18. August 2014

Dr. Roland Phleps zum 90. Geburtstag

Man sagt, es gebe Menschen, an denen die Zeit fast spurlos vorbeigeht, und es gebe Menschen, die in ihre Zeit bleibende Spuren einschreiben. Auf Dr. Roland Phleps, Nervenarzt, Psychiater und bildender Künstler, trifft beides zu. Vielleicht ist das permanente Streben nach der Schönheit im idealen Gleichgewicht zwischen innen und außen, so wie die alten Griechen den humanistisch geprägten Gymnasiasten sie lehrten, der Schlüssel dazu, vielleicht seine native Veranlagung zum homo ludens mit der Liebe zum schöpferischen Spiel, vielleicht gibt der Humor als Lebenshaltung Kraft, wenn er trotz schwerer Schicksalsschläge frei von Bitterkeit über die Dinge hebt, vielleicht ist es auch die Kraftquelle Familie, die Stärke der erfüllten Partnerschaft, die Schöpferkraft beflügelt.
Am 18. August 1924 in Hermannstadt geboren, legte Roland Phleps 1943 seine Reifeprüfung am Brukenthal-Gymnasium ab. Dann führte ihn das Leben auf andere Gleise: Von 1944-1945 war er Soldat, und 1946 fand er mit der gesamten Familie in Nürtingen am Neckar neue Heimat. 2013 schenkte der 89-jährige bildende Künstler der Stadt eine sechs Meter hohe, schlanke Stahlskulptur, „Dreikantpfeiler“, die im öffentlichen Raum Nürtingens von der Dankbarkeit des Heimatvertriebenen für die freundliche Aufnahme in den Nachkriegsjahren zeugt.

Nach seinem Studium der Medizin in Tübingen und Göttingen wirkte der junge Arzt an Kliniken in Tübingen, Lübeck, Esslingen und Freiburg und absolvierte seine Fachausbildung zum Nervenarzt und Psychiater. Von 1959 war Dr. Roland Phleps, bis zu seinem Unruhestand als Facharzt hoch geschätzt, in freier nervenärztlicher Praxis in Freiburg tätig.

In den Jahren 1983-1984 begann er, der in der Kindheit schon künstlerische Begabung gezeigt hatte, spielerisch, ohne Kunstanspruch, gespannt auf die Möglichkeiten, die das Material Aluminiumblech seiner Formensuche eröffnete, mit Formgebung zu experimentieren; seit 1992 entstanden seine formvollendeten Skulpturen aus bürstengeschliffenem leicht zu biegendem Edelstahl, die der Konkreten Kunst zuzuordnen sind, manche kleinformatig, andere in jeder technische möglichen Vergrößerung, bis zu sechs Metern hoch, wie geschaffen für ihren Auftritt im öffentlichen Raum. Es begann seine zweite Karriere, die eines Wissenschaftler-Künstlers, „ein sehr rationaler, konzeptioneller Planer, ein großer Geist“, ein „Erbe und geistiger Vertreter der Meister der klassischen Moderne des 20. Jahrhunderts“ (János Fajó, Budapest). In sieben Werkkatalogen, die neben suggestiven Abbildungen der formschönen Skulpturen der letzten über 20 Jahre auch die philosophischen Gedanken des Künstlers zu seinem Werk und Stimmen der Rezeption enthalten, zeigt sich, wie der Künstler sich treu, das Reservoir seiner Motive aber unerschöpflich vielfältig bleibt. „Der Künstler Roland Phleps ruht in sich (…) Eine solche künstlerische Existenz im Einklang mit sich und seiner Welt gelingt nur wenigen (Prof. D. Guderian, Freiburg).

Dr. Roland Phleps. Foto: Guntram Kommerell ...
Dr. Roland Phleps. Foto: Guntram Kommerell
Die Stilrichtung Konkrete Kunst hat nichts mit dem Streben nach Schönheit der nachahmenden, nachbildenden Kunst gemein. Für Roland Phleps ist sie „zu allererst zweckfreies Spiel (…) mit geometrisch definierten Elementen“ (Claudia Röhn-Kollmann, Kustodin seiner Stiftung). Aber diese elementaren geometrischen Formen, Kreise, Ellipsen, Quadrat, Prisma und Dreieck, fügen sich in reiner Formensprache zu vollendeten Gebilden voll Leichtigkeit und Eleganz, in denen man sowohl das Gesetz des natürlichen Maßes erkennt als auch ein Überraschung erlebt über das sehr individuelle Zusammenfügen von Systemen und Möglichkeiten, die Entdeckungsfreude an der Formenvielfalt in neuer Schönheit springt über.

