16. Mai 2008

Ministerpräsident Günther Beckstein von Siebenbürger Sachsen geehrt

Der Bayerische Ministerpräsident Dr. Günther Beckstein wurde für seine Verdienste um die gute Integration der Siebenbürger Sachsen und deren Einbeziehung in das Leben des Freistaates Bayern mit dem Goldenen Ehrenwappen des Verbandes der Siebenbürger Sachsen geehrt. Die Auszeichnung wurde bei der Eröffnungsveranstaltung des Heimattages der Siebenbürger Sachsen am 10. Mai in Dinkelsbühl überreicht.
Die meisten nach Deutschland zugezogenen Siebenbürger Sachsen seien gerne in Bayern, hier bestens integriert und loyale Bürger. Dass dieses so sei, wäre auch ein Verdienst Günther Becksteins, der schon als bayerischer Innenminister stets ein offenes Ohr und Verständnis für Anliegen der Spätaussiedler und Heimatvertriebenen gezeigt habe, erklärte der Bundesvorsitzende des Verbandes, Dr. Bernd Fabritius, bei der Verleihung dieser höchsten Auszeichnung des siebenbürgischen Verbandes.



In seiner Festrede im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung machte Dr. Günther Beckstein deutlich, „dass der Freistaat Bayern sich zu den Aussiedlern und Vertriebenen, gerade auch zu den Siebenbürger Sachsen, in einer ganz besonderen Weise bekennt“. Zugegen waren Norbert Kartmann, der Präsident des Hessischen Landtages, hohe Regierungsvertreter aus Rumänien sowie der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien und Oberbürgermeister von Hermannstadt, Klaus Johannis. Die Anwesenheit dieser Vertreter wertete Ministerpräsident Beckstein als wichtiges Signal dafür, dass bei den Siebenbürger Sachsen „Brücken über Grenzen“ gebaut werden. Er würdigte die rumänische Regierung, die sich offen zu den Verbrechen der Vergangenheit bekenne. Wahrhaftigkeit sei eine wichtige Voraussetzung für die Zukunft, betonte Dr. Beckstein. Er lobte die intensive Jugendarbeit der Siebenbürger Sachsen und ihre Kultur, die von herausragender Qualität sei. Die Ansprache wird im Folgenden leicht gekürzt wiedergegeben.
Ehrung des Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. ...
Ehrung des Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Günther Beckstein (2. von rechts) durch den Verband der Siebenbürger Sachsen, von links: Klaus Johannis, Dr. Christoph Hammer und Dr. Bernd Fabritius. Foto: Josef Balazs

Bayern bekennt sich zu den Siebenbürger Sachsen

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der erste Gruß gilt Ihnen, den Siebenbürger Sachsen, die Sie heute hier in Dinkelsbühl im Freistaat Bayern sind. Sehr geehrter Herr Dr. Bernd Fabritius, ich gratuliere Ihnen zur Wahl und sage Ihnen allen ein herzliches Grüß Gott. Ich wollte ganz bewusst als erst einige Monate im Amt befindlicher Bayerischer Ministerpräsident zu Ihrem Heimattag kommen und deutlich machen, dass der Freistaat Bayern sich zu den Aussiedlern und Vertriebenen, gerade auch zu den Siebenbürger Sachsen, in einer ganz besonderen Weise bekennt. Sie sind uns willkommen, und drum sage ich ein herzliches Grüß Gott in Bayern. Ich begrüße den Präsidenten des Hessischen Landtags, Norbert Kartmann, den Kollegen aus dem baden-württembergischen Landtag, Dr. Bernhard Lasotta, und natürlich den Dinkelsbühler Oberbürgermeister Dr. Christoph Hammer.

Ehrliche Auseinandersetzung mit der Vergangenheit

Ich freue mich, dass wichtigste Repräsentanten aus Rumänien hier sind, sehr geehrter Herr Berater des rumänischen Ministerpräsidenten, Florin Vodiță, Unterstaatssekretär Dr. Zeno Pinter, die Generalkonsulin Brândușa Petrescu, der Oberbürgermeister der wunderschönen Stadt Hermannstadt, Klaus Johannis. Dass Sie alle hier sind, ist für mich ein wichtiges Signal, um das Motto „Brücken über Grenzen“ zu verdeutlichen. Ich sage Respekt an die rumänische Politik, die sich klar zu den Verbrechen in der Vergangenheit bekennt.

