26. September 2007

17. Sachsentreffen: "Das Erbe selbstbewusst in die Zukunft tragen"

„Erbe und Zukunft“ – unter diesem Motto stand das 17. Sachsentreffen, das am 15. September erstmalig in Hermannstadt stattfand. Rund 2 500 Gäste strömten an dem sonnigen Samstag in die Europäische Kulturhauptstadt, darunter 700 aktive Teilnehmer. Eröffnet mit einem Festgottesdienst, gefolgt von Trachtenumzug, Konzert und Ausstellungen, Vortrag und Festrede sowie der Verleihung der Honterusmedaille bot das Begegnungsfest ein vielfältiges Programm. Die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland war vertreten durch den Bundesvorsitzenden Dipl.-Ing. Arch. Volker Dürr und den Vorsitzenden der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen, Harald Janesch, die mit einer Delegation des Patenlandes Nordrhein-Westfalen angereist waren, durch den Vorsitzenden des Landesverbandes Bayern, Dr. Bernd Fabritius, sowie die Blaskapelle und die Erwachsenentanzgruppe der Kreisgruppe Landshut (Berichte folgen in der Siebenbürgischen Zeitung Online vom 26. und 27. September 2007).
16 Jahre lang war dieses Begegnungsfest im ehemaligen Bischofssitz in Birthälm veranstaltet worden, ehe im vergangenen Jahr beschlossen wurde, dass das Treffen künftig „wandern“ solle. Die Wahl der Europäischen Kulturhauptstadt Hermannstadt als diesjährigem Austragungsort lag klar auf der Hand. Eröffnet wurde der Feiertag, mit einem Festgottesdienst in der evangelischen Stadtpfarrkirche. Bischof D. Dr. Christoph Klein hieß die Gäste, unter ihnen viele Trachtenträger, willkommen in einer Kirche, in der sich jeder zu Hause fühlen solle, gleichsam ein Erbstück der sächsischen Geschichte, denn „Erbe ist bedeutsam für jeden Mensch, aber auch für ein Volk“. Die Predigt in der selten so gefüllten Stadtpfarrkirche hielt Stadtpfarrer Killian Dörr. Die Gottesdienstteilnehmer erfreute auch das Orgelvorspiel von Ursula Philippi und der Gesang des Bachchors.
Die siebenbürgisch-sächsische Kulturgruppe aus ...
Die siebenbürgisch-sächsische Kulturgruppe aus Landshut mit Bürgermeister Klaus Johannis, Bischof D. Dr. Christoph Klein, dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden Dr. Bernd Fabritius und dem Bundesobmann der Siebenbürger Sachsen in Österreich Volker Petri. Foto: Dagmar Orth
„Eine gemeinsame Zukunft haben wir durch unser gemeinsames Erbe“, sagte Ovidiu Ganț, Abgeordneter des Europäischen Parlaments, in seinem Grußwort in der Stadtpfarrkirche, „denn zur Sternstunde der rumänischen Geschichte haben auch die Siebenbürger Sachsen beigetragen und ihre Zahl ist nicht unwichtig“. Die nachfolgenden Redner aus dem In- und Ausland bezogen sich nicht nur auf die Zukunft und das Erbe der kleinen siebenbürgisch-sächsischen Minderheit, sondern auch auf die „Erfolgsgeschichte Hermannstadt“. Hervorgehoben wurden insbesondere die außergewöhnlichen Leistungen der Sachsen, deren Werte an die rumänische Gesellschaft weitergegeben werden müssten, so Ganț.

