22. Mai 2023

„Politisches Engagement als Frau ist mir wichtig“: Melitta Thamm, Vorsitzende des Freundeskreises Dinkelsbühl-Schäßburg, kandidiert für den Bayerischen Landtag

Melitta Thamm kandidiert auf Listenplatz 13 der Wahlkreisliste der SPD Mittelfranken für den 19. Bayerischen Landtag. Die in Nürnberg geborene 31-jährige Diplom-Finanzwirtin ist hauptberuflich bei der Außenstelle Dinkelsbühl des Finanzamtes Ansbach beschäftigt. In Dinkelsbühl, wo sie mit ihrem Ehemann und der vierjährigen Tochter lebt, engagiert sich Thamm auch ehrenamtlich als Vorsitzende des Freundeskreises Dinkelsbühl-Schäßburg. Aufgewachsen in einem siebenbürgisch-sächsischen Elternhaus, liegt ihr die Pflege ihrer Wurzeln sehr am Herzen. In dem nachfolgenden Gespräch, das Christian Schoger mit Melitta Thamm anlässlich ihrer Landtagskandidatur führte, äußert sich die Wahldinkelsbühlerin daher auch gerne zu ihrer siebenbürgischen Prägung und zum Reiz des unmittelbar bevorstehenden Heimattages.
Frau Thamm, wie beurteilen Sie Ihre reellen Chancen auf ein Landtagsmandat?

In den Landtag zieht, wer die meisten Erst- und Zweitstimmen gewinnen kann. Dies sind in der Regel die Direktkandidaten. Da ich als Listenkandidatin antrete, wird das eine Herausforderung. Dennoch hoffe ich, dass ich für die SPD viele Stimmen gewinnen kann.

Melitta Thamm kandidiert für den Bayerischen ...
Melitta Thamm kandidiert für den Bayerischen Landtag. Foto: privat
Seit 2021 sind Sie SPD-Parteimitglied. Aus welchen Motiven resultiert Ihr parteipolitisches Engagement?

Die Siebenbürger Sachsen haben in einer Diktatur gelebt. Politisches Engagement war nicht möglich. Heutzutage haben wir die Möglichkeit uns einzubringen und sollten diese nutzen. Mir ist es auch wichtig, dass ich mich als Frau politisch engagiere. Leider tun dies nicht viele. Es ist an uns selber, dies zu ändern.

In welchen fachpolitischen Bereichen würden Sie im Falle eines Wahlerfolges gerne Akzente setzen?

Steuergesetzgebung ist ein sehr komplexes Thema, da wirken alle Bundesländer zusammen, diese zu gestalten. Der bayerische Landtag kann aber die Attraktivität der Finanzverwaltung steigern. Wir haben ein großes Problem, Nachwuchskräfte zu gewinnen. Es braucht bessere Rahmenbedingungen, damit wir gerade in den Ballungsräumen konkurrenzfähig mit der Privatwirtschaft sein können.

Sie sind 1991 in Nürnberg geboren, wohnen und arbeiten in Dinkelsbühl. Inwiefern haben Sie siebenbürgische Wurzeln? Welche prägenden Einflüsse verbinden Sie mit Siebenbürgen?

Meine Mutter kam 1989 aus Kleinschelken nach Deutschland, mein Vater 1990 aus Durles. Sie wohnen in Feuchtwangen. Meine Eltern haben versucht, uns Kindern möglichst viel der siebenbürgischen Kultur mitzugeben. Sie haben sich immer auf Sächsisch unterhalten, dementsprechend verstehen wir den Dialekt sehr gut. Wenn meine Mutter siebenbürgisch kocht, dann sitzen auch die Schwiegersöhne gerne mit am Küchentisch. Auch an Feiertagen werden bei uns die siebenbürgischen Bräuche noch gelebt. Als Kinder haben wir auch Reisen nach Siebenbürgen unternommen. Tatsächlich plane ich auch mit meiner Familie eine Reise nach Siebenbürgen. Ich denke, man nimmt mit Anfang 30 Eindrücke anders wahr, als dies als Jugendliche der Fall war. Ich freue mich sehr darauf, auch meiner Tochter die Orte aus Omas Gutenachtgeschichten zu zeigen. Ich finde, es ist wichtig zu wissen, wo man seine Wurzeln hat. Und ich versuche mein Möglichstes, um die siebenbürgische Kultur so lange es geht weiter zu pflegen.

