1. September 2019

Gedenktafel für Russlanddeportierte in Nußbach eingeweiht

Zwei Jahre nach dem ersten Heimattreffen in Nußbach lud Bürgermeister Nistor Boricean im August 2019 zum zweiten Begegnungsfest „Gemeinsam in heimatlichen Gefilden“ ein. Dieses Fest nahm der Vorstand der HOG Nußbach zum Anlass, um die 49 Opfer des 2. Weltkrieges und die 16 Verstorbenen der Russlanddeportation in einer Gedenktafel zusammenzufassen und diese in einem Gottesdienst würdig einzuweihen. Ihr Gedenken fehlte bisher in Nußbach und war ein Wunsch derer, die diese leidvolle und schmerzliche Kriegs- und Nachkriegszeit erlebt haben.
Als Spende der HOG Nußbach wurde im April 2019 eine beigefarbene, beschriftete Kalksteinplatte bei der Firma Agricin in Weidenbach in Auftrag gegeben. Die Putzarbeiten bei der Renovierung der Sakristei, dem Anbringungsort, übernahm Bürgermeister Boricean, die Malerarbeit Kurator Georg Foof, den Transport, die Montage der Tafel Presbyter Andreas Schaaser und in Gemeinschaftsarbeit wurde alles fristgerecht fertiggestellt.
Presbyterium der Kirchengemeinde und HOG ...
Presbyterium der Kirchengemeinde und HOG-Vertreter nach dem Festgottesdienst in Nußbach, v.l.n.r.: Gerda Barthelmie, Helmut Kosa, Kurator Georg Foof, Andreas Schaaser sen., Pfarrerin Adriana Florea, Nachbarvater Harald J. Zelgy, KR-Chefredakteurin Elise Wilk, Georg Teutsch, Emmi Schmidts. Foto: Gerhard Teutsch
Am 2. August 2019, dem Festtag, luden die heimatlichen Kirchenglocken die Gemeindeglieder, die Freunde aus der Umgebung sowie über 80 aus Deutschland angereiste HOG-Mitglieder zum Festgottesdienst ein. Bürgermeister Nistor Boricean war auch anwesend. Die Stille, die sich im Gotteshaus ausbreitete, und das Orgelvorspiel von Ursula Philippi halfen, die Gedanken zu sammeln und uns auf eine besinnliche Stunde einzustimmen. Pfarrerin Adriana Florea gestaltete feierlich diesen Gedenkgottesdienst. Gleich nach dem Eingangslied nahm sie die Einweihungshandlung der Gedenktafel der Opfer des 2. Weltkrieges und der Russlanddeportation vor. In ihrer Predigt (Joh. 6, 30-35) wies sie darauf hin, dass zum „Brot des Lebens“ auch erlebte Gemeinschaft gehört, eine Verbindung aus der Kraft fließt, die unsere menschliche Seele aufbaut und stärkt. In seinem Grußwort dankte am Ende des Gottesdienstes Bürgermeister Boricean allen, die seiner Einladung erneut gefolgt sind. Auch bekundete er Dank und Zufriedenheit, dass tags zuvor, notariell zwei kirchliche und zum Einsturz bedrohte Gebäude im Ortskern, in den Besitz der politischen Gemeinde kamen, dem einzigen Bewerber für den Kauf.
Festbühne bei der Eröffnung des 2. ...
Festbühne bei der Eröffnung des 2. Begegnungsfestes, von links: Bürgermeister Nistor Boricean, Kreisratsvorsitzender Adrian Veștea und Harald J. Zelgy, Nachbarvater der HOG Nußbach. Foto: Georg Teutsch
„Gedenken zu bewahren, ist bleibende Pflicht“, sagte ich in meiner Ansprache als HOG-Vorsitzender. Auch wenn anfangs am Projekt Gedenktafel Kritik geäußert wurde, war seine Umsetzung sinnvoll. Wir brauchen Orte des Gedenkens, sie sind Erinnerungs- und Aufarbeitungsorte der Trauer, zugleich auch Mahnmale, um Ereignisse unserer Geschichte im Bewusstsein künftiger Generationen lebendig zu halten und Frieden zu stiften. Ich dankte allen, ganz besonders den vielen Spendern, die an der Verwirklichung dieser Gedenktafel beteiligt waren. In rumänischer Sprache dankte ich Bürgermeister Boricean für seine Unterstützung und die Teilnahme an unserem Gottesdienst, drückte aber auch zugleich tiefe Betrübnis aus, dass auf unserem Friedhof immer wieder Schändungen des 1. Weltkriegsdenkmals und von Grabsteinen stattfinden. Ich bat ihn dahingehend mitzuwirken, dass minderjährige, umherstreifende Jugendliche diese Taten einstellen. Mit einem Besuch am Friedhof endete der besinnliche Teil des Tages.
Gedenktafel in der evangelischen Kirche in ...
Gedenktafel in der evangelischen Kirche in Nußbach erinnert an die Opfer des 2.Weltkrieges und der Russlanddeportation, Foto: Radu Pescaru/Kronstadt
Den Nachmittag verbrachten wir am Festgelände „zur Sägemühle“. Der Bach, der hier vom „Weißen Brunnen“ in Richtung Gemeinde vorbeifließt, und der angelegte See sind inzwischen dicht bewachsen. Dieses angelegte Freizeitgelände entwickelte sich zu einem eigenen Biotop, in dem Fische, Insekten und verschiedene Vogelarten ihren Platz finden. Auch wir fanden wieder unsere Plätze unter den rot/blauen Pavillons an festlich gedeckten Tischen. Der Bürgermeister informierte in seinem Grußwort über künftige Vorhaben: Bau der Kläranlage, Asphaltierung der Gemeindestraßen, Umbau des Ortskerns. Adrian Veștea, Vorsitzender des Kronstädter Kreisrates, ging in seiner Ansprache auf die von Georg Teutsch im Vorfeld gestellte Frage zum Stand des Flugplatzes Weidenbach ein. Er betonte, dass Kronstadt als eine der größten und wichtigsten Industriezentren des Landes diesen Flughafen braucht und er dieses kostspielige Vorhaben bei der Bukarester Regierung mit Zuversicht vorantreibe. In einem kurzen Grußwort dankte ich für die erneute Einladung unserer HOG und wünschte beiden Herren Kraft bei der Umsetzung ihrer Pläne zum Wohle der Bürger.