Der Bayerische Ministerpäsident Dr. Günther ...
Der Bayerische Ministerpäsident Dr. Günther Beckstein während seiner Ansprache am 10. Mai 2008 in Dinkelsbühl. Foto: Christian Schoger
Es ist eine ganz wichtige Frage, dass man Versöhnung und Frieden in den Mittelpunkt stellt, und das kann nur dauerhaft auf Wahrhaftigkeit geschehen. Wenn man nicht wahrhaftig ist, werden immer wieder neue Wunden aufbrechen. Auf ehrliche Auseinandersetzung mit der Vergangenheit kann man eine wahrhaftige Zukunft bauen, und darum ist es hervorragend, dass Sie hier sind.

Geschichtsbewusstsein an die junge Generation weitergeben

Meine Damen und Herren, der Heimattag der Siebenbürger Sachsen ist uns in Dinkelsbühl in Bayern, ich darf das als Bayerischer Ministerpräsident sagen, besonders willkommen. Jeder in Deutschland weiß ja, dass die Bayern besonders heimatverbundene Menschen sind. Wir sind stolz auf unsere Heimat und wir legen Wert auf unsere Heimat. Es war gestern ganz spannend bei der Verleihung des Bayerischen Fernsehpreises an Dieter Kronzucker, der in ganz besonderer Weise die Internationalität verkörpert und viele Jahre in Afrika, Lateinamerika und Asien verbracht hat. Er sagte, im Rückblick auf sein Leben, dass er sich ganz besonders Gedanken über seine Heimat in München und Oberbayern mache: Jeder Mensch braucht Heimat. Wenn man nicht weiß, wo man zu Hause ist, kann man sich in der Welt nicht zurechtfinden. Und je internationalisierter und globalisierter die Welt ist, umso mehr Bedeutung hat die Heimat, weil man auf einem festen Fundament steht und sich allen Anforderungen der Welt stellen kann. Und darum ist es wichtig, Heimattage auszurichten, wo man jungen Menschen das Bewusstsein der Geschichte der Herkunft vermittelt, damit es nicht irgendwann abreißt mit der Erlebnisgeneration.

Ich möchte mich zuallererst bedanken bei denen, die diese Heimattage organisieren, Dr. Christoph Hammer, bei Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, natürlich aber bei den Damen und Herren der Landsmannschaft, Dr. Bernd Fabritius, Herta Daniel und allen, die da mithelfen. Es steckt viel organisatorische Arbeit dahinter, dass das gut gemacht wird. Ich möchte Anerkennung sagen für die Jugendarbeit. Sie verleihen zum 15. Mal den Siebenbürgisch-Sächsischen Jugendpreis. Das ist wichtig, weil dadurch das Bewusstsein für die Kultur, für die unglaublichen Leistungen in der Tradition Siebenbürgens auch in die Zukunft hineingetragen wird. Das Bewusstsein für die kulturellen Leistungen fördert auch der Ernst-Habermann-Preis. Ich gratuliere den Preisträgern sehr herzlich, auch jenen des Kulturpreises, denn die siebenbürgisch-sächsische Kultur ist von einer herausragenden Qualität.

Hermannstadt ist Europas Kulturhauptstadt 2007 nicht etwa wegen der Bauten der 80er oder 90er Jahre geworden, sondern es ist ein Ausfluss dessen, was Siebenbürger Sachsen in jahrhundertelanger Arbeit in wunderschöner Weise gestaltet haben. Ich selber war wiederholt in Rumänien und habe dabei immer auch Siebenbürgen besucht, übrigens schon Ende der 80er und zu Beginn der 90er Jahre, um deutlich zu machen, welche Bedeutung wir den guten Beziehungen zu den Deutschen in Rumänien und deren Kultur beimessen.

