwicklung der Siebenbürgischen Zeitung (SbZ) in einem Aufsatz zum 30-jährigen Jubiläum vortrefflich beschrieben (Folge 10 vom 30. Juni 1980, Seite 3). Schon im November 1950 konnte die Zeitung über die 800-Jahr-Feier der Siebenbürger Sachsen in München berichten, wobei Bundespräsident Theodor Heuss mit profunden Kenntnissen aus der Geschichte der Siebenbürger Sachsen aufwartete. Hans Hartl (1952-1957), der nächste Schriftleiter des Blattes, dehnte die Berichterstattung auf die Landsleute in Übersee und im Herkunftsgebiet aus und setzte sich für die Familienzusammenführung ein. Er brachte auch polemische Schärfe in die Berichterstattung über die Ostpolitik, während sein Nachfolger Alfred Hönig (1957-1970) gemäßigtere, moderatere Akzente setzte. Schon in den ersten Jahren sei die SbZ „zu dem geworden, was sie heute noch ist: das Blatt, das uns alle zusammenhält“, schrieb Hans Meschendörfer 1980.

Im April 1951 wechselte die Zeitung von einer kleinen Druckerei zu Josef Jägerhuber in Starnberg, was den Beginn einer stabilen, gedeihlichen Zusammenarbeit bedeutete, die bis 2007 anhalten sollte. 1951 hatte die Zeitung eine stattliche Auflage von viertausend Exemplaren. Anfang 1971, als Hans Bergel (1925-2022) die Chefredaktion übernahm, wurde die Zeitung in einer Auflage von 6000 Exemplaren gedruckt und Ende 1988 sollten es 17000 Exemplare werden. „Bergel hat es verstanden, der Zeitung bei einheitlichem Grundkonzept eine Buntheit und Lebendigkeit zu geben, die sie vorher nicht besaß“, schrieb Hans Meschendörfer. Die Kolumne „Die politische Schlagzeile“, die von 1971 bis 1989 erschien (siehe Aufsatz von Stefan Sienerth auf Seite V dieser Jubiläumsausgabe), und der ab Folge 12/1971 eingeführte „Kulturspiegel“ sind nur einige Leistungen des streitbaren Publizisten Bergel.

Die Zeitung als politisches Instrument nutzte auch sein Nachfolger Hannes Schuster (1938-2021), der das Blatt vom Dezember 1989 bis 2002 leitete. Schuster übte wiederholt Kritik an den gesellschaftlichen Entwicklungen in der Bundesrepublik und den Regierungsentscheidungen in Bonn und später in Berlin, z.B. dem „Kriegsfolgenbereinigungsgesetz“ 1993 und den Rentenkürzungen 1996.

Interessenvertretung wurde von Anfang an großgeschrieben. Der Verband hat sich mit seiner Zeitung im Laufe der Jahrzehnte große praktische Verdienste erworben, um den rechtlichen Rahmen zu schaffen, der unsere frühere und heutige Existenz absichert: Lastenausgleich, Familienzusammenführung, Aussiedlerzuzug, Renten, Eigentumsrückgabe, neuerdings Entschädigungszahlungen für politische Opfer der kommunistischen Diktatur, um nur einige Bereiche zu nennen.

Der Umbruch 1989/1990 und der darauffolgende Massenexodus führten dazu, dass sich viele Dörfer und Städte in Siebenbürgen von ihren sächsischen Bewohnern leerten. Dank des Beharrungsvermögens der Siebenbürger Sachsen, die in ihrer Heimat blieben und sich in der Evangelischen Kirche oder dem Deutschen Forum zusammenfanden, aber auch der Heimatliebe vieler ausgewanderten Siebenbürger Sachsen bestehen die Strukturen in Siebenbürgen mit ihren Menschen auch heute weiter, wenn sich auch vieles grundlegend geändert hat.

Mit schrumpfenden Mitgliederzahlen sind aber auch der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und andere siebenbürgische Einrichtungen konfrontiert. Umso wichtiger ist in dieser Lage die Siebenbürgische Zeitung, die eine Klammerfunktion ausübt sowie die Kommunikation und Vernetzung der Einrichtungen, auch grenzüberschreitend, fördert.

