2. Juni 2009

Bernd Fabritius: "60-jährige Verbandsgeschichte ist eine beispielhafte Erfolgsgeschichte"

Rund 16 500 Siebenbürger Sachsen fanden sich vom 29. Mai bis 1. Juni 2009 zu ihrem 59. Heimattag im mittelfränkischen Dinkelsbühl ein. Das Pfingsttreffen stand im Zeichen von 60 Jahren seit Gründung des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und von 25 Jahren seit Besiegelung der Föderation der Siebenbürger Sachsen. Das doppelte Jubiläum sei ein Grund zum Feiern, ein Grund für einen Rückblick, für Dankbarkeit und einen Ausblick in die Zukunft“, sagte der Bundes- und Föderationsvorsitzende Dr. Bernd Fabritius auf der Festkundgebung am Pfingstsonntag. Fabritius appellierte an die deutsche Politik, unsere Rentner gerecht zu behandeln sowie die siebenbürgisch-sächsische Kultur und Jugendarbeit zu fördern. Das Motto des Heimattages „Gemeinsinn leben, im Dialog handeln“ sollte nach Ansicht des Bundesvorsitzenden die künftige Richtung des Verbandes vorgeben. Seine Festansprache wird im Folgenden im Wortlaut veröffentlicht.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich begrüße Sie herzlich zum Heimattag der Siebenbürger Sachsen 2009 in Dinkelsbühl!

Ich begrüße ganz herzlich unsere Ehrengäste, allen voran Sie, Herr Minister Siegfried Schneider. Dass Sie in Vertretung des Bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer zu uns gekommen sind, ehrt und freut uns ganz besonders. Schon als Bayerischer Kultusminister waren Sie Schirmherr unserer Kulturtage im letzten Jahr und kennen uns. Ihr Besuch ist für uns ein Zeichen der Wertschätzung und Anerkennung. Ich bitte Sie, Herrn Ministerpräsidenten Horst Seehofer von den Siebenbürger Sachsen die besten Grüße zu überbringen. Der Ministerpräsident hat sich gleich nach seinem Amtsantritt zu der besonderen Verantwortung Deutschlands und Bayerns für die Heimatvertriebenen und Aussiedler bekannt. Für ihn sind wir nicht Fremde, sondern selbstverständlicher Teil des Staatsvolkes, als vierter Stamm. Dafür danken wir ihm.

Dr. Bernd Fabritius während der ...
Dr. Bernd Fabritius während der Begrüßungsansprache 2009 in Dinkelsbühl. Foto: Christian Melzer
Ganz besonders begrüße ich aus Siebenbürgen den höchsten Vertreter unserer Heimatkirche, lieber Herr Landesbischof Dr. Christoph Klein, seien Sie uns herzlich willkommen. Unsere evangelische Heimatkirche war nach Auflösung der sächsischen Nationsuniversität als weltliches Gremium der siebenbürgisch-sächsischen Selbstverwaltung in Rumänien der einzige Halt unserer Gemeinschaft, besonders in den Zeiten kommunistischer Repression in Rumänien. Sie ist schon deswegen fester Teil unseres gemeinschaftlichen Selbstverständnisses. Danke, dass Sie, Herr Landesbischof, das Pfingstfest mit uns in Dinkelsbühl feiern.

Ganz besonders begrüße ich als Vertreter des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien und des Verbandes in Siebenbürgen als Mitglied der Föderation, den Präsidenten des Kreisrates Hermannstadt, Herrn Martin Bottesch. Es ist eine große Freude für uns, dass nach dem Besuch des Landesvorsitzenden, Klaus Johannis, als Oberbürgermeister der Europäischen Kulturhauptstadt 2007 – Hermannstadt, nun mit Ihnen der höchste gewählte Vertreter des Kreises Hermannstadt unser Gast ist. Dass dieser höchste Vertreter eines Kreisrates als regionales Parlament in Rumänien ein Deutscher aus Siebenbürgen ist, einer von uns, zeigt die Wertschätzung, die unserer Gemeinschaft in allen Ländern entgegengebracht wird, in denen wir zu Hause sind, gerade auch in Rumänien, wo wir über 850 Jahre lang zu den festen kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Konstanten gehört haben und weiter gehören.



