26. April 2001

Führungswechsel im HOG-Verband der Siebenbürger Sachsen

Die elfte Tagung der Vertreter der siebenbürgisch-sächsischen Heimatortsgemeinschaften hat am 21. und 22. April unter dem Motto "Dokumentation-Information-Kommunikation" in Nürnberg stattgefunden. Zum neuen Vorsitzenden des HOG-Verbandes wurde Michael Konnerth, als dessen Stellvertreter Johann Imrich gewählt. Der Dachverband will die solide Aufbauarbeit, die in den letzten sechs Jahren unter dem bisherigen Vorsitzenden Horst Göbbel geleistet wurde, fortführen und neue Akzente durch verstärkte Teamarbeit sowie in der Familienforschung setzen. "Wir wollen die Aufgaben auf viele Schultern verteilen und möglichst viele Heimatortsgemeinschaften ins Internet bringen", erklärte Konnerth nach seiner Wahl gegenüber dieser Zeitung.
Michael Konnerth - neuer Vorsitzender des HOG-Verbands
Michael Konnerth - neuer Vorsitzender des HOG-Verbands
Die Heimatortsgemeinschaften hatten in den neunziger Jahren eine dynamische Entwicklung erfahren und sich 1997 zu einem Dachverband zusammengeschlossen, dem mittlerweile 113 Vereine angehören. Eine Bilanz der letzten vier Jahre zog der bisherige Vorsitzende des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften, Horst Göbbel, in seinem Tätigkeitsbericht, den er unter den Titel "Die Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften an der Jahrtausendwende" gestellt hatte. Der HOG-Verband sei selbständig und wolle selbständig bleiben, betonte Göbbel. Er sei zugleich um enge Zusammenarbeit mit allen siebenbürgisch-sächsischen Institutionen und Vereinen bemüht, vor allem mit der Landsmannschaft im Rahmen des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrats, dessen Mitglied die Siebenbürgisch-Sächsischen HOG seit dem 1. April 1995 sind. Der HOG-Verband wolle keine "spektakulären Aktivitäten oder Aktionen" und verstehe sich als Bindeglied zwischen den zahlreichen HOGs.

Der scheidende Vorsitzende habe seine Hauptaufgabe "im Wirken für den Zusammenhalt unserer Landsleute, unserer HOGs, solange es ein Bedürfnis dafür gibt", gesehen. Während der letzten vier Jahre habe sich der Verband auch vereinsrechtlich etabliert: 1997 erkannte das Finanzamt Heilbronn seine Gemeinnützigkeit an, die im Mai 2000 verlängert wurde; 1998 wurde der HOG-Verband als eingetragener Verein in Heilbronn registriert. Aus einem losen Zusammenschluss von Heimatortsgemeinschaften, die als "Arbeitsgruppe Heimatortsgemeinschaften" beim Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrat e.V. angesiedelt waren, habe sich ein Verband und e.V. entwickelt, der "gleichberechtigter und geachteter Partner aller anderen siebenbürgisch-sächsischen Organisationen" sei. Er verfüge ein breites, seriöses Potential und rede an zentraler Stelle, dort, wo siebenbürgische Belange zur Sprache kommen, mit. So habe sich der Vorstand in wichtige Diskussionen eingebracht, etwa in die Rentenkürzungsdiskussion und Dokumentation siebenbürgisch-sächsischen Kulturgutes, führte Göbbel weiter aus. Als Vollmitglied des Kulturrates leiste der HOG-Verband derzeit einen jährlichen Beitrag von 4 000 Mark und verleihe diesem Dachverband diverser siebenbürgischer Einrichtungen aufgrund seines Mitgliederbestands auch gegenüber bundesdeutschen Ministerien mehr Gewicht.
Der Verband gängele seine HOGs nicht, sondern berate und begleite sie, wenn Fragen auftauschten. Die Heimatortsgemeinschaften organisierten Fahrten in ihre siebenbürgischen Heimatorte, "viele davon tun Entscheidendes für die Erhaltung siebenbürgisch-sächsischen Kulturguts vor Ort (Zuckmantel, Bulkesch, Zendersch, Lechnitz, Nadesch u.a.), wofür sie beträchtliche Geldmittel einsetzten". Quell für die "ersprießlichen Unternehmungen" in und außerhalb Siebenbürgens sei "unsere tiefe Bindung an unsere Heimatorte, zu unseren Landsleuten, zu unseren Heimatortsgemeinschaften", sie sei "ungebrochen" und bleibe auch außerhalb Siebenbürgens bestehen. Die zahlreichen Beiträge in der Rubrik "HOG-Nachrichten" in der Siebenbürgischen Zeitung liefern laut Göbbel bestes Zeugnis ab für ein vielseitiges Engagement. Auf seine Initiative geht die Rubrik "Heimatortsgemeinschaften stellen sich vor" zurück, in der sich seit Januar 1995 rund 60 Orte vorgestellt haben.
Göbbel lobte alle neun Regionalgruppen und aktiven HOGs für ihr vielfältiges Wirken und hob dabei besonders die vorbildlichen Leistungen der HOG-Regionalgruppe Burzenland hervor, die unter anderem das kulturelle Rahmenprogramm des Heimattages 1998 in Dinkelsbühl mitgestaltet hatte. Die Burzenländer beschlossen in Nürnberg, die Herausgabe der insgesamt fünf Bände der Denkmaltopographie, die den Ortschaften rund um Kronstadt gewidmet sind, durch massive Subskriptionen in den einzelnen Heimatortsgemeinschaften zu fördern.
Die solide finanzielle Basis des HOG-Verbandes ging aus dem Kassenbericht von Geschäftsführerin Maria Stirner hervor, Kassenprüfer Helmut Müller (Zuckmantel) bestätigte eine transparente und einwandfreie Finanzgebarung.
Grußworte an die Teilnehmer richteten Johann Haitchi (HOG Pintak) seitens des Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Österreich und Kurt Franchy (Bistritz), der gleich für mehrere Einrichtungen sprach: für das Hilfskomitee der Siebenbürger Sachsen und evangelischen Banater Schwaben, den Adele-Zay-Verein und die Elena-Muresanu-Stiftung, die sich für ein Diasporaheim der evangelischen Landeskirche in Hermannstadt engagiert.

