1. Oktober 2014

Sächsische Fassadenbekenntnisse

„Haussprüche sind in ihrem Bestand stärker bedroht als andere Kulturgüter”, schreibt Friedrich Philippi in seinem neuen Buch „Haussprüche in Siebenbürgen”, das er gemeinsam mit Ehefrau Ilse im Schiller Verlag Bonn-Hermannstadt herausgegeben hat. Es mag dies der Grund sein, warum sich im Laufe der letzten 150 Jahre immer wieder Autoren um ihre Archivierung bemüht haben, bisher jedoch stets ohne Bilder.
Das 111 Seiten starke Werk des Sammlers und ehrenamtlichen Feldforschers, der bereits 2010 und 2011 zwei Bildkalender zum Thema veröffentlicht hat, besticht hingegen durch 94 Seiten Farbfotos.

Systematisch geordnet nach alphabetischer Reihung der Herkunftsorte erfüllt es nicht nur dokumentarische Ansprüche, sondern erfreut vor allem das Auge – mit liebevollen architektonischen Details, Zierschriften und Ornamenten. Ein Stückchen Sachsengeschichte – und gleichzeitig Blick in die Seele dieses mit persönlichen Lippenbekenntnissen ansonsten eher zurückhaltenden Volkes.

„Etwas an sein Haus zu schreiben ist ein öffentliches Bekenntnis, zu dem man dann auch stehen muss”, gibt auch Philippi zu bedenken. So erlauben die von Daten über Bau und Besitzer, schlichtem Dank an Gott oder einfachen Segenssprüchen, moralisierenden Warnungen bis tief philosophischen Lebensweisheiten reichenden Inschriften Rückschlüsse auf ihre Urheber und was diesen am Herzen lag. Ihr Verschwinden hingegen mag auf Generationenkonflikte, Besitzerwechsel, Werteverschiebung oder Trendwende im Baustil hinweisen. Musikalische „Sprüche“ mit Noten aus einem Kirchenlied deuten auf Verschleierung einer christlichen Botschaft zur Zeit des Kommunismus hin.

Als erfreulich bezeichnet der Autor das Bestreben einiger Vereine – explizit erwähnt werden der Mihai Eminescu Trust (MET) oder Monumentum –, die durch Renovierungsprojekte alter Häuserfassaden verdienstvolle Beiträge zur Bewusstseinsbildung heutiger Dorfbewohner leisten. Aber auch, dass der ein oder andere Spruch von nichtsächsischen Nachbesitzern sorgsam restauriert oder im Sinne der Würdigung sächsischer Tradition ein neuer angebracht wird. So präsentiert sich das Büchlein mit Hardcovereinband und hochwertigem Glanzpapier als liebevoll gestaltetes Schmuckstück, das auch zu neuen Gedanken über die alte Heimat anregt.

Nina May

Friedrich und Ilse Philippi: Haussprüche aus Siebenbürgen, Schiller Verlag, Hermannstadt/Bonn, 2014, zahlreiche farbige Abbildungen, 111 Seiten, 17,90 Euro, ISBN 978-3-944529-38-7, erhältlich im Buchhandel oder beim Schiller Verlag/Erasmus-Buchhandlung, E-Mail: erasmus [ät] buechercafe.ro, deutsche Festnetznummer: (0228) 90919557.
Haussprüche aus Siebenbürgen
Friedrich Philippi
Haussprüche aus Siebenbürgen

Schiller Verlag
Gebundene Ausgabe
EUR 17,90
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Schlagwörter: Rezenion, Denkmal

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