6. Juli 2009

Heimattag 2009 in Kanada: „Mer bleiwen, wat mer sen“

Vom 20. bis 22. Juni 2009 fand in Kitchener, Ontario (Kanada), der Heimattag der Siebenbürger Sachsen in Nordamerika statt. Das jährliche Begegnungsfest in Übersee wird abwechselnd in den Vereinigten Staaten und Kanada ausgerichtet, Gastgeber war diesmal der Transylvania Klub in Kitchener. Zahlreiche Gäste aus Kanada, den USA und Deutschland zeigten eine hohe Wertschätzung für den Erhalt der siebenbürgisch-sächsischen Kultur und Gemeinschaft. Die Veranstaltung stand passend dazu unter dem Motto „Treue zur Tradition – True To Your Tradition“.
Mit einer „Beach Party“, bunten Hawaii-Hemden, kurzen Hosen und rhythmischer Musik wurde das Treffen am Freitagabend, dem 19. Juni, eingeleitet. In entspannter Atmosphäre feierte Jung und Alt ein Wiedersehen oder knüpfte erste Kontakte untereinander. Zum Auftakt trugen Dr. Waldemar Scholtes und Hildegard Lindschinger, geborene Scholtes, heitere Gedichte aus dem in Kürze erscheinenden Buch „Nösner Bilder-Buch“ von Max Gross in sächsischer Mundart und mit viel schauspielerischem Talent vor.

Den musikalischen Rahmen der offiziellen Eröffnung am Samstag gestaltete die Transylvania Hofbräu Band aus Kitchener unter der Leitung von Jeremy Frim mit vielen bekannten Heimatliedern wie z. B. „Rauschende Birken“.
Die drei Vorsitzenden der siebenbürgischen ...
Die drei Vorsitzenden der siebenbürgischen Verbände in Kanada (John Werner, Mitte links), Deutschland (Dr. Bernd Fabritius, Mitte) und den USA (Thomas Manning, Mitte rechts) beim Heimattag in Kitchener/Kanada, flankiert von den Mitgliedern der Tanzgruppe aus Bayern, erste Reihe, von links: Heidi Krempels, Britta Reisenauer, Christine Thum, Kerstin Schuster, Tanja Roth, Evelin Teutsch, Silke Müller, Heike Kraus, zweite Reihe, von links: Elmar Wolf, Patrick Krempels, Siegmar Wolf, Andreas Roth, Gerhard Martini, Udo Schneider, Christian Hellwig, Markus Hauptkorn. Foto: Alfred Löwrick
„Heimat ist dort, wo man gemeinsam unterwegs ist“ – mit diesem Zitat von Horst Göbbel eröffnete John Penteker, 1. Stellvertretender Bundesvorsitzender der Landsmannschaft in Kanada, den Heimattag. Er rief die Landsleute und Teilnehmer des Heimattages auf, das Band der Einigkeit zu knüpfen und zu erhalten.

Alfred Löwrick, Präsident des Transylvania Klubs in Kitchener, begrüßte alle angereisten Gäste von nah und fern, darunter Dr. Bernd Fabritius, Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und Präsident der weltweiten Föderation der Siebenbürger Sachsen, und eine Abordnung der siebenbürgisch-sächsischen Jugendtanzgruppen aus Bayern.

Unsere Sprache, Trachten, Tanzgruppen, Chor und Blaskapelle seien Ausdrucksformen der siebenbürgisch-sächsischen Kultur. „Kanada und die USA erlauben und ermutigen uns, unsere Kultur zu pflegen“, es sei die Aufgabe jedes Einzelnen, diese tatsächlich zu pflegen, betonte Löwrick. Den kulturellen Teil am Samstag eröffnete der Transylvania Chor unter der Leitung von Ian Clark mit einem bunt gemischten Liederstrauß in Mundart. Die Kindertanzgruppe aus Kitchener führte den Bändertanz und drei Volkstänze auf, wobei die kleinsten Tänzer sofort die Herzen aller Zuschauer eroberten. Viele neue und interessante Volkstänze boten die in siebenbürgisch-sächsischer Tracht gekleideten Jugendtanzgruppen aus Kitchener und Cleveland (USA) dar. Höhepunkt des Abends war der Auftritt der Tanzgruppe Bayern unter der Leitung von Heidi Krempels, die mit vier Volkstänzen eine besondere Atmosphäre im Saal schuf.

Die Lieder „Af deser Ierd do as e Land“, „Willst du Gottes Werke schauen“, „Heimat“ und das Lied „Wahre Freundschaft“ wurden gemeinsam unter der Akkordeonbegleitung von Andreas Roth (München) gesungen.