"Zwei Säulen der gleichen Gemeinschaft"

Die Wahlen am Sonntag wurden von Bernd B. Fabritius, dem Vorsitzenden der Landesgruppe Bayern und stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft, geleitet. Rechtsanwalt Fabritius bekräftigte den Wunsch nach einer guten Zusammenarbeit zwischen Landsmannschaft und Heimatortsgemeinschaften, die zwei Säulen der gleichen Gemeinschaft seien und die gleichen Zielsetzungen verfolgten. Günstige Voraussetzungen für eine gute Zusammenarbeit wurden durch eine Satzungsänderung der Landsmannschaft im Jahr 1995 geschaffen: der HOG-Vorsitzende ist seither Mitglied im Bundesvorstand der Landsmannschaft, er und die neun Regionalgruppensprecher sind ex officio Delegierte beim Verbandstag der Landsmannschaft.
Ebenfalls im Zeichen der guten Kooperation mit den HOGs hat die Landsmannschaft, namentlich ihr Kulturreferent Hans-Werner Schuster, die diesjährige HOG-Tagung in erheblichem Maße mitbetreut und mitorganisiert. Schuster wies darauf hin, dass seine Stelle als Bundeskulturreferent am 1. Juli 2001 aufgelöst werde, da die Förderung des Bundesbeauftragten für Angelegenheiten der Kultur und Medien (BKM) eingestellt werde. Das Bundeskulturreferat werde zwar aus Mitteln der Landsmannschaft als halbe Arbeitsstelle weitergeführt, aber eine Hilfestellung für den HOG-Verband sei voraussichtlich nicht mehr im gleichen Umfang möglich, wie sie die Landsmannschaft seit 1993 geleistet habe. Ebenso wie 1999 gab es auch heuer keine öffentlichen Zuschüsse für die Tagung, die der HOG-Verband in eigener Finanzierung in der Akademie C.-Pirckheimer-Haus in der Nürnberger Innenstadt abhielt. 97 Vertreter von 76 HOGs waren anwesend, an den Neuwahlen am Sonntag beteiligten sich 51 stimmberechtigte HOG-Sprecher.