Als Vertreter unseres ehemaligen Heimatlandes begrüße ich seine Exzellenz, Herrn Botschafter Lazăr Comănescu mit Gattin. Dumneavoastră excelență, ați fost primul ministru de externe care ați acceptat invitația noastră de a fi printre noi la Dinkelsbühl. Prin aceasta ați arătat un semn important. Ieri dumnavoastră v-ați adresat comunității noastre in limba săsească. [Sie, Exzellenz, waren der erste Außenminister Rumäniens, der eine Einladung zu unserem Heimattag der Siebenbürger Sachsen in Deutschland angenommen hat. Sie haben damit ein wichtiges Zeichen gesetzt – Übersetzung der Redaktion.] Sie, Herr Botschafter, haben sich gestern in siebenbürgisch-sächsischer Mundart an uns gewendet, als Zeichen des Respekts, den Sie unserer Gemeinschaft entgegenbringen. Ich habe mich jetzt in Ihrer Sprache, Rumänisch, an Sie gewendet, um diesen Respekt zu erwidern. Uns verbindet ein konstruktiver Dialog, in dem wir Probleme lösen können. Dafür danken wir Ihnen.

Andere neue Mitgliedsländer der EU, wie Polen und Tschechien, könnten sich ein Beispiel daran nehmen. Ich begrüße stellvertretend auch für die Präsidentin der nationalen Rentenbehörde Rumäniens, für Frau Staatssekretärin Doina Pârcǎlabu, die Generaldirektorin der rumänischen Rentenbehörde, Luiza Socol Florescu. Gemeinsam konnten wir – ich freue mich ganz besonders Ihnen dies mitteilen zu können – am Freitag eine sehr konstruktive Besprechung bei der deutschen Rentenbehörde in Würzburg durchführen, leider musste Frau Präsidentin anschließend unvorhergesehen nach Bukarest zurückreisen. Dass Sie, Frau Generaldirektorin Florescu, morgen mit Ihrer Kollegin, Frau Nemesi, die ich ebenfalls herzlich begrüße, an unserer Podiumsdiskussion zum Thema Rentengerechtigkeit teilnehmen werden, ist nur ein weiterer Beleg dafür, dass Sie an unserer Seite stehen und auch Verständnis für uns haben. Danke schön.

Ich grüße seine Exzellenz, den Botschafter Kanadas in der Bundesrepublik Deutschland, Herrn Peter Böhm mit Gattin und Tochter. Dass ein Siebenbürger Sachse nicht nur in Person Martin Bottesch als gewählter Präsident des Kreisparlamentes Hermannstadt einen ganzen Landkreis in Rumänien vertritt, sondern in Ihrer Person, Exzellenz, mit Kanada das zweitgrößte Land der Welt hier in Deutschland, erfüllt uns mit Stolz und ist ein lebendiger Beleg dafür, dass Siebenbürger Sachsen die geborenen Brückenbauer sind, sich überall integrieren und Verantwortung übernehmen können. Auch Sie sind einer von uns, seien Sie uns mit Ihrer Familie herzlich willkommen.

Aus dem deutschen Bundestag begrüße ich sehr herzlich den Sprecher der Arbeitsgruppe Vertriebene und Flüchtlinge der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag, Herrn Abgeordneten Stephan Mayer. Auch Sie, lieber Herr Mayer, sind fast schon einer von uns, Sie kommen aus der Region Mühldorf/Waldkraiburg; für ihre stetige Unterstützung unserer Anliegen danke ich herzlich und bitte um Beständigkeit. Aus dem Bayerischen Landtag begrüße ich die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Christa Naaß in Vertretung des Fraktionsvorsitzenden, Herrn Franz Maget, sowie den Landtagsabgeordneten für Dinkelsbühl, Herrn Gerhard Wägemann.

