20. Mai 2002

Geschichtsschreibung im 17. Jahrhundert

Erstmalige Übersicht und Analyse sächsischer Autoren und ihrer Werke / Die junge und durch ihre zahlreichen Arbeiten zur Geschichte Siebenbürgens in der Fachwelt bekannte Klausenburger Historikern Edit Szegedi untersuchte in ihrer an der dortigen Babes-Bolyai-Universität angenommenen Dissertation ein von der Forschung nicht nur Siebenbürgens bislang eher stiefmütterlich behandeltes Thema.
Vor dem Hintergrund der zahlreichen Krisen und blutigen Auseinandersetzungen, von denen nahezu das gesamte abendländische Europa im 17. Jahrhundert betroffen war, werden Kontinuitäten und Brüche in der Historiographie der Siebenbürger Sachsen analysiert. In der Zeit zwischen dem späten 16. und dem frühen 18. Jahrhundert erlebte die siebenbürgisch-sächsische Historiographie ihre Blütezeit. Ungewöhnlich viele umfangreiche und für das Verständnis nicht nur der Geschichte Siebenbürgens sondern des gesamten Donau-Karpatenraumes unerlässliche Werke sind in dieser sehr bewegenden und ereignisreichen Zeit entstanden. Zwar wurden einige der näher untersuchten Werke wie die Arbeiten von Georg Kraus, Johannes Tröster, Mathias Miles oder das Album Oltardianum, die sicherlich vielen Siebenbürgern bekannt sind, auch in jüngeren Forschungsarbeiten herangezogen. Doch fehlte bislang eine übergreifende Analyse der Autoren und Werke der sächsischen Geschichtsschreibung dieser Epoche.

Nie verliert die Autorin den gesamteuropäischen Bezugsrahmen aus den Augen, ohne den die Einordnung und Bedeutung der siebenbürgisch-sächsischen Autoren und ihrer Werke im 17. Jahrhundert nicht gelingen kann. Dadurch wird das Buch gerade auch für die moderne deutsche und europäische Historiographie wertvoll und interessant. In Bezug auf die Forschungsgeschichte ist lediglich der unkritische Umgang Szegedis mit den Arbeiten Adolf Armbrusters, eines gerade auch in seinen Werken ideologisch höchst linientreuen Historikers der Ceausescu-Zeit zu bemängeln.In einem ersten Kapitel beschreibt Szegedi die Umbruchzeit in Europa im 17. Jahrhundert und ordnet die Position Siebenbürgens darin ein. Ausführlich (rund 70 Seiten) geht die Autorin in einem zweiten Kapitel auf die verschiedenen Strömungen in der abendländischen Geschichtsschreibung (u. a. Hobbes, Du Cange, Baruch, Spinoza und Leibniz) dieser Zeit ein. Auch dieses Kapitel soll dem Leser als nützliche Einführung und Hilfestellung für das Verständnis der Lebenswelten und Werke ihrer siebenbürgischen Zeitgenossen dienen, denen sie sich im Hauptteil des Werkes zuwendet. Der Reihe nach werden die sächsischen Autoren vorgestellt und ihre Werke beschrieben und - immer auch im gesamteuropäischen Kontext - gewichtet.

Das sehr lesenswerte und die Forschung bereichernde Werk von Edith Szegedi - zu Recht wurde es in diesem Jahr mit dem Ernst-Habermann-Preis ausgezeichnet - ist während des Pfingsttreffens der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl in der Buch- und Verkaufsausstellung des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde im Katholischen Pfarrheim für 44,90 Euro erhältlich.

Szegedi, Edit: Geschichtsbewusstsein und Gruppenidentität. Die Historiographie der Siebenbürger Sachsen zwischen Barock und Aufklärung. Köln; Weimar; Wien: Böhlau Verlag 2002, 450 Seiten, ISBN 3-412-15901-8 (= Studia Transylvanica Band 28).

Dr. Meinolf Arens

Schlagwörter: Geschichte, Literatur, Autor, Autorin, Preisverleihungen

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