9. April 2011

Kronstädter bei Olympiade 1936 in Garmisch

Es war in den Wintern vor den vierten Olympischen Winterspielen 1936 in Garmisch-Partenkirchen. Mitte März war Kronstadt noch verschneit. Auf der Postwiese traten die Mitglieder des Skivereins den Hang gleich am Anfang der abhängenden Wiese und installierten eine elektrische Beleuchtung. Dort hat dann der Olympiasieger von 1932 in Lake Placid/USA mit seinem Bruder, Silbermedaillen-Gewinner 1928, norwegische Skischule vorgeführt. Birger und Sigmund Ruud aus Kongsberg am Rande der Telemark waren nach Kronstadt eingeladen, um am Skispringen in der Schulerau teilzunehmen.
Am Freitag davor haben sie ihre Künste vorgeführt, denn sie waren auch hervorragende alpine Skifahrer. Ich erinnere daran, dass Birger in Kitzbühel die Abfahrt am Hahnenkamm und den 1936er Abfahrtslauf mit Bestzeit gewonnen hat. Aber damals hat es bei den allerersten alpinen Wettbewerben bei Olympia nur die alpine Kombination aus Abfahrt und Slalom für Damen und Herren gegeben. Birger Ruud hat im Slalom mit Zurücksteigen nach einem Torfehler nur den vierten Platz in der Kombination (Sieger Franz Pfnür) erreicht. Aber im Springen hat er sich die zweite Goldmedaille nach 1932 geholt. Ich habe die Brüder Ruud 1952 bei meinen ersten von elf Olympischen Winterspielen 1952 bis 1992 näher kennengelernt, bei rund zwanzig Besuchen der Holmenkollen-Spiele immer wieder getroffen. Mit Birger war ich befreundet, war drei Mal bei ihm zu Hause in Kongsberg und habe bei einem gemeinsamen Abendessen den Kronprinzen Harald, den heutigen König, kennengelernt.

Rumänien, dessen Olympisches Komitee von Gheorghe A. Plagino geleitet wurde, schickte 1936 zu den Winterspielen 13 aktive Sportler und die entsprechenden Betreuer (darunter Theo Seewaldt und Hans Georg Herzog) nach Garmisch. Es waren 6 Skiläufer: ein Rumäne, ein Ungar und 4 Kronstädter Sachsen – Wilhelm Zacharias (evtl. aus Hermannstadt/Heltau), Rudolf Klöckner, Hubert Clompe und Horst Scheeser. Ein Eiskunstläufer stammte aus Czernowitz, die Fahrer von je zwei Zweiern und Vierern waren Rumänen.

In den Tagen der Winterspiele, über die in der „Kronstädter Zeitung“ der Familie Gött (Heraus­geber), deren Sportbetreuer unser Turnlehrer Albrich war, ist wenig über Winter-Olympia erschienen. Mein Vater quälte sich jeden Abend, den Sender Königswusterhausen in Deutschland hereinzukriegen, weil ich keine Ruhe ließ, um Ergebnisse besonders vom Skilauf zu erfahren. Ich musste meist erst auf die Zeitung warten.

Die rumänische Olympiamannschaft hat in Garmisch-Partenkirchen nur lernen können. Die Zweier-Bobs mit Frimu (Bob I) und Budișteanu (Bob II) sind auf den Plätzen 15 und 16 gelandet; der Vierer-Schlitten mit Steuermann Rădulescu hat aufgegeben. Der Czernowitzer Eiskunstläufer Roman Turusanke ist auf den 19. Platz unter 24 Teilnehmern gelaufen.

Auch die Skifahrer sind wohl in das Werdenfelser Land gereist, um bei Olympia in Bayern zu sein, zu schauen, erleben und auch zu lernen. Zum ersten Mal war alpiner Skisport im Olympiaprogramm: Christl Cranz, in den dreißiger Jahren zwölf Mal Weltmeisterin, war unanfechtbar auch die erste Olympiasiegerin. In der alpinen Kombination in Garmisch-Partenkirchen ist Horst Scheeser auf den 24. Platz unter 33 Platzierten gekommen. Zu den fünfzehn nicht ins Ziel Gelangten waren leider auch Klöckner, Zacharias und Kovacs. In den nordischen Wettbewerben, die so heißen, weil die mittel­euro­päischen „Ski-Urväter“ diese aus Norwegen übernommen haben, wo sie seit 1850 betrieben worden sind, konnten die Kronstädter nur lernen – sie kämpften mit begeisternder Hingabe. Im Langlauf über 18 Kilometer waren nur Coman (60. Platz) und Kovacs (61.) gestartet. Die Staffel über vier mal zehn Kilometer (Zacharias, Kovacs, Coman und Klöckner) beendeten unter 16 Mannschaften als 14. Im Spezialspringen auf der damaligen Großen Schanze in dem groß angelegten Skistadion mit dem zweiten Olympiasieg von Birger Ruud war Clompe als 41. unter 48 Startern dabei.

Hitler hatte die Spiele eröffnet. Am Schlusstag, nach dem Skispringen, ist am Nachmittag die Schlussfeier gewesen, in der erst alle Medaillen überreicht worden sind. Für die Mannschaft aus Rumänien ist die Erkenntnis geblieben, dass der internationale Sport dem ihres Landes haushoch überlegen ist.

Bruno Moravetz



Der legendäre Sportreporter lebt heute in Nesselwang und gehört mit seinen 89 Jahren zu den ältesten Autoren unserer Zeitung.

Schlagwörter: Sportgeschichte

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