26. Juli 2020

Ein schöpferischer und politischer Geist: Bundesvorsitzender gratuliert Hans Bergel zum 95. Geburtstag

Einen „brillanten Sprachbeherrscher“ nannte die Frankfurter Allgemeine Zeitung den Schriftsteller und Journalisten Hans Bergel. Dass Schreiben sein Metier ist, hat Bergel in unzähligen Romanen, Novellen, Essays, Zeitungsartikeln oder Reden im Lauf seines langen Lebens bewiesen. Am 26. Juli erfüllt er nun das 95. Lebensjahr. Zu diesem besonderen Geburtstag gratuliert der Bundesvorsitzende Rainer Lehni dem ehemaligen Schriftleiter der Siebenbürgischen Zeitung ganz herzlich seitens des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland.
„Ich brauche das Schreiben, um mit dem, was an ...
„Ich brauche das Schreiben, um mit dem, was an Welt auf mich eindringt, leben zu können“: Hans Bergel am Fenster seines Arbeitszimmers in Gröbenzell bei München, aufgenommen 2006 von Konrad Klein.
Hans Bergel wurde am 26. Juli 1925 im burzenländischen Rosenau als Erstes von vier Kindern des Lehrers Erich Bergel und seiner Frau Katharina geboren. Er besuchte Schulen in Rosenau, Sächsisch-Regen, Kronstadt und Hermannstadt, wo er 1942 wegen anti­nazistischer Haltung von der Schule ausgeschlossen wurde. 1945 sollte er – wie viele seiner Generation – zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert werden, ihm gelang jedoch die Flucht aus einem Sammellager. 1946 konnte er das Abitur ablegen. Ein Fluchtversuch aus Rumänien endete 1947 in Budapest, von wo er nach Rumänien zurückgeschickt und zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. 1948 gelang ihm mit einem Gruppenausbruch die Flucht auf dem Gefängnis in Temeswar. Er wurde erneut verhaftet und zum Wehrdienst eingezogen. Das später begonnene Fernstudium musste er, abermals verhaftet, 1954 abbrechen.

1959 wurde Hans Bergel im Rahmen des Kronstädter Schriftstellerprozesses, der sich gegen mehrere siebenbürgisch-sächsische Schriftsteller richtete, zu einer 15-jährigen Haftstrafe verurteilt. Durch eine Generalamnestie für politische Häftlinge 1964 entlassen, konnte er 1968, dank Fürsprache von Günter Grass, in die Bundesrepublik Deutschland zu seiner Familie ausreisen, die Rumänien bereits 1965 verlassen hatte.

Im Raum München ansässig geworden, war er freier Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks und von 1970 bis 1989 Schriftleiter (Chefredakteur) der Siebenbürgischen Zeitung, von 1989 bis 2009 Mitherausgeber der Südostdeutschen Vierteljahresblätter (seit 2006 Spiegelungen).

Bergels Verdienst ist es, die Siebenbürgische Zeitung, das Presseorgan der Landsmannschaft, zu einem politischen Instrument geformt zu haben. In der Urkunde zur Verleihung des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreises 1988 heißt es u.a. „Ein schöpferischer Geist, fühlt sich Hans Bergel der Lebenswirklichkeit unserer und der kommenden Generation verpflichtet, für die er mit einem umfassenden publizistisch-journalistischen Schrifttum auch politisch klärend, kritisch und mutig eintrat“. Zudem war Bergel zeitweilig als stellvertretender Bundesvorsitzender der Landsmannschaft ehrenamtlich tätig.

Der Höhepunkt von Bergels landsmannschaftlichem Wirken ist sicher seine Rede vor dem Kölner Dom am 4. Dezember 1982, als rund 6000 Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben mit einer Großkundgebung gegen das kommunistische Regime in Bukarest demonstrierten, das kurz zuvor eine Freikaufsumme für seine deutschen ausreisewilligen Bürger eingeführt hatte. „Es gibt eine Grenze des Hinnehmens und Schweigens, die zu überschreiten den Verrat am Gebot der politischen Vernunft bedeutet. Alles Zumutbare ist nur solange erträglich, solange die Würde des Menschen nicht verletzt wird. In dem Fall, von dem hier die Rede ist, wird menschliche Würde mit Füßen getreten. Wer dazu schweigt, macht sich schuldig nicht allein am sittlichen Auftrag, den jeder von uns wahrzunehmen angehalten ist, er handelt zugleich im Sinne der Menschen- und Menschenrechtsverächter.“ Mit diesen Worten leitete Bergel seine Rede vor dem Kölner Dom ein. Sie wurde zu einem flammenden Plädoyer zur Ächtung des Regimes in Bukarest, das die elementarsten Menschenrechte mit Füßen trat und mit der im Herbst 1982 eingeführten Freikaufgesetz einen weiteren, einen zweiten Eisernen Vorhang vor die Deutschen in Siebenbürgen und dem Banat legte. Bergel prangerte mit harten Worten die Schikanen an, denen die deutsche Minderheit in Rumänien seit Ende des Zweiten Weltkrieges ausgesetzt war: die „am Ort der Vertreibung festgehalten“ wurden.

Begegnungen mit Hans Bergel

Zu meiner ersten Begegnung mit dem Schriftsteller Hans Bergel kam es im Rahmen der Stuttgarter Vortragreihe in den 1990er Jahren im Haus der Heimat in Stuttgart. Seine Kunst des spannenden Vortragens und Erzählens zog das gesamte Auditorium in Bann. Ebenso war es auch bei unserer bislang letzten Begegnung auf Schloss Jägerhof in Düsseldorf im Herbst 2018. Bei einer Veranstaltung anlässlich der 100. Wiederkehr des Anschlusses von Siebenbürgen an das Königreich Rumänien begeisterte er das Publikum mit der Erzählung „Das Menuett der Königin“. Dafür erntete der damals 93-jährige Wortkünstler wohlverdienten Applaus. Eine Begegnung, die anlässlich des Festaktes zu seinem 95. Geburtstag im Haus des Deutschen Ostens in München geplant war, machte vorerst die aktuelle Corona-Pandemie zunichte. Aufgeschoben ist bekanntlich nicht aufgehoben.

Unserem Landsmann Hans Bergel wünsche ich zum 95. Geburtstag vor allem Gesundheit und weiterhin schriftstellerische Schaffenskraft. Herzlichen Glückwunsch und alles Gute, lieber Hans Bergel!

Rainer Lehni, Bundesvorsitzender

Schlagwörter: Kultur, Hans Bergel, Schriftsteller, Publizist, Siebenbürgische Zeitung, Rosenau, München, Burzenland, Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland

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