Beginnend mit der rumänischen Kindertanzgruppe von Nußbach startete das Folkloreprogramm. Mit beeindruckendem Tanz der Erwachsenen aus Seiburg und der Deutsche Tanzgruppe aus Kronstadt endeten die Darbietungen. Der Partyservice aus Barot (Baraolt) sorgte mit deftigen Speisen für das leibliche Wohl, während die bekannte Band „Burzenland“ zum Tanz aufspielte. Ihnen folgte eine rumänische Band, die die Stimmung bis in die Nacht hoch hielt. Am zweiten Festtag konnte, trotz gelegentlichem Regen, die geplante Überraschung ausgeführt werden: Am Spieß, auf offenem Feuer wurde ein Jungbulle gegrillt, eine Sensation, die viele zum ersten Mal erlebten. Sein Genuss war hervorragend, für uns zugleich das Abschiedsmenü.
Tanzbegeisterung am Festplatz auf die Rhythmen ...
Tanzbegeisterung am Festplatz auf die Rhythmen der Kronstädter Band „Burzenland“, Foto: Georg Teutsch
Mit äußerst positiven Eindrücken kehrten wir nach Deutschland zurück. Angereist mit eigenen Mitteln oder mit dem Bus, den Gerhard Teutsch aus dem Saarland erneut in Richtung Siebenbürgen gelenkt hatte, wurde viel gute Laune mitgebracht. Dazu trug auch Günter Schmidts mit seinem Akkordeon bei. Wir danken Pfarrerin Adriana Florea, Ursula Philippi und dem Presbyterium für den andächtigen Gottesdienst, Bürgermeister Nistor Boricean für die Einladung, den Sponsoren, besonders Familie Schaaser, die die Ausgaben für das Treffen gering hielten. Wir waren erneut miteinander in heimatlichen Gefilden unterwegs und stärkten damit das Gemeinschaftsgefühl in der Burzenländer Gemeinde am Fuße des Geister Waldes.

Harald Johannes Zelgy

Schlagwörter: Nußbach, Gedenktafel, Burzenland, Heimattreffen, Russlanddeportierte

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