Der nächste Heimattag steht unmittelbar bevor. Was bedeutet Ihnen unser Pfingsttreffen in Dinkelsbühl, das der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland alljährlich veranstaltet?

Mit meinen Eltern habe ich den Heimattag schon als Kind besucht. Auch als Jugendliche war das Feiern in Dinkelsbühl eine feste jährliche Konstante. Da ich mich jetzt als „Dinkelsbühlerin“ bezeichne, bin ich natürlich besonders stolz, dass so viele Siebenbürger Sachsen jedes Jahr in unsere schöne Stadt kommen.

Auf welche Programmpunkte freuen Sie sich persönlich besonders?

Ich freue mich sehr darauf, am Sonntag die Tracht meiner Oma anzuziehen und auf der Tribüne den Festumzug anzusehen. Ein Gänsehautmoment ist aber auch der Fackelzug durch das Segringer Tor zur Gedenkstätte der Siebenbürger Sachsen.

Sind Sie bereits Verbandsmitglied? Vergangenes Jahr wurden Sie zur Vorsitzenden des Freundeskreis Dinkelsbühl-Schäßburg gewählt. Wie kam es dazu?

Ich bin seit Jahren Mitglied bei der SJD (Siebenbürgisch-Sächsische Jugend in Deutschland; die Redaktion). In den Freundeskreis Dinkelsbühl-Schäßburg bin ich durch meine SPD-Mitgliedschaft gekommen. Es ist eine tolle Möglichkeit, sich einerseits für die Stadt zu engagieren, zum Beispiel durch die Organisation des Standes der Partnerstadt am Weihnachtsmarkt. Aber ich kann hier auch die siebenbürgischen Kontakte pflegen.

Welche besonderen Initiativen und Vorhaben wollen Sie mit dem Freundeskreis Dinkelsbühl-Schäßburg mittel- bzw. langfristig realisieren?

Tatsächlich sind wir mitten in den Planungen, einen Schüleraustausch Dinkelsbühler Schüler nach Siebenbürgen zu organisieren. Hierbei ist mir Andrea Rost vom Deutschen Forum in Schäßburg eine große Hilfe. Ich hoffe, durch unsere Projekte das Verständnis und den Austausch der Dinkelsbühler für die Siebenbürger Sachsen zu fördern und zu verbessern.

Sie sind Mutter einer vierjährigen Tochter und bewältigen zudem ein beruflich wie ehrenamtlich vielfältiges Engagement, das bei einem Einzug in den Bayerischen Landtag noch weitergehende Verpflichtungen mit sich bringen wird. Ein Spagat, Balanceakt? Wie groß ist die Herausforderung, Familie und Beruf gut zu vereinbaren?

Das ist eine Frage, die oft gestellt wird, und ich frage mich aber warum. Warum müssen sich Mütter immer noch rechtfertigen, wenn sie arbeiten gehen und/oder sich engagieren? Mein Mann ist im Außendienst beschäftigt und ab und an auf Geschäftsreise. Ihm hat man diese Frage noch nie gestellt, obwohl er sich auch in mehreren Vereinen engagiert.

Es sollte selbstverständlich sein, dass sich Mütter um ihre Familie kümmern und sich ehrenamtlich engagieren können. Das ist auch wichtig für unsere Gesellschaft, nur so werden wir Mütter, junge Frauen gesehen und gehört. Natürlich ist hierbei ein stabiles familiäres Umfeld unverzichtbar. Ein liebevoller Papa, Großeltern und eine Tante, die sich gerne kreativ mit ihrer Nichte beschäftigt.

Im Idealfall ist das auch so. Vielen Dank für das Gespräch und einen eindrucksvollen Heimattag!

Schlagwörter: Landtagswahlen, Bayern, Thamm, SPD, Heimattag

Bewerten:

23 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.