9. Mai 2023

„Sachsenschloss“ in Zeidner Händen: Nachbarschaft feierte 70. Jubiläum

Für ein Wochenende – vom 21. bis 23. April 2023 – war Schloss Horneck in Gundelsheim, von einigen unserer Landsleute auch gerne als „unser Sachsenschloss“ bezeichnet, der Treffpunkt und Feierort der Zeidner Nachbarschaft in Deutschland. Es war der 70. Geburtstag – im September 1953 wurde sie beim ersten Heimattreffen in Stuttgart gegründet – und nun galt es, dieses Ereignis gebührend zu feiern.
Knapp über 70 Teilnehmer (die Musikanten und ...
Knapp über 70 Teilnehmer (die Musikanten und einige Tagesgäste fehlen im Bild) freuten sich über eine abwechslungsreiche und interessante Jubiläumsfeier zum 70. Geburtstag der Zeidner Nachbarschaft. Foto: Josefine Mieskes
Und in der Tat, das lässt sich schon vorab und als erstes Fazit sagen: Es gibt keinen besseren und schöneren Ort für eine würdige Feier mit siebenbürgisch-sächsischem Bezug als dieses Schloss. Zum einen existieren nach der Renovierung beste Möglichkeiten, um zu tagen und zu übernachten – jedes Zimmer ist individuell gestaltet, landschaftlich traumhaft gelegen. Und natürlich das Wichtigste – die geistigen Schätze – das Siebenbürgische Museum und die Siebenbürgische Bibliothek mit tausenden von Exponaten und Dokumenten, die zumindest im Schnelldurchlauf einen Überblick über unsere Geschichte, Kultur und unser Wirken liefern.

Und das zweite Fazit gleich dazu: Das Programm der Jubiläumsveranstaltung bildete eine perfekte Mischung aus würdiger Feier, Unterhaltung und auch ein wenig Wissensvermittlung. Heißt konkret: Gleich am Freitagabend ging es mit der Eröffnung einer Ausstellung des Zeidner Malers Eduard Morres los. Die Zeidner sehen ihn als „ihren“ Maler an, auch wenn er in Kronstadt geboren wurde – lebte er doch rund vier Jahrzehnte (von 1942 bis zu seinem Tod 1980) in der Marktgasse am Fuße des Bergelchens.

In ihren kurzen Reden zur Eröffnung der Ausstellung würdigten Nachbarvater Rainer Lehni, die Vorsitzende des Trägervereins „Siebenbürgisches Museum e.V.“ Dr. Irmgard Sedler und der leitende Kurator des Siebenbürgischen Museums, Dr. Markus Lörz, die überdurchschnittliche Begabung des Malers, der zwar im Ausland studierte und zeitweise lebte und sicherlich auch das Talent zu einer internationalen Karriere hatte, dem aber die „harmonische Landschaft seiner Heimat“, wie es Sedler formulierte, zeitlebens Quell der Inspiration war und blieb und den es immer wieder nach Hause zog. Und Lörz bezeichnete ihn als einen „ehrlichen Maler“, der sich nicht habe verbiegen lassen.

Der Samstagvormittag begann mit Führungen. Den Anfang machte Dr. Ingrid Schiel, die Geschäftsführerin des Siebenbürgen-Instituts, zu dem die Siebenbürgische Bibliothek gehört, die mittlerweile 92000 Einheiten umfasst. Sie zeigte den interessierten Besuchern einige archivalische „Kostbarkeiten“, zum Beispiel Landkarten aus dem 16. Jahrhundert, ein Matrikelheft von 1718. Ein ganz besonders Fundstück ist ein Nachbarschaftsbuch aus Neustadt aus dem Jahre 1785. Interessant war auch ein Verzeichnis der Zeidner Höfe aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, in dem neugierig geblättert wurde. Zusätzlich sammelt die Bibliothek Zeitungsartikel über die jeweiligen siebenbürgischen Ortschaften.
Den Schlusspunkt des Zeidner Wochenendes bildete ...
Den Schlusspunkt des Zeidner Wochenendes bildete das Konzert der Blaskapelle mit ihrem Dirigenten Reinhard Göbbel auf der Terrasse des Schlosses. Quelle: Zeidner Bildarchiv
Die nächste Führung ging dann zum Museum, das mittlerweile doch schon eine Menge Landsleute kennen und das gut dokumentiert anhand von zahlreichen Texten, Bildern und Ausstellungsobjekten die bewegte Geschichte dieses kleinen Völkchens im Karpatenbogen zeigt. In zwei Gruppen führten Dr. Markus Lörz und Dr. Volker Wollmann mit ihrem enormen Fachwissen durch die Räumlichkeiten des Museums. Die dritte und letzte Führung übernahm dann Professor Dr. Konrad Gündisch, der sehr kenntnisreich und ausführlich über die wechselvolle Geschichte des Schlosses berichtete.

Der zweite Teil des Tages gehörte den Feierlichkeiten zum 70-jährigen Jubiläum der Nachbarschaft in Deutschland, die im Festsaal „Johannes Honterus“ des Schlosses stattfanden und die durch die Klänge der Zeidner Blaskapelle eröffnet wurden. In seiner Eingangsansprache skizzierte Nachbarvater Rainer Lehni einige wichtige Stationen der Nachbarschaft von der Gründung durch Balduin Herter, der auch bei der Gründung der Kultureinrichtungen auf Schloss Horneck eine wichtige Rolle spielte, bis hin zu den zahlreichen Aktivitäten und Publikationen der letzten Jahre. Eine gut dokumentierte Bildergalerie zur Entwicklung der Zeidner Nachbarschaft bot Altnachbarvater Udo Buhn, der in seinem Vortrag vor allem auf einige Höhepunkte der verschiedenen Treffen einging.