Vor allem ist es bei Roland Phleps der individuelle Umgang mit der planen Form (Stahlblech), die er zu Formen biegt, die dann den Raum einzufangen scheinen, die, sich um Achsen windend, mit Luft, Licht und Schatten ein schwungvolles, inspirierendes Spiel treiben. Scheinbar so einfach und dabei schön. Wobei einfach aber dabei alles andere als simpel bedeutet, sondern eine Form, die „Hand in Hand (geht) mit Klarheit und Reinheit (…) das Einfache spricht für sich, es bedarf keiner Erklärung“ (Phleps). Wie sagte Goethe? „Das einfach Schöne soll der Kenner schätzen, Verziertes aber spricht der Menge zu.“ Wenn man in diesem Sinne über Schönheit spricht, kommt man unweigerlich in die Nähe der Begriffe Harmonie, Symmetrie, so wie schon die Antike ihren „göttlichen/goldenen Schnitt“ erdachte. Und man kommt in die Nähe des großen Meisters Brâncuși. „Dem großen Meister bin ich grundsätzlich und in manchen meiner Skulpturen verpflichtet, verbunden mit meiner großen Verehrung für den Meister.“ (Phleps) Eine Reihe von Stahlskulpturen spiegeln ihre verwandtschaftliche fruchtbare Bindung zur Unendlichen Säule wider, wenn sich Dreiecksstrukturen zu Stelen fügen, zu Oktaedern, oder zu einfach aufgebrochener Form. „Roland Phleps ist ein Verkünder der reinen Form (…) ein hervorragender Künstler. Seine Werke sind großartig, einfach und persönlich“, schreibt János Fajó, in Ungarn hoch geschätzter Künstlerkollege, für den Roland Phleps 2013 in der Kunsthalle der Stiftung für Konkrete Kunst Roland Phleps, Freiburg eine Ausstellung gestaltet hat, „wie ich sie noch nirgendwo gesehen habe“ (JF).

1997 hatte Roland Phleps die gemeinnützig anerkannte Stiftung für Konkrete Kunst Roland Phleps, Freiburg, gegründet und dazu 1998 eine Kunsthalle errichten lassen, vom Architekten Detlev Sacker mit Jens Pasche gebaut, um „die Grundgedanken der Konkreten Kunst lebendig zu halten, die Künstler und deren Werke zu fördern, die dieser Stilrichtung moderner Kunst verpflichtet sind“. In der lichtdurchfluteten großen Halle mit ihren eindrucksvoll klaren Proportionen haben bisher zahlreiche deutsche und international anerkannte bildende Künstler der Kunstrichtung wie Heinz Mack, Ben Muthofer, Marcello Morandini (Italien), Andrea Alfaro (Spanien), Josef Staub, Gottfried Honegger (Schweiz), Christian Lapie (Frankreich), János Fajó (Ungarn), Peter Jacobi (Deutschland), Träger des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreises, und andere ausgestellt.
Roland Phleps: „Dreikant-Pfeiler“. Edelstahl, ...
Roland Phleps: „Dreikant-Pfeiler“. Edelstahl, sechs Meter hoch, Nürtingen am Neckar, 2013. Foto: R. Phleps
Die Ausstellung von Gunter Frentzel (Schweiz) 2013 in der Kunsthalle beschrieb die Badische Zeitung als „eine der gelungensten Kunstausstellungen“. Wegen ihrer sehr guten Akustik dient die Skulpturenhalle auch als Konzertsaal für einheimische und Musiker weltweit.

Längst sind die eigenwillig schönen Skulpturen Roland Phleps' aus dem Grundstück um die Villa in Freiburg-Zähringen hinausgewachsen, auf eine großflächige „Skulpturenwiese“ am Waltersberg über Freiburg, in den Stadtgarten, vor die Universität, die Parks der Kliniken und den Freizeitpark Mundenhof, den Botanischen Garten; sie stehen an öffentlichen Plätzen in Badenweiler, Dresden (3), in Ulm (2), Würzburg, Riegel, Nürtingen, Heitersheim, im Park der Burg Sponeck am Kaiserstuhl, und vom Künstler im Zeichen neuer Zusammengehörigkeit dessen, was Jahrhunderte zusammengehörte, in Hermannstadt: „Bündel-Stele 2- Viribus unitis“, 2008.

Dass Roland Phleps sich auch nach mehr als einem halben Jahrhundert in Deutschland der siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft selbstverständlich zugehörig fühlt, davon zeugte u.a. seine aktive Präsenz bei den Bundeskulturtagen der Landsmannschaft 1998 in Freiburg, davon zeugt seine 2014 von ihm initiierte und betreute Reihe „Etymologischer Spaziergang“ in der Siebenbürgischen Zeitung, in deren Beiträgen, auf den Spuren der Herkunft und bei der Deutung siebenbürgisch-sächsischer Ausdrücke, sein vielseitiges und umfassendes Wissen zum Tragen kommt, pointiert vom verschmitztes Augenzwinkern seiner schöpferischen Phantasie.

„Man ist jung, solange man sich für das Schöne begeistern kann“, schreibt Jean Paul. Es ist dieses wahrscheinlich auch der Jungbrunnen des Künstlers Roland Phleps, dem wir zu seinem stolzen Geburtstagsjubiläum und seinen außergewöhnlichen Leistungen herzlich gratulieren und ihm diese Kraftquelle für Lebensfreude und Schaffen noch viele glückliche Jahre ungetrübt, inmitten seiner lieben großen Familie wünschen!

Karin Servatius-Speck

Ausstellung in Freiburg i. Br.: Roland Phleps zum 90.

Aus Anlass seines neunzigsten Geburtstages zeigt der Bildhauer Dr. Roland Phleps eine Ausstellung mit Reliefs und Skulpturen in der Skulpturenhalle der Stiftung für Konkrete Kunst Roland Phleps in Freiburg-Zähringen, Pochgasse 73. Die Ausstellung ist vom 24. August bis 7. September 2014 nach telefonischer Vereinbarung unter (07 61) 5 41 21 geöffnet.

Schlagwörter: Arzt, Künstler, Geburtstag, Porträt, Ausstellung

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