Unterstaatssekretär Dr. Zeno-Karl Pinter hieß die Gäste auch im Namen der rumänischen Regierung willkommen, die diesen Tag finanziell unterstützte. Grußworte sprachen unter der Moderation des Vorsitzenden des Siebenbürgenforums, Dr. Paul-Jürgen Porr, neben dem Bürgermeister der gastgebenden Stadt Hermannstadt, Klaus Johannis, der deutsche Generalkonsul in Hermannstadt, Dr. Jean Pierre Rollin, der Obmann der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Österreich, Volker Petri, und Dr. Karl Singer, der Vorsitzende des Banater Forums. Bundesvorsitzender Volker Dürr übermittelte der Festversammlung die Grüße der Landsmannschaft und der weltweiten Föderation der Siebenbürger Sachsen. Das Sachsentreffen sei, wie auch die Heimattage in Kanada, den Vereinigten Staaten, Österreich und Deutschland, „nicht nur ein Symbol des Zusammenhalts der Siebenbürger Sachsen auf der ganzen Welt, sondern auch ein beiderseitiges Bekenntnis zu gewachsenen Bindungen zwischen den Ländern, den Städten und Gemeinden, in denen die Siebenbürger Sachsen neue Heimat gefunden haben und Partnerschaften begründen konnten“, so Dürr.

Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, Kulturstaatssekretär des Landes Nordrhein-Westfalen, seit 1957 Patenland der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, überbrachte die Grüße des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Dr. Jürgen Rüttgers und bedankte sich für die Patenschaft – „weil wir von den Sachsen wieder gelernt haben, was wir vernachlässigt haben, wie wichtig Kirche und Kultur sind und auch wie wichtig es ist, an Traditionen erinnert zu werden.“

Der Trachtenumzug startete am Huetplatz, führte dann über die Lügenbrücke zum Kleinen Ring und vorbei am Ratsturm auf den Großen Ring und schließlich, das Brukenthalpalais passierend, wieder zurück zum Huetplatz.

Unter den teilnehmenden Kulturgruppen waren die Tanzgruppen aus Landshut, Traun (Österreich), Schäßburg, Zeiden, Bistritz, Nadesch, Kronstadt, Neumarkt (Târgu Mureș), Sächsisch-Reen und Hermannstadt. Die Zuschauer, die auf den Umzug am Großen Ring gewartet hatten, gingen mit den Gruppen mit und versammelten sich ebenfalls auf dem Huetplatz im Hof der evangelischen Stadtpfarrkirche. Für die Darbietungen spendete das Publikum reichen Applaus. Den gab es auch für den jungen bunten Nadescher Chor, der am frühen Nachmittag in der Aula der Brukenthalschule auftrat, wo ein Teil der Veranstaltungen des 17. Sachsentreffens stattfand. An dem einstündigen Konzert wirkten auch der Reußmarkter Chor aus München und der Hermannstädter Seniorinnenchor „Sälwerfäddem“ mit. Im Anschluss waren die Gäste eingeladen zum Besuch einer Ausstellung siebenbürgisch-sächsischer Trachtenpuppen von Edith Rothbächer am Sitz des Hermannstädter Forums. Eine zweite Ausstellung unter dem Titel „Historische Radios 1925-1975, Entwicklung der Kommunikationstechnologie in Hermannstadt“ wurde im Teutsch-Haus gezeigt.

Festrede löst Diskussionen aus

In der Aula der Brukenthalschule hielt der Ehrenvorsitzende des Forums, Prof. Dr. Paul Philippi, die Festrede. „Wohin führt die Kombination von Deutschtum und Zukunft, führt sie nicht direkt nach Deutschland?“, fragte Philippi in seiner Rede. Die meisten Landsleute habe es nach Deutschland gezogen, wo die Zukunft des Deutschtum nicht zum Problem werden kann. Aber: „Wo bleibt dann das siebenbürgisch-sächsische Erbe?“ Mit diesen und weiteren „unangenehmen Fragen“ und Bemerkungen löste Philippi bei manchem der Zuhörer Irritationen aus. Trachtenumzüge und Festreden reichten nicht aus, die Zukunft zu sichern, so Philippi. Die siebenbürgisch-sächsische Lebenssubstanz liege nicht im Tanz und in der sogenannten Jungsächsischen Tracht, auch wenn es ein Versuch sei, das Erbe neu zu gewinnen. Die Zukunft müsse insbesondere politisch sein, und dazu gehöre eventuell die Kirchentracht. Der „Kostümverleih“, nur um fotografiert zu werden, sei jedenfalls weder Zukunft, noch Erbe. Die ausgewanderten Landsleute müssten ihre Einstellung der im Lande verbliebenen sächsischen Minderheit gegenüber ändern. Nicht Nostalgiker, sondern „Partner, aufmerksame Hörer und kritische Mitdenker“ seien gefragt; „die Zukunft mit dem Erbe zu verbinden, ist für dieses Land lebensnotwendig“. „Es ist unser Erbe, in einer pluralistischen Heimat zu wirken als ein korporativer demokratischer Faktor, d. h. als eine Gemeinschaft, die in ihren Konturen als solche positiv wahrgenommen werden kann. Dieses Erbe bescheiden, aber selbstbewusst in die Zukunft zu tragen, ist sinnvoll“, unterstrich Prof. Philippi.