Die Individualität als Kennzeichen europäischer Kultur

Damit wird auch deutlich, dass wir europäische Kultur in besonderer Weise pflegen. Was ist das Kennzeichen europäischer Kultur? Die Individualität und die Unterschiedlichkeit, die sich in den unterschiedlichen Sprachen Europas zeigt. Wir hatten in dieser Woche Leonard Orban zu Gast, den Kommissar für Mehrsprachigkeit der Europäischen Kommission, der aus Rumänien stammt. Nur als Randbemerkung: In der EU gibt es 23 offizielle Sprachen. Um zu dolmetschen, muss man 506 Kombinationen haben. Für Dolmetscher werden in der EU jährlich 1,1 Milliarden Euro ausgegeben. Das sind stolze Zahlen, aber es ist auch ein Ausdruck der Individualität Europas. Lassen Sie mich gerade in dieser Woche, die ja die Europawoche ist, auch die Bemerkung machen: Der Vertrag von Lissabon wird uns hier ein Stück weiter voranbringen, denn die Europäische Union ist mit 27 Mitgliedsstaaten nicht mehr in der Lage, mit den alten Strukturen zu arbeiten. Wir wollen die Europäische Union nicht als einen Superstaat, der sich in alles einmischt, er muss die Friedensordnung, die Wirtschaftsordnung, die großen Fragen der Außenpolitik und der Sicherheitspolitik regeln, aber im Inneren muss die Subsidiarität gewahrt werden. Was vor Ort geregelt werden, darf nicht in Brüssel zentral geregelt werden.

Individualität, Subsidiarität heißt, wir wollen dafür sorgen, dass wir eine Friedensordnung in Europa haben, aber sie muss der Individualität Rechnung tragen, und diese Individualität heißt Selbstbewusstsein auf die eigene Kultur; das kann und muss jeder auch auf den Weg bringen. Die eigene Kultur zu pflegen, ist eine Voraussetzung der eigenen Identität, und jeder, der mich kennt, weiß, dass ich sage: jawohl, ich trete auch ein für einen aufgeklärten Patriotismus, dass man auch stolz auf seine eigene Identität und seine eigene Geschichte ist. Das ist übrigens eine wirksame Immunisierung gegen einen übersteigerten Nationalismus, einen Nationalismus, der aggressiv gegen andere ist, damit wollen wir nichts zu tun haben; aber ein aufgeklärter Patriotismus, bei dem man auf sein Herkommen stolz ist, ist unabdingbar wichtig und dafür treten wir auch immer ein. Und das war auch der Grund, warum wir in Bayern in einer Zeit, als manche Heimattage, als manches im Bereich der Landsmannschaften von der damaligen rot-grünen Regierung sehr attackiert worden ist, immer gesagt haben: Kommt nach Bayern, ihr seid willkommen, weil wir die Repräsentanten eines aufgeklärten Patriotismus sein wollen als Voraussetzung dafür, dass es nie wieder einen übersteigerten Nationalismus geben darf.

Aufgeklärter Patriotismus

Ein aufgeklärter Patriotismus beinhaltet eine gesunde Heimattreue, ein gesundes Selbstbewusstsein, und dafür stehen die Siebenbürger Sachsen in einer ganz besonderen Weise. Das Motto „Brücken über Grenzen“, auch wie Sie das vorhin erläutert haben, ist dafür ein ganz besonders schönes Symbol. Ich gratuliere Ihnen ausdrücklich dazu. Es ist eine vorbildliche Arbeit, die wir gerade auch in Europa brauchen. Ich wehre mich vehement dagegen, dass wir in einer Zeit der Globalisierung alles einheitlich gestalten wollen. Die Welt würde ärmer, wenn es nicht unterschiedliche Kulturen gäbe. Die Frage der Internationalisierung ist in der Wirtschaft möglicherweise eine Notwendigkeit, im Kulturellen wird sie zu einer Verarmung. Wir wollen die unterschiedlichen Kulturen leben, da sie eine Bereicherung der Welt bedeuten und nicht etwas, wovor man Angst haben muss, sondern wo man mit großer Freude sagen kann: Die Unterschiedlichkeit ist für mich die besondere Ausprägung des Menschen als Ebenbild Gottes, als Krönung der Schöpfung. Unterschiedliche Kulturen zu pflegen, ist etwas, was die Kultur herausstellt und Freundschaft zwischen den Völkern schafft, und dafür stehen die Siebenbürger Sachsen in einer ganz besonderen Weise. Ich freue mich, dass Sie Ihren Heimattag in Bayern ausführen, wünschen Ihnen viele gute Besucher und ein Wiedersehen mit Freunden und Verwandten. Ich wünsche, dass dieser Zusammenhalt gepflegt wird von der jetzigen Generation und für zukünftige Generationen. Wir freuen uns und wünschen dem siebenbürgischen Heimattag viel Erfolg. Herzlichen Dank, dass Sie hier sind, und auf ein gutes Gelingen aller Veranstaltungen.

Schlagwörter: Heimattag 2008, Bayern

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