Ich grüße unsere Gastgeber, die Vertreter unserer Partnerstadt Dinkelsbühl, Herrn Oberbürgermeister Dr. Christoph Hammer und Frau Bürgermeisterin und Ehrenbürgerin der Großen Kreisstadt Dinkelsbühl Hildegard Beck, ich grüße die Mitglieder des Stadtrates und alle Bürgerinnen und Bürger Dinkelsbühls, die uns heute die Ehre erweisen.

Als Vertreter des BMI, unseres Ressortministeriums auf Bundesebene, begrüße ich herzlich Herrn Ministerialdirigenten Frank Willenberg mit Gattin, wir freuen uns, dass Sie da sind.

Ich begrüße alle Vorsitzenden der befreundeten Verbände in unserer weltweiten Föderation der Siebenbürger Sachsen. Erstmalig in Deutschland und bei uns zu Gast begrüße ich herzlich den National President der Alliance of Transylvanian Saxons aus den USA, Herrn Thomas Manning mit Gattin. Aus Kanada begrüße ich den Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, Herrn John Werner mit Gattin. Aus Österreich begrüße ich den Bundesobmann des Verbandes der Siebenbürger Sachsen, Herrn Pfarrer Magister Volker Petri. Bei unserem Heimattag in Dinkelsbühl sind, meine Damen und Herren, alle Mitgliedsverbände der weltweiten Föderation der Siebenbürger Sachsen vertreten. Ich werte dies als positives Zeichen unserer weltweiten Vernetzung, nicht nur in unserem Jubiläumsjahr 2009, sondern zukunftsorientiert darüber hinaus.

Ein Gruß geht an alle Vertreter der Verbände und Organisationen innerhalb unserer siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft, an den Vorsitzenden des Sozialwerks der Siebenbürger Sachsen, Peter Pastior, und Herrn Dr. Harald Roth als Vertreter des Siebenbürgen-Instituts in Gundelsheim. Ebenso begrüße ich den Vorsitzenden des Hilfskomitees der Siebenbürger Sachsen und ev. Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD, Herrn Dekan Hermann Schuller.

Ich grüße die anwesenden Träger des Siebenbürgisch Sächsischen Kulturpreises und stellvertretend für diese den in diesem Jahr zu ehrenden Herrn Kurtfritz Handel.

Letzlich begrüße ich den Vorsitzenden des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften, Herrn Michael Konnerth sowie den Bundesjugendleiter Rainer Lehni, als Mitausrichter des Heimattages 2009.

Ich grüße Sie alle, liebe Landsleute, die Sie so zahlreich und vielfach in unserer festlichen siebenbürgisch-sächsischen Tracht nach Dinkelsbühl gekommen sind, liebe Gäste und Freunde der Siebenbürger Sachsen. „Das ist ein beeindruckender Ausdruck generationenübergreifender Heimatverbundenheit, der heute nicht mehr selbstverständlich ist“ – so die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, in einer an uns alle gerichteten Grußbotschaft, der ich mich aus ganzem Herzen anschließen kann.

Ich freue mich sehr, Sie alle im Namen des Bundesvorstandes des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. hier in der festlich geschmückten Großen Kreisstadt und ehemals freien Reichsstadt Dinkelsbühl willkommen zu heißen.

Ich danke bereits jetzt allen Aktiven, die durch den wunderbaren Trachtenumzug unseren Heimattag bereichert haben und ganz besonders danke ich Ines Wenzel für diese informative und interessante Moderation.

"Wir feiern Geburtstag."

60 Jahre seit Gründung des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und 25 Jahre seit der Besiegelung unserer weltweiten Förderation sind ein Grund zum Feiern. Sie sind Grund für einen Rückblick, für Dankbarkeit, sie sind ein Grund auch für einen Ausblick in die Zukunft.