Klaus Johannis mit der Honterusmedaille ausgezeichnet

Im Anschluss an die Festrede überreichte der Vorsitzende des Siebenbürgenforums, Dr. Paul-Jürgen Porr, dem Hermannstädter Bürgermeister und DFDR-Vorsitzenden Klaus Johannis die Honterusmedaille für die „Erfolge des Forums, die Erfolge der Stadt Hermannstadt, für den Mut, den er bewiesen hat, ein klares Ja zu sagen, als Hermannstadt aufgefordert wurde, zusammen mit Luxemburg Europäische Kulturhauptstadt zu werden, und für die Art, wie die Projekte ausgearbeitet wurden“.
Dr. Paul Jürgen Porr, Vorsitzender des ...
Dr. Paul Jürgen Porr, Vorsitzender des Sie­ben­bürgenforums (rechts), überreicht die Honte­rus-Medaille an den Landesforums­vor­sitzen­den Klaus Johannis. Foto: Fred Nuss
Johannis erklärte in seiner Dankesrede, dass die Sachsen in Siebenbürgen und in Hermannstadt eine Zukunft hätten, in einer Gegend, wo man weiterhin kompetente Leute finde. Zudem erklärte der Bürgermeister, dass er an die Zukunft von Hermannstadt und Rumänien sowie an die Europäische Union glaube, und dass Europa durch den EU-Beitritt Rumäniens nicht nur bunter, sondern auch besser werde. Die Laudatio auf Klaus Johannis sprach Dr. Hans Klein. Der Vorsitzende des Deutschen Forums Hermannstadt erinnerte an den vormaligen, bis zu seiner ersten Kandidatur im Jahre 2000 fast unbekannten Generalschulinspektor. „Damals war er der Mann der Stunde, kein Visionär, sondern ein Praktiker, der die Gabe eines Managers hatte, die ihm zu Hilfe kam.“ Wie im Fall von Honterus oder Georg Daniel Teutsch in einstigen Krisenzeiten, so sei Klaus Johannis „einfach zur rechten Zeit da gewesen“ für die Sachsen, so Dr. Klein. Die musikalische Umrahmung der Verleihung der Honterusmedaille gestaltete das „Collegium Suebicum“ aus Großkarol/Carei u. a. mit Oden aus der Honterus-Sammlung.

Das Sachsentreffen klang am Nachmittag mit einem Platzkonzert am Großen Ring aus. Neben der Burzenländer Blaskapelle spielten die Blaskapelle des Bistritzer Forums, die Blaskapelle Landshut, die Lustigen Adjuvanten Traun und die Blaskapelle der HOG Reußmarkt. Im Zeichen der Begegnung standen schließlich noch Tanz und Musik im Zelt auf dem Huetplatz. Über den Austragungsort für das nächstjährige Sachsentreffen wird laut Vorsitzendem des Siebenbürgenforums, Dr. Paul-Jürgen Porr, im Herbst entschieden werden.

Ruxandra Stănescu

Schlagwörter: Sachsentreffen, Forum, Föderation, Siebenbürgen und Rumänien

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