8. April 2007

Die Auferstehung des Herren

Alle Berichte des Neuen Testamentes über Jesus Christus stammen aus nachösterlicher Zeit. Die vier Evangelien berichten unterschiedlich über das unbegreifbare und unfassbare Ereignis. Immer waren es Frauen, die das Grab Jesu aufsuchten. Das leere Grab, die Botschaft des Engels: „Fürchtet euch nicht, er ist nicht hier, er ist auferstanden“, erfüllten sie „mit großer Furcht und Freude“. Sie liefen davon, um es den Jüngern zu sagen. Diese hatten sich, schwer enttäuscht durch die Kreuzigung Jesu, in ihrer Angst, Trauer und Kleinglauben hinter verschlossenen Türen zurückgezogen.
Die Nachricht von der Auferstehung schreckte sie auf. Ihre Reaktionen sind verschieden. Verständlich, dass ein solches Erlebnis, das die Schöpfungsordnung durchbrach, in mehreren Fassungen weiter erzählt wurde. Die vielleicht bekannteste Begegnung des auferstandenen Herrn ist die mit dem „ungläubigen Thomas“. Dieser Jünger konnte die Erscheinung Jesu nicht glauben. Es sei denn, dass er seine Hand in die Nägelmale und in seine Seite legte.

Bekannt ist auch die Begegnung mit den „Emmausjüngern“. Der Evangelist Lukas erzählt sie ausführlich. Unterwegs von Jerusalem nach Emmaus, einem Dorf zwei Wegstunden von Jerusalem entfernt, erscheint Jesus zweien seiner Anhänger, die dem erweiterten Jüngerkreis angehören. Sie erkennen ihn nicht und meinen, es sei ein Fremder. Während des Gespräches über die Ereignisse der zurückliegenden Tage spüren sie, dass es ihnen in seiner Nähe gut geht, dass er ihnen Trost und Zuversicht gibt. Am Ziel angekommen, bitten sie: „Bleibe bei uns; denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneigt.“ Als sie dann das Brot miteinander brechen, „da wurden ihnen ihre Augen geöffnet“ und sie erkennen ihn. Darauf kehren sie nach Jerusalem zurück und verkünden: „Der Herr ist wahrhaftig auferstanden“. Dieser Satz ist als kürzeste Predigt und als kürzestes Glaubensbekenntnis über 2000 Jahre weitergesagt worden und will uns auch in dieser österlichen Zeit erreichen.

Der auferstandene Christus erscheint dem Volk (1938). Ölbild der Hermannstädter Malerin Henriette Bielz, 73 x 101 cm. Privatbesitz Rumänien. Foto: Konrad Klein
Der auferstandene Christus erscheint dem Volk (1938). Ölbild der Hermannstädter Malerin Henriette Bielz, 73 x 101 cm. Privatbesitz Rumänien. Foto: Konrad Klein

In dem Bild kann ein Ostererlebnis der Malerin Henriette Bielz (1892-1956) vermutet werden. Die Malerin ist kaum bekannt, obwohl eine Schülerin von Hans Eder. In einer kurzen Biographie hat Hans Plattner die „vergessene“ Malerin und Enkelin von Bischof Friedrich Müller d.Ä. in der Neuen Kronstädter Zeitung vom 15. September 1995 in Erinnerung gerufen. Er erwähnt mehrere Bilder, aber nicht das hier abgedruckte.

Die 1938 entstandene Ölmalerei, heute im Privatbesitz in Siebenbürgen, ist ein ungewöhnliches und untypisches Bild. Zwei Welten, wie sie unterschiedlicher nicht sein können, begegnen sich. Eine Jesusgestalt, der Originalfarbton seines Gewandes in einem unwirklichen Violett gehalten, lässt durch Haltung und Geste den auferstandenen Herrn erkennen. Ihm gegenüber, in festlicher Kirchentracht, ein siebenbürgisches Ehepaar mit Kind. Im Hintergrund ist eine gottesdienstliche Gemeinde angedeutet. Der Gesichtsausdruck einer gebockelten Frau, in der Mitte des Bildes, vermittelt Erstaunen oder gar Entsetzen. Der Junge beobachtet die Szene mit wachem Blick. Der Mann scheint fasziniert zu sein und streckt die Hand aus, um Jesus zu berühren oder, vielleicht zweifelnd, sogar die Wundmale zu fühlen?

Die Malerin mag ihre Gedanken dazu gehabt haben, die sie mit ihren verfügbaren Möglichkeiten festgehalten hat. In zeitgeschichtlichem Zusammenhang betrachtet, wollte sie möglicherweise zum Ausdruck bringen, dass der Glaube und das Leben der Siebenbürgischen Kirche nur aus der Gemeinschaft mit dem Auferstandenen Jesus Christus sein kann. 1938 bahnte sich eine Zeit der ideologischen Auseinandersetzungen und geistigen Verirrungen an. Zu Ostern wurde über Frühlingsgedanken und das Wiedererwachen der Natur gepredigt. Das österliche Bild regt an, darüber nachzudenken, was österlicher Glaube ist. Bildlich gesehen, ist es die Gemeinschaft mit dem gekreuzigten und auferstandenen Herrn Christus. Wir erleben seine Gegenwart im Abendmahl, im Wort Gottes, im Gebet und dort, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind. Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern unserer Zeitung ein frohes und gesegnetes Osterfest und grüße ganz herzlich mit der frohen Botschaft: „Christus ist wahrhaftig auferstanden.“

Hermann Schuller

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 5 vom 31. März 2007, Seite 1)

Schlagwörter: Kirche und Heimat

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