17. September 2024

Vom Sachsen-König zum Kaiser von Österreich!

Professor Dr. Horst Erich König – ein Siebenbürger Sachse mit internationalen Meriten – erhielt die Ehrendoktorwürde der Veterinärmedizinischen Universität Budapest.
Professor Dr. Horst Erich König wurde am 6. ...
Professor Dr. Horst Erich König wurde am 6. September mit der Ehrendoktorwürde der Veterinärmedizinischen Universität Budapest ausgezeichnet. Foto: Fernando Gonzalez
In der ersten Anatomievorlesung, der ich als Student der Tiermedizin an der LMU München beiwohnte, klang in dem Fachlatein des Herrn Professors etwas Sächsisches mit. Obwohl er meistens Latein und nur wenig Hochdeutsch redete und ich kaum was verstand, hörte ich unser ruhiges, bedachtes, siebenbürgisches Sächsisch heraus. Auf meine Frage: „Herr Professor, sen Sah net e wenig sachsesch?“, entgegnete der Herr Professor: „Nai, net a wenig! Ech ben en gunz Sochs!“

Für einen Siebenbürger Sachsen üblich, gewährte Herr Professor König mir und all seinen Studenten und Doktoranden die sächsische Nachbarschaftshilfe, die uns 850 Jahre „Jenseits der Wälder“ überleben hat lassen. Viele seiner ehemaligen Doktoranden sind heute Professoren an renommierten Universitäten „diesseits und jenseits der Wälder“ – sogar des brasilianischen Urwaldes!

Zurück zu den siebenbürgisch-sächsischen Wurzeln und dem unaufhaltsamen Werdegang des nun bajuwarischen Herrn Professors. Der „gunz Sochs“, Horst Erich König, zog aus dem beschaulichen Talmesch, im Karpatenbogen gelegen, hinaus, um die Welt der Wissenschaft zu erobern. Ausgestattet mit der berüchtigten „Brukenthal-Matura“, nahm er direkt Kurs auf die Hauptstadt. Nachdem Horst Erich König an der Veterinärmedizinischen Universität zu Bukarest das nötige Rüstzeug erworben hatte, durchquerte er die Moldau. Tapfer wie einst Stephan der Große, unbesiegbarer Fürst der Moldau, begab er sich als praktizierender Tierarzt auf das Schlachtfeld „Kollektivwirtschaft“.

Aber das kommunistische System mit all seinen Restriktionen zwang ihn zur Aufgabe. Dafür besetzte er Jassy. Als wissenschaftlicher Assistent fand er an der Tierärztlichen Fakultät Jassy seinen großen Lehrmeister und Förderer, Prof. Vasile Coțofan. Es sollten lehrreiche Jahre auf dem Gebiet der Veterinärkunst werden!

Im rumänischen Kommunismus war vieles schlecht, aber nicht die Bildung! Wissenschaftlich bewaffnet bis unter die Zähne, überquerte Horst Erich König, nun als promovierter König, das Land der Madjaren. Sein großer Feldzug endete nicht wie jener von Attila in der Puszta, sondern in der Hauptstadt der Bajuwaren!

Im Land der Bajuwaren nahm unser sächsischer König es gleich mit König Ludwig Maximilian auf! Im geschichtsträchtigen Jahre 1972 marschierte Horst Erich König in München ein und besetzte die berühmte Ludwig-Maximilians-Universität (LMU)! Es war die Zeit, in der sich unsere Wege kreuzten! Allerdings gehörte ich noch zum studentischen Fußvolk. Im Jahre 1992 verließ Horst Erich König als hoch dekorierter Professor das Land der Bajuwaren, um andere Kontinente zu erobern. Er besetzte kurzfristig den südwestlichen Teil Südamerikas, als Professor an der Tierärztlichen Fakultät der Universidad de Conception in Chile.

Zurück in Europa, holte er noch mal zum großen Angriff auf Österreich aus. Als Ordinarius der Veterinärmedizinischen Universität besetzte er als letztes Husarenstück Wien und krönte sich zum Kaiser von Österreich! Auch als hoch dekorierter Offizier der Reserve unternahm Professor König noch einen kurzen Feldzug nach Leipzig. Nicht wie der machtgierige Napoleon, sondern in friedlicher Mission an die Veterinärmedizinische Fakultät der Universität Leipzig. Allerdings hat er von hier eine kleine Beute mitgebracht, den Leipziger Gosenkäse! Eingeweihte wissen, wovon ich spreche.