Bei strahlendem Sonnenschein und begleitet von stimmungsvoller Blasmusik zogen die Fahnenträger, gefolgt von rund 300 Trachtenträgern, in einem Festzug („Parade“) vom Transylvania Club über die Straßen Kitcheners in den festlich geschmückten Saal einer nahe gelegenen Schule (K.C.I. Collegiate). Hier wurde der Festgottesdienst von der Blaskapelle und dem Transylvania Chor Kitchener mitgestaltet. Für die Predigt hatte Pfarrer Thomas Merz den Psalm 108,5 „Deine Gnade reicht, so weit der Himmel ist, und Deine Treue so weit die Wolken gehen“ ausgesucht. Nach dem Abschlussgebet und dem Segen wurde das Kirchenlied „Ein’ feste Burg ist unser Gott“ gesungen.
Die Kindertanzgruppe Kitchener eroberte die ...
Die Kindertanzgruppe Kitchener eroberte die Herzen der Zuschauer. Foto: Georg Moodt
Höhepunkt des Heimattreffens war der Einmarsch der Fahnenträger mit der darauf folgenden Kundgebung. John Werner, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Kanada, berichtete über den beeindruckenden Heimattag in Dinkelsbühl, an dem er drei Wochen zuvor mit seiner Frau Helgard, dem kanadischen Botschafter in Berlin, Peter Boehm, sowie Thomas und Liz Manning teilgenommen hatte. An dem Begegnungsfest in Dinkelsbühl hätten sich 17 000 Besucher erfreut. Doch nicht allein die Zahl sei wichtig, betonte Werner, sondern das Bekenntnis zur Heimat, wie es im Motto des Heimattages „Treue zur Tradition – True To Your Tradition“ zum Ausdruck komme. Unsere Vorfahren hätten auch in Siebenbürgen schwer gearbeitet, und durch ihre Arbeit hätten sie es in ihrer neuen Heimat Kanada zu Wohlstand gebracht – einem sicheren und freien Land. Seit über 50 Jahren werde siebenbürgisch-sächsische Tradition in Kanada gepflegt, die bereichert worden sei durch in Kanada gelebte Ereignisse. Der Heimattag sei nicht nur ein Treffen, sondern bestätige auch gleichzeitig den weltweiten Zusammenhalt: Die Siebenbürger in Kanada seien nicht alleine, sondern hätten Gleichgesinnte, die das gleiche Brauchtum pflegen und die gleichen Ziele verfolgen, sagte John Werner.



Als Einrichtungen, in denen siebenbürgisch-sächsische Kultur gelebt werde, erwähnte Thomas J. Manning, Präsident des Zentralverbandes der Siebenbürger Sachsen in den USA (Alliance of Transylvanian Saxons – ATS), beispielhaft Kirchen, Clubhäuser, Gesangvereine, Volkstanzgruppen und Blaskapellen. „Mit Stolz können wir auf das Erbe unserer Ahnen zurückblicken, die durch harte Arbeit, Ausbildung, Glaube an Gott, Liebe zur Familie und Zusammenhalt unter Freunden die Bausteine für unser heutiges Leben gelegt haben.“ Bedingt durch die beiden Weltkriege, sei es jedoch nicht immer einfach gewesen, siebenbürgisch-deutsche Kultur in den Vereinigten Staaten weiterzuführen. Selbst das FBI habe seinerzeit gegen Kirchen und ATS-Geschäftsstellen ermittelt, da sie verdächtigt wurden, die deutsche Armee zu unterstützen. Das habe viele siebenbürgische Familien gekränkt und veranlasst, Deutsch in der Öffentlichkeit zu meiden und nicht mehr mit ihren Kindern zu sprechen, sagte Manning. Trotz dieser Hindernisse seien die siebenbürgischen Organisationen gewachsen und hätten die sächsischen Traditionen über Generationen erhalten. Der ATS-Präsident lud alle für den 26.- 27. Juni 2010 zum nächsten Heimattag nach Erie, Pennsylvania (USA), ein.

Dr. Bernd Fabritius, Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und Vorsitzender der Föderation der Siebenbürger Sachsen, betonte in seiner Festrede: „In Nordamerika hat sich seit dem Zuzug aus unserer Heimat Siebenbürgen, vor über 50 Jahren ein Gemeinwesen entwickelt, welches in Lebensfreude, Traditionen und Brauchtumspflege all dem, was unser ganz eigenes und besonderes Siebenbürgisch-Sächsisches Leben in unserer alten Heimat ausgemacht hat, in nichts nachsteht. Sie leben nach unseren Werten, pflegen unsere Kultur, sprechen vielfach noch Siebenbürgisch-Sächsich, halten unsere Traditionen in Ehren, schmücken sich mit unserer siebenbürgischen Tracht und tanzen unsere Volkstänze, es ist fast so, als wären wir hier in Nordsiebenbürgen, im Burzenland oder sonst wo in unserer schönen Heimat Siebenbürgen.“

Dass die Siebenbürger Sachsen in Nordamerika unsere Traditionen weiterleben, liege an ihrem Willen und ihrer Heimatverbundenheit. Den dafür geeigneten Rahmen schafften die Ehrenamtlichen der Landsmannschaft und ATS, wofür Fabritius herzlich dankte.

