19. Februar 2011

Leserecho: Gegen Securitate-Gift hilft Schuldeingeständnis

Beitrag zur Securitate-Diskussion in der Siebenbürgischen Zeitung (Online)
Als der 1959 in Bayern geborene Sohn Siebenbürger Eltern konnte ich als Kind und Jugendlicher in der Heimat meiner Eltern (Zeiden) eine Ahnung davon bekommen, was es bedeutet, in einem solchen – den Kommunismus pervertierenden – tyrannischen Spitzel-Staat leben zu müssen. Durch Aufenthalte im Burzenland und viele Gespräche konnte ich eine Ahnung gewinnen, wie schwer es sein kann, angesichts der genannten Vergangenheit heute dort zu leben (NICHT nur für die gebliebenen und zurückgekehrten Siebenbürger Sachen!). Mir sind in der Auseinandersetzung, der Debatte und dem Nachdenken („Securitate und kein Ende“ von Hans-Joachim Acker, SbZ vom 20. Januar 2011, Seite 15) zwei Aspekte wichtig.

Zum Ersten: Einige Jahre hatte ich sehr enge Kontakte ins südliche Afrika und hielt mich auch des Öfteren dort auf. Es war ein Privileg, die Arbeit der südafrikanischen Versöhnungskommissionen kennen zu lernen und ihre Prinzipien. Davon können auch wir in Bezug auf den Umgang mit den „Hinterlassenschaften“ der Securitate (aber auch der Stasi!) lernen: Nur Schuld, die vom schuldig Gewordenen benannt wird – und er sie somit als persönlich zu verantwortende Schuld bekennt – kann (und soll!) vergeben werden. Nur Schuld, die auf diese Weise „entschuldet“ wurde, verliert ihr schleichend und andauernd wirkendes Gift der gesellschaftlich – kollektiven und individuellen – Zersetzung. Beide Seiten, Opfer und Täter, hören jeweils die Geschichte (samt Verstrickungen, Ausweglosigkeiten etc.) des Anderen – denn nur durch gegenseitiges Zuhören kann Verstehen entstehen, nur durch Verstehen ist Versöhnung möglich, nur durch Versöhnung ist „Entgiftung“ möglich. Eventuell zu ahndende eindeutige Straftaten müssen dennoch – jedoch fair – mit den Mitteln der Gesetze behandelt werden (wobei in Südafrika nach dem Aussprechen der Vergebung – selbst bei Mord (!) – oft dann auch die Anklage der Justiz eingestellt wurde).

Zum Zweiten: Mir scheint es – sicher aus einem gewissen Abstand (vielleicht aber auch im positiven Sinn von sachlicher, nicht durch persönlich erfahrenes Leid beeinflusster Betrachtung) – nötig zu differenzieren: wer war Haupttäter, und wer war Mitläufer? Aus welchen Gründen (materielle Not, Erpressung etc.) wurde jemand IM? Wie groß ist der tatsächlich angerichtete „materielle“ Schaden? (als Gegensatz z.B.: Ursache/Beihilfe zu politischem Mord – oder „nur“ eifrige, aber wenig relevante „Zubringer-Informationen“). In Bezug auf seelische Schäden (unter Umständen erst entstanden durch nachträgliche Kenntnisnahme der eigenen Bespitzelung z.B. durch Freunde) – siehe bei Erstens.

Hans Georg Klee, München

Schlagwörter: Leserecho, Securitate, Internet

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