10. Oktober 2015

Zur Insolvenz des Honterusvereins

Wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit meldete der seit 1960 bestehende Hilfsverein der Siebenbürger Sachsen „Johannes Honterus“ am 3. Juni 2015 Insolvenz an. Nach dem Insolvenzverfahren steht Schloss Horneck auf zwei Säulen: Durch eine historische Rettungsaktion ist es den Siebenbürger Sachsen gelungen, den Altbau für eine Million Euro aus der Insolvenzmasse aufzukaufen, und das schuldenfrei. Bibliothek, Museum und die anderen zentralen siebenbürgischen Kultureinrichtungen bleiben auf dem Schloss, dessen Betreiber der neu gegründete Verein Siebenbürgisches Kulturzentrum „Schloss Horneck“ e.V. ist.
Der benachbarte Pflegebau wurde von „Dienste für Menschen“, einer diakonischen Einrichtung in Stuttgart, für 1,5 Millionen Euro erworben. Das siebenbürgische Profil des Pflegeheimes wolle man „sensibel weiterführen“, sicherte Peter Stoll, Vorsitzender der Geschäftsführung, im Gespräch mit der Siebenbürgischen Zeitung zu (siehe "Neuer Betreiber des Pflegeheims in Gundelsheim führt siebenbürgisches Profil sensibel weiter"). Das sind erfreuliche Perspektiven nach dem finanziellen Desaster des Honterusvereins.

„Nun gibt es den Verein ‚Johannes Honterus‘ nicht mehr, die ehrenamtlichen Mitglieder des Vorstandes und des Verwaltungsrates bedauern das zutiefst und sind traurig darüber, dass sie im Endeffekt erfolglos waren. Hiermit entschuldigen wir uns bei den Mitgliedern des Honterusvereins und hoffen, dass einige bereit sein werden, ihre Mitgliedschaft beim neuen Trägerverein des Schlosses zu beantragen. Wir wünschen dem Verein ‚Siebenbürgisches Kultur- und Begegnungszentrum‘ eine bessere Hand zwecks Wohlergehen des Vereins, damit unsere Kulturstätten im Schloss weiter leben können.“

Dies schreiben Ortwin Götz, Hans Fronius und Heinrich Seidel seitens des Verwaltungsrates und Christa Andree, stellvertretende Vorsitzende des Honterusvereins, in einer gemeinsamen Stellungnahme an die Siebenbürgische Zeitung.

Zahlreiche Leser unserer Zeitung wollten wissen, welche Ursachen und Umstände zur Insolvenz des Vereins geführt haben. Die Siebenbürgische Zeitung hat sich mit diesen teils kritischen Fragen an die Verantwortlichen des Honterusvereins gewandt. Weshalb habe der Honterusverein die Satzung geändert und eine Person (den 1. Vorsitzenden) mit einer so großen Machtfülle ausgestattet? Christian Lauterkorn war gleichzeitig gut bezahlter Geschäftsführer, was die angespannte finanzielle Lage des Vereins zusätzlich verschärfte. Der Hilfsverein „Johannes Honterus“ hatte Darlehen in Höhe von ca. 2,5 Millionen Euro zu bedienen, die hauptsächlich für den Pflegeneubau (1995) und spätere Sanierungen und Modernisierungen aufgenommen wurden.

In der gemeinsamen Stellungnahme geht der Honterusverein nun unter anderem auf seine Doppelfunktion als Betreiber des Alten- und Pflegeheimes sowie des Schlosses ein, das immer wieder saniert und modernisiert wurde. „Die Wohnqualität im Schloss musste den zeitgemäßen Anforderungen angepasst werden, um gelegentlich neue Bewohner aufnehmen zu können. Das ging anfangs noch gut, aber die Zeiten änderten sich, so dass nicht jeder Anwärter bereit war, in wenig komfortable Zimmer einzuziehen. Die nötigen Umbauten, Renovierungen und Sanierungen waren mit erheblichen Kosten verbunden. Gleichzeitig fanden die Banken es unrentabel, Räumlichkeiten mietfrei an Bibliothek und Museum zu überlassen.“

Den neuen Gegebenheiten mussten auch Personal und Verwaltung angepasst werden. So sei auf Empfehlung der Evangelischen Diakonie und der Heimaufsicht ein hauptamtlicher Geschäftsführer eingestellt worden, „der die Fachkompetenz besaß, den Gesamtbetrieb zu führen“. Die ehrenamtlichen Mitglieder des Vorstands seien hingegen „alle fachfremd“ gewesen. Christian Lauterkorn, „ein erfahrener Unternehmensberater“, habe 2012 begonnen, den Verein aus der Schieflage zu führen, was auch drei Jahre lang gut gegangen sei. Eine Alternative habe es nicht gegeben, dem Honterusverein sei keine andere Fachkraft zur Verfügung gestanden. „Er konnte die angehäuften Schwachpunkte teilweise beseitigen, die durch mangelhafte Führung entstanden war. Längst fällige Instandhaltungsarbeiten waren durchzuführen.“ Der Verwaltungsrat hatte die Aufgabe, den Vorstand zu kontrollieren und ihm Anweisungen zu erteilen, falls nötig. Allerdings habe sich „inzwischen eine Vertrauensbasis zwischen dem nun geschäftsführenden Vorstand und dem Verwaltungsrat entwickelt, so dass die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen meistens gebilligt werden konnten“, heißt es im Schreiben.

Nach neuen Auflagen des Landratsamtes, das angeordnet hatte, die Brandschutzeinrichtungen zu erweitern, habe sich die finanzielle Lage des Vereins verschärft, ein Problem, das der Honterusverein nicht mehr in Griff bekommen konnte und Insolvenz anmeldete.

„Zu der Zeit lebten im Schloss noch 27 Personen (wo sonst 45 wohnten). Damit war ein Verbleib der Bewohner im ungesicherten Schloss nicht mehr möglich. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sprach Insolvenzverwalter Dr. Marcus Egner die Kündigungen aus, was ein sehr bedrückendes Ereignis für alle war. Trotz Enttäuschung der Betroffenen und deren Angehörigen wurde aber eine Lösung für alle gefunden. Das Angebot, einige in Gruppen in Heime nach Heilbronn anzumelden, wurde von den Angehörigen nicht angenommen, sie hatten bessere Pläne“, schreiben die Verantwortlichen des Honterusvereins und schließen mit der eingangs zitierten Entschuldigung an die Mitglieder.

Weitergehende öffentliche Auskünfte werden in der Stellungnahme entschieden abgelehnt.

Siegbert Bruss

Schlagwörter: Honterusverein, Schloss Horneck, Gundelsheim

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Neueste Kommentare

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  • 11.10.2015, 12:34 Uhr von bankban: Eventuell dreist, aber doch nicht dumm... ;-) [weiter]
  • 11.10.2015, 05:42 Uhr von getkiss: Zitat1: "Der Verwaltungsrat hatte die Aufgabe, den Vorstand zu kontrollieren und ihm Anweisungen ... [weiter]

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