Die Landsleute in Übersee zeigten vorbildlich, dass das Wesen der Siebenbürger Sachsen auch viele Jahrzehnte nach Verlassen der Heimat nicht verloren gehe. Eine Schlüsselrolle spiele dabei die Sprachpflege: Sie ermögliche den Kindern, Zugang zu unseren Traditionen zu erhalten behalten und damit ein siebenbürgisch-sächsische Selbstverständnis zu entwickeln. Das Motto des Heimattages, „Treue zur Tradition – True To Your Tradition“, zeige auf, in welcher Weise Siebenbürger Sachsen ihr Selbstverständnis sehen: gut integriert in ihrer gegenwärtigen Heimat Kanada und den USA sowie eingebunden in unsere siebenbürgisch-sächsischen Traditionen als ihrer emotionalen Heimat, die weiterhin als wertvoll und identitätsstiftend gilt – dazu gratulierte Dr. Fabritius ausdrücklich. „Aus den Traditionen schöpft man Rückhalt, Beständigkeit und die nötige Ruhe, um den Anforderungen der modernen Zeit gerecht zu werden und auch noch nach Jahrzehnten und möglichst unbegrenzt in die Zukunft hinein Siebenbürger Sachse zu bleiben“, betonte Fabritius.
Die Jugendtanzgruppe aus Kitchener bei ihrer ...
Die Jugendtanzgruppe aus Kitchener bei ihrer Aufführung am Samstag, dem 21. Juni 2009. Foto: Eric Litschel
Im Anschluss überreichte John Werner, assistiert von der diesjährigen Miss Transylvania 2009 Danielle Fritsch die Ehrennadel der Landsmannschaft in Kanada an Helga Dienesch, Martin Heger und Elizabeth Schertzer (Windsor Sachen Klub), Rosemarie Horeth (Aylmer Sachsen Klub) sowie Kathie Dienesch, Jeremy Frim, Alfred Löwrick und John Penteker (Transylvania Klub Kitchener). Sie haben sich um die Erhaltung und Förderung der Kultur, Sitten und Bräuche der Siebenbürger Sachsen in Kanada verdient gemacht.

Zum Abschluss der Festkundgebung wurde gemeinsam das Siebenbürgen-Lied gesungen. Die Gäste verließen den Saal Richtung Transylvania Club. Der Frauenverein hatte dort ein herzhaftes siebenbürgisches Mittagsessen vorbereitet und selbstgebackene Spezialitäten bereitgestellt. Am Nachmittag führten die einzelnen Jugendtanzgruppen nochmals Volkstänze vor.

Einen Büchertisch mit neuen und älteren Büchern rund um das Thema Siebenbürgen sowie viele Kinder- und Liederbücher in sächsischer Mundart hatte Gitta Schoppel geb. Krauss im Vorraum des Clubs aufgestellt. Manch einer stöberte hier auf der Suche nach seinem früheren Heimatdorf. Die Bücher übermitteln das Kulturgut unserer Vorfahren aus Siebenbürgen weiter – über Jahrzehnte, über Grenzen und sogar über Kontinente.

Die Besucher konnten verschiedene siebenbürgische Trachten, Haushaltsartikel und Handarbeiten, die in einem Nebenraum aufgebaut waren, bestaunen und sich über die Kunst der Trachtenmotive und Topfmalerei informieren. Ein großes Lob sei den Jugendgruppen ausgesprochen, die durch ihren ehrenamtlichen Einsatz den Heimattag mitorganisiert und mitgestaltet haben.

„Treue zur Tradition – True To Your Tradition“ war hier bei diesem erfolgreichen Heimattag in Kanada deutlich zu spüren, zu sehen, aber gewiss auch zu fühlen. „Mer bleiwen, wat mer sen“ war auf weißen T-Shirts zu lesen, die man in Kitchener erwerben konnte. Eine Abwandlung und Antwort auf unseren bekannten Spruch: „Mer wallen bleiwen, wat mer sen“.

Georg Moodt

Schlagwörter: Heimattag, Föderation, Kanada, Übersee

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