Ich gratuliere uns allen zu diesem Ereignis, das mit dem 60. Geburtstag der Bundesrepublik Deutschland zusammenfällt und für unsere siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft in Deutschland gleichermaßen bedeutend ist. Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland verkündet und Theodor Heuss zum ersten Bundespräsidenten gewählt. Bereits einen Monat später wurde am 26. Juni 1949 der „Verband der Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben in Deutschland“ gegründet und damit eine demokratisch strukturierte Vereinigung im Dienste unserer Gemeinschaft geschaffen. Es ist der Beginn eines organisierten siebenbürgisch-sächsischen Lebens in Deutschland nach den auch für unser Volk sehr schicksalhaften Ereignissen des Zweiten Weltkriegs. Das Ziel dieses Zusammenschlusses wurde bereits im Vorspruch zu der ersten Satzung unseres Verbandes wie folgt zusammengefasst: „Siebenbürger Sachsen, denen die Heimat genommen wurde und die fern von ihr in Deutschland leben, treten zusammen und gründen, die Heimat im Herzen, einen Verband zur gegenseitigen Hilfe.“ Es sollten „Recht und Zukunft“ geschaffen werden. „Tätige Treue“ sollte der Weg zur Verwirklichung dieses hohen Zieles sein.

Zuerst ging es um gezielte Interessensvertretung im Ganzen. Durch Mitwirkung eines in den ersten Deutschen Bundestag gewählten Landsmannes wurde in der Folge eine Vertriebenen- und Flüchtlingsgesetzgebung durchgesetzt, die Grundlage für unsere hervorragende Integration in der neuen Heimat war und bis heute geblieben ist. Was dann folgte, ist eine Erfolgsgeschichte, die beispielhaft bleiben wird.

Neben der selbstverständlichen Hilfe für jeden Einzelnen, die Pflege und Wahrung unserer Kultur, nahm unser Verband von Anfang an auch die Brückenfunktion wahr, die ihm gleichsam naturgemäß zugefallen war und schnell elementarer Bestandteil des eigenen Selbstverständnisses wurde. Die Anbahnung und tatkräftige Förderung der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu unserem Herkunftsland Rumänien, für die sich Bundeskanzler Willy Brandt durch seine Anwesenheit am Heimattag 1970 hier in Dinkelsbühl bei uns Siebenbürger Sachsen bedankte, war nur ein Beispiel für den Erfolg. Es galt und gilt auch weiterhin, das Schicksal der in Siebenbürgen verbliebenen Landsleute zu begleiten. Hilfen in materieller Not waren und sind genau so wichtig. Viel wichtiger jedoch waren die Maßnahmen zur Selbstbestimmung: die Entscheidung zu bleiben oder zu gehen, musste jeder selbst und in Verantwortung für sich und seine Familie treffen. An unserem Verband war es lediglich, die Möglichkeiten zu schaffen, diese Entscheidungsfreiheit eines jeden Einzelnen auch zu sichern. Auch hier waren wir erfolgreich. Vielleicht hätte man auch einen Rat geben können. Aber wer von uns mag für sich in Anspruch nehmen, die Entwicklungen vor 20 Jahren vorhergesehen zu haben.

Nun könnte man denken, darin läge Ursache und gleichzeitig der Beginn des Finis Saxoniae, des Endes unserer Gemeinschaft. Mitnichten. Unsere Gemeinschaft hört keinesfalls auf zu bestehen, sie verändert sich und entwickelt sich weiter. Im Zusammenwirken in der weltweiten Föderation können wir Siebenbürger Sachsen ganz unabhängig davon, wo wir in der globalisierten Welt des 21. Jahrhunderts leben, die zusammenhaltende Gemeinschaft bleiben, die uns schon ganz andere Herausforderungen meistern ließ. Das Wirken eines jeden Einzelnen bildet dabei in der Summe das Gerüst für ein tatsächliches und auch emotionales Zuhause in jedem Land, in dem wir leben.

