21. Mai 2016

"Die Krüge hoch!": Siebenbürger Sachse gewährt Einblick hinter die Kulissen der Bierzeltkultur

Man muss Simon Traub alias Wadl Symen, den Autor dieses etwas anderen Leitfadens für Kellnerinnen und Kellner, nicht genau kennen oder über ihn Bescheid wissen: Beim ersten Treffen schon fällt einem seine nette, zuvorkommende Art, sein liebes Wesen auf. Er muss von seinen Genen her mit dieser Warmherzigkeit ausgestattet worden sein, die man heutzutage immer seltener antrifft. Aber genau diese Eigenschaften sind eigentlich Voraussetzung, um im Gastgewerbe überhaupt Fuß fassen zu können. Wenn einem noch ein paar glückliche Zufälle in die Karten spielen und man sein Ziel nicht aus den Augen verliert, kann man eine Karriere als Profi-Bierzeltkellner starten.
Doch beginnen wir bei der Person Simon Traub. Er stammt aus Kleinschelken bei Hermannstadt, ist verheiratet und hat zwei Töchter. Der Mittvierziger kam als 18-Jähriger Anfang der 1990er Jahre nach Deutschland, nachdem er in Hermannstadt Elektriker gelernt hatte. In Deutschland angekommen, zog es ihn in die Oberpfalz nach Bayern, wo er anfangs in einem Gasthof zwei Jahre lang kellnerte, ohne jemals als Kellner ausgebildet worden zu sein. Die Wirtin, die ihn sehr schätzte, empfahl ihm, seinen eisernen Willen beizubehalten, wenn er vorhätte, weiterhin als Kellner zu arbeiten. Und Traub gefiel das Kellnern so gut, dass er sich entschloss, in diesem Beruf, der ihm soviel Spaß machte und auch noch Geld einbrachte, weiterzumachen. Anfangs organisierte er in Neumarkt in der Oberpfalz zusammen mit dem dortigen Pfarrer, der auch aus Kleinschelken stammte, einige Heimattreffen, bei denen er mit Landsleuten zusammenkam und somit die alte Heimat nicht in Vergessenheit geraten konnte. Nun wurde er aber zum Wehrdienst einberufen und dort fragte man ihn nach seinen Fähigkeiten. Als er erwähnte, dass er die letzten Jahre gekellnert hätte, beorderte man ihn ins Offizierskasino, wo er als Ordonanz seinen Bundeswehrdienst ableistete. Neun Jahre war er im Kasino tätig, davon sieben als Geschäftsführer. Nebenbei jobbte er auf den verschiedensten Volksfesten, Kirchweihfesten und sonstigen Zeltfesten, auf denen der „goldige Gerstensaft“ in der Oberpfalz ausgeschenkt wird.

Simon Traub, Kellner aus Leidenschaft und Autor ...
Simon Traub, Kellner aus Leidenschaft und Autor des Buches "Krüge hoch!"
Wie kam Simon Traub zu seinem Spitznamen „Wadl Symen“? Den Namen bekam er von seinen Arbeitskollegen aufgrund seiner ausgeprägten, gesunden „Wadln“, die besonders die Damen unter seinen Gästen in der kurzen Lederhose immer wieder bewunderten. Und „Symen“ ist die englische Schreibweise von Simon. Wadl Symen war längst zum Profikellner aufgestiegen und mochte am liebsten nichts anderes mehr machen als kellnern. Seine Gäste bedienen und glücklich machen, ständig mit gut gelaunten Menschen um sich herum arbeiten zu dürfen, gute Musik hören und zu seinen Arbeitskollegen ein gutes Verhältnis haben, dazu noch gutes Geld verdienen, auch wenn es hart erarbeitet ist – all das waren bzw. sind gute Gründe, warum Wadl Symen seinen Traumberuf mit Herz und Seele macht.