Sieben Kirchenburgen UNESCO-Weltkulturerbe

Einen sehr lebendigen und engagierten Vortrag zum Thema Dokumentation siebenbürgisch-sächsischen Kulturgutes hielt auf der Tagung Dr. Christoph Machat, Vorsitzender des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturgutes. Als Präsident von ICOMOS, dem Internationalen Rat für Denkmalpflege, hatte sich Machat dafür eingesetzt, dass - neben Birthälm - sechs weitere siebenbürgische Kirchenburgen (Kelling, Wurmloch, Keisd, Deutschweißkirch, Tartlau, Darjiu) und die Altstadt von Schäßburg im Dezember 1999 in die Weltkulturerbeliste der UNESCO aufgenommen wurden. Der gebürtige Schäßburger plädierte dafür, dass sich die Heimatortsgemeinschaften beim Erhalt des Kulturgutes in Siebenbürgen engagieren. Damit Bauten erhalten werden können, müssten sie genutzt werden, etwa von Menschen, die in der Landwirtschaft beschäftigt seien, so Machat weiter. Kirchen könnten langfristig genutzt und erhalten werden, wenn sie anderen Konfessionen übergeben werden, wie positive Beispiele in Nordsiebenbürgen belegen. Aus Wortmeldungen der Teilnehmer wurde deutlich, dass sich bereits viele Heimatortsgemeinschaften in ihrer alten Heimat einsetzen: Erwin Thot sprach über die HOG Deutsch-Tekes, die, dem Beispiel vieler anderer Gemeinden folgend, das Pfarrhaus in Tekes in ein Gästehaus umwandeln will, Hans Moyrer berichtete über die Aktivitäten der HOG Pretai, die mit relativ wenig Geld viel bewegt, und Helmut Müller zeigte in einem Kurzreferat mit Dias auf, was die HOG Zuckmantel mit 45 000 DM, davon 7 000 DM von der Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung, in Siebenbürgen alles geleistet hat. Skeptischer in Bezug auf die Kulturgutsicherung zeigte sich Michael Klösler (Dürrbach): Die HOGs sollten sich darauf beschränken, "das Ende vorzubereiten".
Eine stärkere Präsenz wollen die Heimatortsgemeinschaften künftig im Internet zeigen. Robert Sonnleitner, landsmannschaftlicher Bundesreferent für Öffentlichkeitsarbeit und Internet, hielt in Nürnberg einen interessanten Vortrag über die Möglichkeiten, die das Web für die siebenbürgische Kommunikation weltweit und speziell für die HOGs bietet. Sonnleitner will den Heimatortsgemeinschaften auch künftig bei der Erstellung einer eigenen Homepage helfen. Es bleibt zu überprüfen, wie der HOG-Verband und die einzelnen Ortschaften mit dem Landsmannschaftsauftritt unter www.siebenbuerger.de vernetzt werden können.
Ein informatives Referat zum Thema "Viktor Kästner und das Siebenbürgisch-Sächsische Wörterbuch" hielt Friedrich Schuster. Der Mundartdichter aus Kerz, dessen Geburtstag sich am 30. Dezember zum 175. Mal jährt, hatte 1847 ein 274 Manuskriptseiten umfassendes "Idiotikon" angelegt. Seine 10 000 Eintragungen hatte Kästner als Sprachquelle für seine Gedichte genutzt, was auch seine starke Präsenz im sächsischen Wörterbuch erklärt: "Man findet kaum eine Wörterbuchseite, wo Kästner nicht zitiert wird", so Schuster. Einem anderen wichtigen Nachschlagewerk, dem Nordsiebenbürgischen Wörterbuch, war ein Referat von Helga Feßler gewidmet. Für die kurzfristig erkrankte Autorin las es Hans-Werner Schuster vor.
Dem Erfahrungsaustausch und der praktischen HOG-Arbeit dienten mehrere Kurzreferate. Karl-Heinz Brenndörfer (Heldsdorf) gab Anregungen, die bei der Führung einer HOG zu beachten sind, angefangen von organisatorischen Fragen, über die Prioritäten bei der Verwendung von Finanzmitteln und die Organisierung von Heimattreffen bis hin zur Sicherung von Kulturgut. Brenndörfer lud alle Herausgeber von HOG-Publikationen zu einer Tagung ein, die die HOG-Regionalgruppe Burzenland in Zusammenarbeit mit der Siebenbürgischen Zeitung im kommenden Herbst in Neuhaus bei Crailsheim organisieren wird. In einem weiteren Vortrag zeigte Rechtsanwalt Rolf-Dieter Happe auf, welche vereinsrechtliche Formen die Heimatortsgemeinschaften annehmen können und welche Vorteile ein eingetragener Verein mit sich bringe. Happe, der Schriftführer des Vereins zur Erhaltung und Pflege der Kirchenanlage in Kartzendorf ist, bot an - auch über das Referat hinaus - als Ansprechpartner für Heimatortsgemeinschaften in Fragen des Vereinsrechts zur Verfügung zu stehen. Ebenfalls zu Fragen des Vereinsrechts hat Wilhelm-Georg Hietsch, der bisherige stellvertretende Vorsitzende des HOG-Verbands, eine Dokumentation erstellt, die im HOG-Tagungsband 2000 von Horst Göbbel zu finden ist.