Ich danke allen Mitgliedern der Gliederungen unseres Verbandes und der befreundeten Organisationen, den vielen Heimatortsgemeinschaften und ihren Vertretern, die für unsere Gemeinschaft, in Deutschland, in Siebenbürgen, in Österreich, in Kanada und den USA, und überall, wo Siebenbürger Sachsen leben, unermüdlich im Einsatz sind.

Unser Verband ist nach 60 Jahren noch nicht etwa in die Jahre gekommen, er kann auch nicht in Rente gehen, sondern ist nach wie vor aktiv gefordert: Bundespräsident Horst Köhler hat in seiner Berliner Rede zur Bankenkrise den Rückgang ethischer Hemmschwellen in der Wirtschaft angeprangert. Das Gefühl: „So etwas tut man nicht“ soll dort verloren gegangen sein.

Dieses Gefühl scheint in viel mehr Bereichen verloren gegangen zu sein als nur in der Wirtschaft. Der Umgang unserer Gesellschaft mit Aussiedlern, die vielleicht Letzten unter den Heimatvertriebenen des Zweiten Weltkrieges, lässt derzeit kaum einen anderen Schluss zu. Aussiedlerpolitik wird klammheimlich in eine alle Ausländer umfassende Migrationspolitik integriert, in der es nur noch um Zuwanderung aus angeblich anderen Kulturkreisen und daraus resultierende Integrationshemmnisse geht. Dabei kommen wir doch gar nicht aus fremden Kulturkreisen. Integrationshemmnisse bestehen bei uns auch nicht. Wir waren immer schon Deutsche und sind es als Siebenbürger Sachsen erst recht geblieben. Wir sind kein Problem für Deutschland, sondern mit den anderen Heimatvertriebenen zusammen die „Hefe des Wiederaufbaus“, wie die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, in einer Presseerklärung erst kürzlich so treffend formuliert hat. Doch in letzter Zeit müssen wir immer mehr einen Umgang mit uns zur Kenntnis nehmen, der eher an das Zitat des Bundespräsidenten erinnert: „So etwas tut man nicht!“

Behörden grenzen unsere Eltern aus unserer Renten-Solidargemeinschaft weitgehend aus, selbst wenn Gerichte unsere Position bestätigen. An anderer Stelle macht sich die Gerichtsbarkeit selbst zur Gehilfin einer rigorosen Sparlinie zu Lasten der Betroffenen und tut gerade so, also ob die Rentenversicherung untergehen würde, wenn nicht nur unsere Beiträge kassiert, sondern auch dem Generationenvertrag entsprechende Leistungen an unsere Eltern gezahlt werden. Und die Politik schafft mit jeder neuen Regelung in diesem Bereich einen noch engeren Rahmen und schaut dann zu. SO ETWAS TUT MAN NICHT!

Wir haben auf diese schmerzliche Schieflage schon seit Jahren und gerade auch in den letzten Monaten verstärkt hingewiesen und konstruktive Vorschläge zur Lösung unterbreitet. Ich fordere alle Entscheidungsträger auf, uns die gleiche Solidarität entgegenzubringen, die Heimatvertriebene und Aussiedler beim Wiederaufbau Deutschlands gezeigt haben und die wir heute noch jeden Tag unter Beweis stellen. Wir fordern gerechte Behandlung!

Wir haben unsere Sorgen dem Aussiedlerbeauftragten der Bundesregierung, Dr. Christoph Bergner, vorgetragen und von ihm Unterstützung erhalten. Dafür danken wir ihm. Sie wurden im Spätaussiedlerbeirat der Bundesregierung und im Vertriebenen- und Aussiedlerbeirat des Bayerischen Sozialministeriums als Rechtsaufsicht der für uns zuständigen Rentenbehörde erörtert. Auch die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer unterstützt unsere Anliegen aktiv und setzt sich mit uns gemeinsam für Verbesserungen ein. Ich bitte Sie, Herr Staatsminister Schneider, Frau Ministerin Haderthauer unseren herzlichen Dank für ihren Beistand zu überbringen.

Dem Thema „Rentengerechtigkeit“ widmen wir unsere Podiumsdiskussion am Pfingstmontag. Ich lade Sie alle herzlich dazu ein.