In seinem Ratgeber wird er aber auch nicht müde, den jüngeren Semestern Ratschläge zu geben sowie ihnen Tipps und Tricks zu verraten, was sie in diesem Beruf alles beachten sollten. Es sei leider nicht aus der Welt zu schaffen, dass gelernte Kellner immer noch einen anderen Rang haben als „ungelernte“ bzw. „Gelegenheitskellner“, obwohl beide ja die gleiche Arbeit im Bierzelt verrichten, sagt Traub. Da die Bierzeltkellner mal hier, mal dort arbeiten – je nachdem, wo das nächste Fest stattfindet –, sich außerdem all die Sorgen, Ängste und Freuden der Gäste anhören müssen/sollten und weil die Gäste von ihrem Kellner gewissermaßen auch unterhalten werden wollen, sei es durch einen Witz, lustigen Spruch oder gar mit einem Ständchen, kann man mit Fug und Recht behaupten: Der Kellner ist Vagabund, Seelsorger und Entertainer in einer Person. Allerdings kann Wadl Symen bei aller Gutmütigkeit auch den Zeigefinger erheben und darauf hinweisen, dass der Kellner zwar den Gast bestens bedienen sollte, aber der Gast nie den Eindruck haben darf, der Kellner würde ihm „gehören“. Das heißt gegenseitiger Respekt ist oberstes Gebot. Wenn das funktioniert und in den Brauereien das gerade 500 Jahre alte Reinheitsgebot für das Bierbrauen strengstens eingehalten wird, kann man überall gute Feste feiern.

Das Müncher Oktoberfest nennt Wadl Symen, den „Kellner-Olymp“ und will damit andeuten, dass es für einen Profikellner nichts Erstrebenswerteres gibt, als in München auf der Wiesn zu arbeiten. Denn: „Im Bierzelt sind die Menschen so, wie sie wirklich sind“, so Traub. Außerdem kellnerte Wadl Symen auch auf dem Gäubodenvolksfest in Straubing, auf dem Cannstatter Wasen in Stuttgart, auf dem Nockherberg in München, auf der Dult in Regensburg, auf dem Juravolksfest in Neumarkt in der Oberpfalz, bei der Bergkirchweih in Erlangen, auf dem Burgfest in Hilpoltstein, auf dem Mainzer und Mannheimer Oktoberfest, auf verschiedenen Altstadtfesten, auf der Grünen Woche in Berlin oder der Computer Messe CeBiT in Hannover, um nur einige zu nennen. Ein abwechslungsreiches, interessantes Berufsleben, das so ein Profikellner führt. Daraus erzählt Wadl Symen in seinem Buch „Die Krüge hoch!“ humorvolle Geschichten.

Garniert wird das Ganze mit flotten, manchmal sogar zum Nachdenken animierenden Sprüchen, Sprichworten oder Zitaten, z.B. von Goethe: „Die Menschen sind, trotz allen ihren Mängeln, das Liebenswürdigste, was es gibt“ oder: „Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann“, sowie von Konrad Adenauer: „Nehmen Sie die Menschen, wie sie sind, andere gibt‘s nicht.“ Wadl Symen hat sich der Bierzeltkultur in der Oberpfalz, in Bayern sowie in ganz Süddeutschland verschrieben, hat viele seiner Erlebnisse, Erfahrungen und eigenen Lebensweisheiten zu Papier gebracht, möchte allen jungen Leuten, die keinen Beruf erlernt haben, empfehlen, es einfach mal mit dem Kellnern zu probieren, und hätte gerne, dass der Gast die Arbeit des Bierzeltkellners achtet bzw. dass der Gast dem Kellner mehr Respekt zollt.

Simon Traub ist stellvertretender Vorsitzender der Kreisgruppe Regensburg und organisiert weiterhin kleinere Heimattreffen in Neumarkt in der Oberpfalz. Und er freut sich, wenn er auch seinen Siebenbürger Landsleuten ein wenig von der Bierzeltkultur, die er so ausgiebig erlebt, vermitteln kann.

„Die Krüge hoch!“ ist ein sehr unterhaltsames, ansprechend gestaltetes Buch über den, vom und aus dem Bierzeltbetrieb, allerdings aus der Perspektive des Kellners, der dort arbeitet und seinen Lebensunterhalt verdient und nicht aus der Sicht des Gastes, der hingeht, um es sich gut gehen zu lassen.

Herbert Liess



Wadl Symen: „Die Krüge hoch! Hinter den Kulissen der Bierzeltkultur“, Simon Traub Selbstverlag, Neumarkt i.d. Opf., 144 Seiten, 14,95 Euro, ISBN: 978-3-00-052548-3, zu bestellen im Buchhandel oder bei Simon Traub, Drosselweg 16a, 92318 Neumarkt i.d. Opf., Telefon: (0173) 8699768, E-Mail: simon-traub [ät] gmx.de.

Schlagwörter: Rezension, Ratgeber, Gastronomie

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