Der neue Vorstand

Neuer Vorsitzender des HOG-Verbandes ist Michael Konnerth, Vorsitzender der HOG Neithausen. Der EDV-Fachmann wurde am 19. Juni 1955 in Neithausen geboren und kam im September 1979 nach Deutschland. In der Landsmannschaft ist Konnerth als Vorsitzender der Kreisgruppe Göppingen und stellvertretender Vorsitzender der Landesgruppe Baden-Württemberg aktiv. Familienforschung betreibt er im Rahmen der Sektion Genealogie des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde.
Dem Geschäftsführenden Vorstand gehören zudem der stellvertretende Vorsitzende Dipl.-Ing. Johann Imrich (Deutsch-Kreuz), Maria Stirner (Henndorf) als Geschäftsführerin und zugleich Kassenwartin sowie Bernhard Scheiner (Heltau) als Schriftführer an. Zu Kassenprüfern wurden Michael Schneider (Schönberg) und Kurt Wagner (Agnetheln), zu Ersatzkassenprüfern Michael Trein (Tartlau) und Reiner Seiler (Felldorf) berufen. Dem Erweiterten Vorstand gehören von Amts wegen auch die Sprecher der neun Regionalgruppen: Dipl.-Ing. Volkmar Kraus (Vorsitzender der HOG Zeiden und der Regionalgruppe Burzenland), Kurt Wagner (Harbachtal, Großschenker Raum), W. Helmuth Eckardt (Leschkirch, Hermannstadt und Umgebung), Dr. Helmut Kelp (Großprobstdorf, Mediascher Umgebung, Unteres Kokeltal, Unteres Weißenbachtal), Horst Göbbel (Jaad, Nordsiebenbürgen), Enni Janesch (Stein, Repser Umgebung), Johann Imrich (Deutsch-Kreuz, Schäßburger Raum), Pfarrer Gerhard Thomke (Petersdorf bei Mühlbach, Unterwald) und Helmut Müller (Zuckmantel, Zwischenkokelgebiet).
Auf einer ersten Sitzung hat der neu gewählte Erweiterte Vorstand am 22. April Organisatorisches erörtert und Termine festgelegt. Beschlossen wurde, den Beitrag der Heimatortsgemeinschaften ab dem Jahre 2002 in Euro zu erheben: der jetzige DM-Betrag, geteilt durch zwei, ergibt den zu zahlenden Betrag in Euro. Die Tagungen des Erweiterten Vorstandes werden künftig mindestens einmal jährlich abgehalten, wenn möglich anschließend an die Sitzungen des Kulturrates, die jeweils an einem Samstag in Gundelsheim stattfinden. Die Adressen der HOG-Vertreter werden im Internet bekannt gegeben, jene, die das nicht wollen, werden gebeten, sich bis zum 30. Mai beim Vorsitzenden des Verbandes zu melden. Der Geschäftsführende Vorstand wird Vorschläge für Referenten machen und im erweiterten Führungsgremium erörtern. Bereits in Nürnberg konnte Horst Göbbel als Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gewonnen werden und erklärte sich bereit, auch den Tagungsband 2001 herauszugeben. Göbbel hat bisher drei Tagungsbände herausgegeben und hatte für den Letzten eine beachtliche Förderung seitens des Nürnberger Hauses der Heimat erwirkt. Die Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung hat einen Zuschuss in Höhe von 500 DM zugesagt.
Vielseitige berufliche und ehrenamtliche Verpflichtungen hatten Göbbel, der auch Vorsitzender der Kreisgruppe Nürnberg-Fürth-Erlangen, stellvertretender Landes- und stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft ist, veranlasst, sich nicht mehr zur Wahl als Vorsitzender des HOG-Verbandes zu stellen.

Siegbert Bruss



Anschrift des neuen Vorsitzenden: Michael Konnerth, Messelbergstraße 2, 73061 Ebersbach/Fils, Telefon: (0 71 63) 21 74, E-Mail: Michael.Konnerth@t-online.de.

Schlagwörter: HOG-Verband

Bewerten:

1 Bewertung: o

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.