Unsere Kultur und unsere nachwachsende, junge Generation, meine Damen und Herren, sind das Wertvollste, was wir haben. Nicht wesentlich besser geht es uns jedoch mit der Jugendförderung und der Unterstützung zur Bewahrung unserer Kultur als Teil des gesamtdeutschen kulturellen Erbes, so wie dieses in Artikel 96 des Bundesvertriebengesetzes (BVFG) in die gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern gelegt und nicht den Betroffenen alleine überlassen wurde. An dieser Stelle danke ich unserem Patenland NRW und Herrn Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers für die kürzlich erneuerte Zusage, in der Unterstützung unserer Bemühungen zur Kultursicherung an unserer Seite zu bleiben. Wir hoffen, dass auch andere Bundesländer, in denen wir genau so zu Hause sind, die Zurückhaltung in der Förderung unserer Anliegen bald aufgeben und sich ebenfalls an unsere Seite stellen werden.

Auch die Förderung der Jugend ist durchaus verbesserungsfähig. Die Beschäftigung mit der Jugend und die Durchführung von Projekten, grenzüberschreitend oder hier bei uns zu Hause, führen zu einer Wertebildung und sind das beste Mittel gegen Entfremdung und Orientierungslosigkeit. Unsere Jugend hat alle Chancen dieser Welt. Wir müssen ihr diese nur aufzeigen und sie bei der Selbstfindung unterstützen.

Es geht bei der Förderung unserer Kultur und der Jugend nicht etwa um einen Aufwand, der in dem gesamtgesellschaftlichen Kontext trotz Krise und trotz bestehender Sparzwänge nicht tragbar wäre, wenn das Verständnis dafür wieder geweckt werden könnte.

Die Liste möglicher Verbesserungen würde lang ausfallen, wollte ich sie erschöpfend darstellen. Doch Wehklagen alleine, ohne sich selbst einzubringen, hilft nicht weiter. Wir müssen unser Schicksal selbst in die Hand nehmen, die Möglichkeiten dazu haben wir in unserer demokratischen Heimat. Wir befinden uns nicht nur in einem Jubiläumsjahr, sondern in einem Wahljahr. Am kommenden Wochenende wählen wir Vertreter in das Europäische Parlament und im September einen neuen Bundestag. Die Gesetze, die in diesen beiden Gremien beschlossen werden, betreffen uns unmittelbar und jeden Tag. Nutzen Sie Ihr Wahlrecht und entscheiden Sie so mit! In Rumänien hatten wir solche Möglichkeiten vor der Wende nicht. Jetzt haben wir sie. Wenn die Entscheidungsträger des gesamten Spektrums demokratischer Parteien uns Siebenbürger Sachsen als mündige Wähler wahrnehmen, dann wird es vielleicht etwas leichter, Verständnis für unsere berechtigten Anliegen zu wecken. Und wenn die Politik in den letzten Jahren Sie geärgert hat und Sie eher nicht zur Wahl gehen wollen, dann rufe ich Ihnen zu: Wählen Sie trotzdem und vielleicht gerade die, die Sie persönlich am wenigsten geärgert haben.

Angesichts eines runden Geburtstags und rückblickend auf 60 Jahre Verbandsleben sollte man an einem Tag wie heute einige Gedanken auch der Frage nach Inhalt, Sinn und Zweck unseres Zusammenseins widmen.

Kulturpflege und die eingangs geschilderte Integrationshilfe, um damit die vielleicht bekanntesten Inhalte unserer Arbeit anzusprechen, sind nicht alles. Kultur wird musealisiert, wenn sie nicht gelebt wird. Integration wird mit zunehmendem Erfolg zur Assimilation, die uns in der bundesdeutschen Gesellschaft verschwinden lässt. Hier müssen wir entgegenwirken und unser Selbstverständnis prüfen. Wir müssen uns darauf besinnen, was uns in den letzten Jahrhunderten zusammengehalten hat. Es war dieses ganz besondere siebenbürgisch-sächsische „Füreinander-da-sein“, es war der Gemeinsinn, der uns zusammenschweißte. Diesen Gemeinsinn müssen wir wieder erkennen, ihn leben und wirken lassen.