Zu so einem Jubiläum gehört auch, einige ehrenamtliche Mitglieder für ihr Engagement für die Nachbarschaft und für die siebenbürgische Gemeinschaft zu ehren. Altnachbarvater Volkmar Kraus überreichte Urkunden an Nachbarvater Rainer Lehni sowie an die langjährigen Ehrenamtlichen Carmen Kraus und Annette Königes, die vor allem auf dem kulturell-literarisch-künstlerischen Gebiet sehr aktiv sind.

Natürlich fehlten nicht die Grußworte – diesmal zum einen von den Vertretern der Evangelischen Kirchengemeinde A.B. aus Zeiden, vom neuen Pfarrer Danielis Mare und dem Kurator Christian Eduard Popa. Sie betonten vor allem die guten Beziehungen zur Nachbarschaft in Deutschland, die sich seit einigen Monaten nochmals verbessert haben nach dem Generationswechsel im Presbyterium. Von ­Verbandsseite lobten Ilse Welther, Vorsitzende des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften, und Manfred Binder, Leiter der HOG-Regionalgruppe Burzenland, die zahlreichen Initiativen der Zeidner in den verschiedenen siebenbürgischen Gremien, aber auch Projekte wie den Burzenländer Kalender oder die Gründung einer eigenen Stiftung.

Wie der Zufall es wollte, feiert auch die Stiftung Zeiden ein Jubiläum: Sie wird 25 Jahre alt. Deren Vorsitzender Reinhold Mieskes ließ die 25 Jahre, auch anhand zahlreicher Bilder, Revue passieren und präsentierte ihre Imagebroschüre, die pünktlich zu dieser Veranstaltung erschienen ist. Die Stiftung unterstützt weiterhin ausgewählte Projekte der Evangelischen Kirchengemeinde A.B. in Zeiden. Als besten Beweis eines aktuellen Vorhabens überreichte er Pfarrer Mare einen Scheck über 300 Euro für den Erwerb von didaktischem Lehrmaterial in der Schule.

Den Festvortrag hielt kein Geringerer als Prof. Dr. Konrad Gündisch, den man zurecht als DEN Kenner der siebenbürgisch-sächsischen Geschichte betrachten kann, und die Zeidner sind ihm sehr dankbar, dass er sich immer mal wieder auch Zeidner Themen widmet. Er spann einen roten Faden zur beeindruckenden Rede des Münchner Nachbarvaters Alfred Schneider anlässlich des ersten Nachbarschaftstreffens 1953 in Stuttgart bis heute, um zu zeigen, wie aktuell seine Überlegungen von damals auch heute sind. So ging es Schneider damals unter anderem darum, dass die Nachbarschaft stets bemüht sein soll, den Zusammenhalt zu stärken, was durch die vielen Treffen, Veröffentlichungen, den Zeidner Ortsgeschichtlichen Gesprächskreis, das Wörterbuch der Zeidner Mundart etc. laut dem Festredner sehr gut gelungen sei. Obwohl sich damals angesichts der höchst schwierigen politischen Verhältnisse, vor allem in Rumänien, niemand vorstellen konnte, wie es weitergehen wird, plädierte Schneider für intensive Beziehungen zur Kirche und den Menschen daheim, was die Nachbarschaft im Lauf der Jahre vorbildlich umsetzte – sicherlich auch dank veränderter politischer Verhältnisse, aber auch sehr engagierter Menschen – sei es durch die Organisation der Begegnungen in Zeiden, sei es durch Arbeitscamps, finanzielle Unterstützung, etwa bei der Kirchenrenovierung. Was Gündisch schließlich positiv bilanziert, was ja auch Schneiders Wunsch war, ist, Nachbarschaft in ihrem ursprünglichen Sinn, also Hilfe von der Wiege bis zur Bahre ernst zu nehmen. Er sagte: „Nachbarschaft ist mehr als nur eine Gasse.“

Den krönenden Abschluss des Tages bildete die Blaskapelle mit einem einzigartigen Konzert am Samstagabend, in dem das Orchester mit seinem Dirigenten Reinhard Göbbel das Publikum in die Welt der Osterbräuche entführte. Mit viel Humor und sehr kenntnisreich erläuterte der Dirigent nämlich, von wo Ostern überhaupt stammt, den Ursprung der Bräuche und hatte dazu die entsprechenden Musikstücke ausgesucht.
Mit ihrem Programm zu den Osterbräuchen und dem ...
Mit ihrem Programm zu den Osterbräuchen und dem Abschlusskonzert sorgte die Zeidner Blaskapelle wieder für einige Höhepunkte der Veranstaltung auf Schloss Horneck. Quelle: Zeidner Bildarchiv
Auch das Geistliche kam nicht zu kurz. Pfarrer Danielis Mare verwies in der Andacht am Sonntagvormittag auf die Bedeutung von Traditionen, aber auch darauf, sich dem Fortschritt nicht zu verschließen. Sonntagmittag fand dann noch das Abschlusskonzert der Blaskapelle auf der Terrasse des Schlosses – bei herrlichem Sonnenschein – vor einer bezaubernden Kulisse statt. Die Kapelle spielte, die Zeidner tanzten – einen schöneren Abschluss hätte man sich nicht wünschen können. Ein letzter Satz noch: Es war wieder eines dieser unvergesslichen Treffen, die Herz und Verstand angesprochen haben – und so soll es auch sein. Herzliches Dankeschön dem Nachbarvater und seinen engagierten Kollegen aus dem Vorstand, allen Helfern, auch den eher Unsichtbaren, die zum Gelingen dieser Veranstaltung beigetragen haben.

Hans Königes

Schlagwörter: Zeiden, Jubläum, Schloss Horneck

Bewerten:

16 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.