24. Februar 2012

Förderer des rumänischen Wettkampfturnen: In memoriam Adolf Mathias

An Sportgrößen hatte Siebenbürgen keinen Mangel. Zu ihnen gehörte auch Adolf Mathias, an dessen turnerische und sportpädagogische Leistungen ein halbes Jahrhundert nach seinem Tod erinnert werden soll.
Adolf erblickte am 18. März 1907 in Mühlbach das Licht der Welt. Sein Vater war Tischlermeister, ein Siebenbürger Sachse, seine Mutter, geborene Jäckle, stammte aus einer unter Stephan Ludwig Roth aus Wimpfen/Neckar und Bitz zugewanderten schwäbischen Familie. Im Alter von zwölf Jahren musste er nach dem Tod seines Vaters die Schule abbrechen und in der Lederfabrik arbeiten. Seine Freizeit verbrachte der Junge in der nahen Turnhalle. Ehrgeizig und dennoch menschenfreundlich und aufgeschlossen machte er als Schuhverkäufer Karriere bis hin zum Geschäftsführer der Firma Ibsen in Schäßburg. In dieser Zeit erzielte er außergewöhnliche sportliche Erfolge und errang Siegerehrungen im Turnen und Zwölfkampf, so 1928 auf dem Turn- und Sportfest in Köln, 1932 auf dem Sportfest in Leipzig und 1933 auf dem deutschen Turnfest in Stuttgart. Bei der Olympiade 1936 in Berlin war er als Beobachter.
Sportfest 1929 in Bistritz: Adolf Mathias am ...
Sportfest 1929 in Bistritz: Adolf Mathias am Pferd turnend.
1937 heiratete er Erna Binder, Pfarrerstochter aus Halvelagen. 1939 eröffnete er sein eigenes Schuhgeschäft in der Heltauergasse in Hermannstadt. Nach dem Zusammenbruch wurde er für drei Jahre im Lager von Tg. Jiu interniert. Wieder daheim, versuchte er verschiedene Möglichkeiten des Broterwerbs, ehe er sein Hobby zum Beruf machte: Turntrainer bei der Sportschule in Hermannstadt. In dieser arbeitsintensiven Zeit qualifizierte er sich bis zum Trainer der Meisterkategorie. Seine Fähigkeiten gab er an begabte junge Menschen weiter und errang mit ihnen nationale und internationale Ehrungen. So wurde er ein Förderer des rumänischen Wettkampfturnens. An den Folgen von Sportverletzungen erkrankt, musste er operiert werden. Adolf Mathias verstarb 54-jährig viel zu früh, am 13. Februar 1961.

Um seine sportlichen und damit verbundenen menschlichen Meriten zu würdigen, sollen im Folgenden einige seiner ehemaligen Turnerinnen und Turner zu Wort kommen:

Sieghart Fabritius: „Dein Vater hat uns die Liebe zum Turnen beigebracht. Das Training mit ihm und die Wettkämpfe waren für uns das Wichtigste im Leben. Durch ihn fand ich einen gleichgesinnten Freundeskreis. Er war unser Vorbild, unser ein und alles – wie ein Vater.“

Heidi Hoch geb. Mäntele: „Durch seine Talentsuche an den Schulen kam ich selbst zum Turnen. Dort habe ich ihn als sehr netten, einfühlsamen und charmanten Trainer kennengelernt, der uns durch sein Lächeln – seine Grübchen sind unvergessen – zu Höchstleistungen motivieren konnte, selbst als uns schon die Lust für weitere Übungen und Wiederholungen gefehlt hatte.“

Nora Huber geb. Miess: „Meine Trainingsstunden bei ihm, 1955-58, waren beispielhaft. Man konnte sich auf seine Anweisungen zu 100% verlassen. Ob beim schwingenden Ringen-Abgang-Salto, ob am Stufenbarren, Sprünge über den oberen Holm, seine aufmerksamen Augen signalisierten ‚du schaffst das‘. Dabei war es seine liebenswerte, menschliche Art, mit der er die beste Leistung von uns herausholte. Und man hatte auch Spaß dabei. Ohne ihn wäre mir das Erreichen der Meisterklasse in Frauengymnastik nicht möglich gewesen. Es gehörte zu seiner Stärke, so vorauszuschauen, dass Höchstleitung durch Vertrauen in den Trainer auch ohne hohes Risiko möglich wurde. Als Dipl. Sportlehrerin und A-Lizenztrainerin habe ich das Beispiel von Herrn Mathias vor Augen, dessen Vermächtnis für meine Laufbahn bis heute prägend geblieben ist.“

Alexander Kindermann: „Als ich vom Sportstudium kam, ging ich zu ihm ins Training, um mich in der Berufspraxis zu stärken. Ich habe viel von ihm gelernt und dieses als Sportlehrer am Brukenthal-Gymnasium in Hermannstadt umgesetzt. Meine Frau war in seiner Mädchenmannschaft, die 1952 in Bukarest auf Landesebene den ersten Preis errang.“

Christl Schmidt, geb. Schinker (Hermannstadt): „Während des Wettkampfes herrscht Stille. Unser Trainer, Herr Mathias, steht unauffällig im Hintergrund, denn er lässt uns glänzen. Ein letzter Blickkontakt, ein freundliches Zunicken. Sein Blick sagt: ‚Du kannst es, trau dich!‘ Die Gymnastik in Hermannstadt erreichte mit ihm einen Höhepunkt und nach ihm ging es damit bergab.“

Karl Staedel: „Gute Meinung ist nicht genug! Wir hatten ihn alle sehr lieb. Er war eine kameradschaftliche Respektsperson und machte keine Unterschiede zwischen Sachsen und Rumänen. Hohe Professionalität und viel Geduld zeichneten ihn aus.“

Michael Weber: „Als Jugendlicher hatte ich zwei Idole: In der pädagogischen Schule in Hermannstadt Rudi Schneider als Sportlehrer und in der Sportschule Adolf Mathias als Trainer. So wie die wollte ich auch einmal werden. Herr ­Mathias strahlte Ruhe und Sicherheit aus, war korrekt und pünktlich, beruflich engagiert und immer auf dem neuesten Stand. Im Training herrschte eine aufmerksame, disziplinierte und hilfsbereite Atmosphäre. Seinem Einsatz verdanke ich viele Ehrungen bei nationalen Wettkämpfen und die Teilnahme als Einziger aus Hermannstadt 1958 beim Sportfestival in Kiev.“

Unseren Vater erlebten wir, seine drei Kinder und unsere Mutter, als einen wunderbaren, liebevollen, äußerst korrekten und gerechten, außerdem niemals jähzornigen, sondern sehr geduldigen Menschen. Mutter hatte insoweit Anteil an seinen sportlichen Erfolgen, als sie ihm den Rücken freihielt.

Erhard Mathias (Sohn von Adolf Mathias), Reutlingen

Schlagwörter: Sportgeschichte, Hermannstadt

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