Das Motto unseres Heimattages „Gemeinsinn leben, im Dialog handeln“ sollte uns die künftige Richtung vorgeben.

Der ererbte und durch Jahrhunderte tragfähige, das Selbstverständnis der Siebenbürger Sachsen bestimmende Gemeinsinn der ersten siebenbürgisch-sächsischen Rücksiedler, – dieser Begriff scheint mir wesentlich treffender als Aussiedler oder gar „Migranten“ –, stand nicht nur am Anfang der eingangs genannten Gemeinschaftsgründung hier in Deutschland. Er war und ist Motor unseres Verbandes.

Erstes und oberstes Ziel dieser „siebenbürgisch-sächsischen Bürgerinitiative“, die zur Verbandsgründung führte, war vordringlich das Anstoßen gegenseitiger Hilfeleistungen, die in eine wirksame Interessenvertretung innerhalb der jungen Bundesrepublik münden sollten. Es galt, auch in der Zerstreuung Gemeinsinn zu leben und damit gerade dieser Zerstreuung entgegenzuwirken und neue Heimat zu schaffen, wo die alte nicht mehr greifbar war. Unser Verband will auch in Zukunft für jeden Einzelnen eine siebenbürgisch-sächsische Identifikationsmöglichkeit schaffen. Unterstützen Sie unsere Bemühungen und treten Sie unserem Verband bei, wenn Sie es noch nicht getan haben. Nur gemeinsam sind wir stark.

Und eine weitere Frage müssen wir uns bei diesen Überlegungen stellen: Reicht die anfängliche kollektive Selbstbezogenheit unserer Verbandstätigkeit aus? Ich glaube, sie genügt in einem demokratischen Gesellschaftsgefüge in Deutschland nicht. Als erforderlich erweist sich heute, um so mehr im gesamteuropäischen Kontext, die Notwendigkeit des Dialogs über die Grenzen der eigenen Selbstbezogenheit hinaus. Dialog innerhalb unseres Verbandes, darüber hinaus mit allen Gliederungen unserer grenzüberschreitenden Gemeinschaft, mit den Heimatortsgemeinschaften, mit allen Mitgliedsorganisationen im Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrat, mit den Mitgliedern der weltweiten Föderation der Siebenbürger Sachsen, mit der Heimatkirche in Siebenbürgen und dem Hilfskomitee in Deutschland, aber such mit unserem aktuellen Lebensumfeld, in das wir uns integriert haben, ohne unsere siebenbürgisch-sächsische Identität aufzugeben. So können wir eine Brücke spannen von unseren Wurzeln, von unserer Vergangenheit, durch die Gegenwart hinein in die gemeinsame Zukunft und diese Ebenen durch unsere Verbandstätigkeit zusammenführen. Der Dialog ist dabei nicht Selbstzweck, er ist Erkenntnismöglichkeit und Bindemittel nach innen und außen und hilft uns dabei, Selbstbezogenheit zu vermeiden. Es ist die Chance, die wir im 21. Jahrhundert als Gemeinschaft haben, wenn wir sie erkennen und für uns nutzen.

Ich wünsche uns zum Geburtstag, dass uns dies gelingen möge.

Mir packen et! Mer sen jo Sieveberjer Sachsen!

Ich wünsche uns allen einen schönen Heimattag, dem Geburtstagskind alles Gute, weiterhin viel Erfolg und „der Herr erhold ich!“

Schlagwörter: Heimattag 2009, Fabritius

Bewerten:

35 Bewertungen: ++

Neueste Kommentare

  • 02.06.2009, 00:40 Uhr von joker: Die Festansprache des Herrn Dr. Fabritius und auch die Ansprachen der anderen Festredner: Martin ... [weiter]

Artikel wurde 1 mal kommentiert.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.