Der Feldzug von Horst Erich König war bedeutender als der von Napoleon. Er brachte der Menschheit nicht Tod und Verderben, sondern wissenschaftlichen Fortschritt! Dass der König‘sche Feldzug ein friedlicher war, beweisen die vielen Ehrungen, die ihm zuteil wurden. Sein diplomatisches Geschick, seine Freundschaft und die Zusammenarbeit mit internationalen Professoren, Assistenten, Doktoranden und Studenten tragen bis heute zu einer besseren Völkerverständigung bei!

Um alle wissenschaftlichen Bücher und Publikationen aufzulisten, bräuchten wir mindestens zwei Siebenbürgische Zeitungen oder eine Sonntagsausgabe der New York Times. Besonders hervorzuheben ist das Fachbuch „Anatomie der Haussäugetiere“, König/Liebich, Schattauer Verlag Stuttgart. Es wurde in zwölf Sprachen übersetzt und gilt als internationaler Standard in der Veterinärmedizin. Durch dieses Werk hat die Anatomie ihren Schrecken verloren. Die veterinärmedizinischen Studenten dieser Welt müssten sich verneigen, endlich gibt es ein Buch, mit dem selbst das Anatomiestudium Spaß macht.

Die stets höflichen Japaner haben sich schon verneigt, Prof. Dr. Yoshiharu Hasimoto von der Universität Sapporo hat es auch ins Japanische übersetzt. Leider kam es für mich zu spät, dafür lag es öfters neben meinem OP-Tisch zur chirurgischen Orientierung.

Professor König hat auf dem Gebiet der Anatomie Unschätzbares geleistet. Seine Forschungsschwerpunkte waren die Blut- und Nervenversorgung des Säugetiergehirns. Aber auch der Vogel und der Fischsaurier fanden sich in seinen Studien wieder. Einzigartig in seiner Machart ist das Buch „Das Pferd an der Schnittstelle von Wissenschaft und Kunst“, König/Polsterer/Gutgesell, Cuvillier Verlag Göttingen. Es ist für alle Zweibeiner mit und ohne Pferdeverstand sehr lesenswert. Übersetzt ins Englische, hat es bestimmt schon einen Platz im royalen Regal gefunden.

Professor König ist nicht nur der Medizin-, sondern auch der Musikkunst zugetan! Was für ein Glück für die Tiermedizin, dass ein Mitbewerber ihm bei seinem bewerbenden Trompetenvorspiel die Noten versteckt hatte. Er verhinderte eine Musikerkarriere! Mit seinem unermüdlichen Einsatz hätte Horst Erich König es auch vom Trompeter zum Komponisten geschafft.

„In hohen Tönen“ kann man trotzdem von Professor König schwärmen: eine Professur, eine Honorarprofessur, zwei Doktortitel und vier Ehrendoktortitel sind auch schon eine kleine Symphonie!

Zuletzt ein Wort in eigener Sache: Lieber Professor König, ich bedanke mich auf diesem Wege für das Korrekturlesen meiner Dissertation, trotz Ihrer kaputten Brille, und das bei Nacht. Auch danke ich Ihnen, dass Sie die trockene Anatomie mit Ihrem trockenen Humor verbunden haben. Wahrscheinlich war ich der einzige von 200 Studenten, der tatsächlich – für eine Weile zumindest – an dieses Fabelwesen, den Wolpertinger, glaubte, da ich noch nie davon gehört hatte.

Lieber Herr Professor König, ich glaube, im Namen aller Studenten, die Sie ausgebildet haben, zu Ihrem neuen Dr. h.c. der Universität Budapest gratulieren zu dürfen!

Ihr ehemaliger Doktorand

Dr. Hans Mauer

Schlagwörter: Porträt, Tiermediziner, Ehrendoktor

Bewerten:

19 Bewertungen: ++

Neueste Kommentare

Artikel wurde 1 mal kommentiert.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.