Eine bedeutende Rolle spielt dabei die Öffentlichkeitsarbeit, die vornehmlich von der Siebenbürgischen Zeitung und der Webseite www.siebenbuerger.de geleistet wird. Die Rentenkürzungen von 1996 haben uns Siebenbürger Sachsen stark getroffen und zu einem Umdenken gezwungen. Der landsmannschaftliche Verband trägt seither seine Anliegen offensiver in die Politik und Öffentlichkeit hinein. Dank dieser Arbeit genießen die Siebenbürger Sachsen heute einen guten Ruf, werden immer wieder als Beispiel für gelungene Integration, als fleißige, loyale Bürger, als Träger und Vermittler einer jahrhundertealten Kultur, als Brückenbauer in einem vereinten Europa gesehen. Auf diese Erfolge bauend, die er mit bewirkt hatte, schaffte der damalige Bundesvorsitzende und heutige BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius 2013 erstmals als Vertreter der Aussiedler und Vertriebenen den Sprung in den Bundestag. Als Bundesaussiedlerbeauftragter (2018 bis 2022 und seit 2025) setzt sich Bernd Fabritius vielfach für die Anliegen der Aussiedler und der deutschen Minderheiten in Osteuropa ein.
Alle Ausgaben seit Juni 1950 können unter ...
Alle Ausgaben seit Juni 1950 können unter www.siebenbuerger.de/zeitung/pdfarchiv gelesen werden.
Sehr erfolgreich ist der im Oktober 2000 gestartete Internetauftritt des Verbands unter www.siebenbuerger.de. Die Inhalte werden maßgeblich von den Redakteuren gestaltet, die Innovation und technische Betreuung liegen in den Händen der vier Webmaster. Die Öffnung der Siebenbürgischen Zeitung hin zur modernen Technik, die Mobilisierung der Jugend, aber auch der älteren Generation zur Teilnahme am Heimattag in Dinkelsbühl oder an den Sachsentreffen in Siebenbürgen, die Initiative zur Rettung von Schloss Horneck – das alles hat dem Verband viel Lob und einen Imagegewinn gebracht. Öffentlichkeitsarbeit, bewusstes Werben in eigener Sache, Vernetzung und Kooperation spielen eine immer größere Rolle. Die Siebenbürger Sachsen gestalten das gesellschaftliche Leben viel bewusster mit und sind ein Vorbild für europäischen Zusammenhalt.

Neben der Gestaltung des Blattes liegt ein Hauptaugenmerk der SbZ auf der Wirtschaftlichkeit. Eine tiefgreifende Sparmaßnahme wurde 2002 durch die elektronische Umstellung eingeleitet. Seit Januar 2007 wird die gesamte Zeitung am Bildschirm erstellt. So konnten die Druck- und Versandkosten erheblich gesenkt werden, im September 2007 erfolgte der Wechsel zur Druckerei Mayer & Söhne in Aichach und dann im Juli 2020 zur Druckerei Dierichs in Kassel.

„Behalten Sie Ihr eigenes Gepräge und bringen Sie es zum Leuchten!“, rief Bischof Dr. Michael Bünker im September 2008 den Siebenbürger Sachsen beim Heimattag im oberösterreichischen Wels zu. Diese Aufforderung ist seit langem Programm unserer Zeitung, die den Blick für die eigene Herkunft schärft und eine Fülle von siebenbürgischen Themen anbietet, an Persönlichkeiten, Krieg und Deportation, kulturelle und geschichtliche Ereignisse erinnert sowie Mundartpflege in den Rubriken „Sachsesch Wält“ und „Hegt wird gesangen!“ betreibt. Die SbZ ist mit rund 18000 Exemplaren die auflagenstärkste Vertriebenen- und Aussiedlerzeitung in Deutschland. Sie ist ein Gemeinschaftswerk von hunderten Ehrenamtlichen und einigen Hauptamtlichen, wofür allen herzlich gedankt sei. Ein besonderer Dank gilt dem Kulturwerk der Siebenbürger Sachsen, das diese Jubiläumsausgabe aus Mitteln des bayerischen Sozialministeriums gefördert hat.

Siegbert Bruss

Leitartikel der Jubiläumsausgabe "75 Jahre Siebenbürgische Zeitung"

Downloads:

Hier können Sie die achtseitige Jubiläumsausgabe "75 Jahre Siebenbürgische Zeitung" als pdf-Datei (4 MB) herunterladen.

Titelseite der ersten Folge der Siebenbürgischen Zeitung von Juni 1950

Hans Meschendörfer: "Ein Leser blättert in alten Jahrgängen", Folge 10 vom 30. Juni 1980, Seite 3

Radio-Interview

75-jähriges Jubiläum der Siebenbürgischen Zeitung: Interview mit Chefredakteur Siegbert Bruss, Radio Neumarkt, 13. Juni 2025

Schlagwörter: Siebenbürgische Zeitung, Verband, Jubiläumsausgabe

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