1. Juli 2004

Dr. Christian Phleps

Schloss Horneck in Gundelsheim, hoch über dem Neckar gelegen, ist der erste Gemeinschaftsbesitz, den die Siebenbürger Sachsen, fern der Heimat, in Baden-Württemberg erworben haben. Seit über 40 Jahren befindet sich Schloss Horneck als Heimathaus Siebenbürgen im Eigentum des von Siebenbürger Sachsen gegründeten und getragenen Hilfsvereins "Johannes Honterus" e.V. Dessen Vorsitzender ist seit 23 Jahren Dr. Christian Phleps, Nürtingen. Er ist verantwortlich für das Alten- und Pflegeheim und das Wohlbefinden der 120 betagten Landsleute. Auch für die Geschicke der siebenbürgisch-sächsischen Kultureinrichtungen in Gundelsheim fühlt sich der am 2. Juni 1934 in Hermannstadt geborene Zahnarzt verantwortlich. Mit ihm sprach Alfred Mrass, Vorsitzender der Landesgruppe Baden-Württemberg.
Sie sind 1944, als zehnjähriger Junge, mit einem Rucksack auf dem Rücken, zusammen mit Ihren Eltern und Geschwistern aus Hermannstadt geflohen. Welches waren die Stationen der Flucht bis nach Nürtingen?

Nach dem 23. August 1944 entschlossen sich meine Eltern zur Flucht, um der drohenden Deportation meiner älteren Brüder zu entgehen. Notaufnahme fanden wir auf dem großelterlichen Gut in Kärnten und bei Verwandten in Salzburg: Mein Vater arbeitete zunächst in der Flüchtlingsbetreuung in Wien. Nach Kriegsende hatte er die Chance, als Arzt in Württemberg neu anzufangen.

Sie haben sich schon sehr früh für die Belange der Siebenbürger Sachsen eingesetzt. Geht das auf Ihr Elternhaus oder auf die damals junge Landsmannschaft zurück?

Die prägenden Einflüsse entstanden sowohl im Elternhaus als auch durch die Jugendarbeit im Hilfskomitee und in der Landesgruppe Berlin der Landsmannschaft sowie durch Begegnungen im Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde.

Das Alten- und Pflegeheim ist ein Wirtschaftsbetrieb, der sicher spitz kalkulieren muss. Wie kann man die ständigen Renovierungskosten finanzieren, wie konnte man in den Jahren 1995 bis 2000 den Ausbau zum Pflegeheim bezahlen?

Beim Aufbau des Heimathauses Siebenbürgen in den sechziger Jahren war neben Oskar Kraemer, Richard Langer, Julius und Erwin Wonner auch mein Vater Dr. Erich Phleps beteiligt. Er hatte auch viele Jahre den Vorsitz im Hilfsverein inne. Den Wirtschaftsbetrieb Altenheim baute Richard Langer als Geschäftsführer durch kaufmännisch geschickte Strategien und konsequente Betriebsorganisation auf. Auf dieses Fundament können wir heute in der zweiten und dritten Generation weiter bauen.
Im Heim sind zurzeit rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, davon mehr als die Hälfte im Pflegedienst. Die Finanzierung erfolgt ausschließlich durch die Heimkostenentgelte der Heimbewohner, darin sind auch die "Investitionskosten" enthalten, mit denen Renovierungen und Reparaturen zu bestreiten sind. Lediglich für den Neubau des Pflegeheims gab es Zuschüsse bzw. günstige Darlehen vom Land, dem Kreis, der Diakonie und aus Lottomitteln. Eine Bausteinaktion brachte zudem beträchtliche "Eigenmittel". Dennoch werden uns die Zins- und Tilgungslasten der Bankkredite noch über Jahrzehnte belasten.

Sie sagten kürzlich in einem Vortrag in Stuttgart, das Heimathaus Siebenbürgen sei das einzige Alten- und Pflegeheim innerhalb des Diakonischen Werkes in Württemberg, das ehrenamtlich geführt wird und keinen hauptamtlichen Geschäftsführer hat. Wie funktioniert das?

Wir haben das Glück, dass sich im geschäftsführenden Vorstand einsatzbereite und fachlich qualifizierte Landsleute engagieren, die die einzelnen Bereiche wie Finanzen, Organisation, Personal, Bau und Investitionen, Öffentlichkeitsarbeit schwerpunktmäßig versehen und die übergreifenden Entscheidungen gemeinsam treffen. Dem geschäftsführenden Vorstand steht dabei der "Gesamtvorstand" beratend und hilfestellend zur Seite. Um den Eindruck zu verwischen, ich wäre der "Macher", möchte ich hier einige Landsleute nennen, die sich in Vergangenheit und Gegenwart mit Aufopferung zur Verfügung gestellt haben: Hans Wächter, Wilhelm Keul, Max Copony, Kurt Rhein, Helmut Bonfert, Martin Durst, Hans Artz, Berndt Schütz u.v.a.
Zur Leitung des Hauses sind qualifizierte Fachkräfte (auch Siebenbürger Sachsen) hauptamtlich tätig, so die Leiterin der Geschäftsstelle in Stuttgart, der Verwalter und Heimleiter, die Pflegedienstleiterin.

Welches ist die aktuelle Belegung des Heimes, welches sind die Heimkostensätze, gibt es Wartezeiten bei der Aufnahme?

Von den etwa 120 Heimbewohnern sind zwei Drittel Pflegebedürftige und ein Drittel gesunde Betagte. Je nach Pflegestufe betragen die vom Landeswohlfahrtsverband festgelegten Heimkostensätze zwischen 1 500 und 2 800 Euro monatlich. Individuelle Auskünfte, Aufnahmedetails und Finanzierungsformen sind in unserer Geschäftsstelle in Stuttgart, Telefon: (07 11) 2 62 33 44, zu erfragen.

Die Gründerväter des Hilfsvereins "Johannes Honterus" haben von Anfang an dem Heimathaus Siebenbürgen neben seiner sozialen Funktion auch eine kulturelle zugewiesen. Dadurch haben sie den ideellen und materiellen Grundstein des jetzigen Kulturzentrums gelegt. Wie unterstützt der Verein heute die rechtlich selbständigen kulturellen Einrichtungen auf Schloss Horneck?

Vor allem durch die kostenfreie Überlassung der Räume für Bibliothek und Museumsschausammlung im Schlossgebäude; lediglich Nebenkosten für Strom, Wasser, Heizung werden berechnet. Mitarbeiter der Institute, Praktikanten und zeitweise dort arbeitende Wissenschaftler können kostengünstig im Heim zu Mittag essen. Schließlich sind die Heimbewohner als "Erlebnisgeneration" wichtige lebende Auskunfteien.

Sind Sie mit der jetzt gefundenen Lösung bezüglich des Siebenbürgischen Museums zufrieden? Es gibt Kritiker, die sich für eine Verlagerung nach Ulm ausgesprochen hätten. Weshalb ist der "Verbleib in Gundelsheim" nach Ihrer Meinung die bessere Lösung?

Das Siebenbürgische Museum in Gundelsheim ist mit seinen großartigen Exponaten unbestritten das beste Museum aller Heimatvertriebenen. Die angedachte Verschmelzung oder auch nur Angliederung an das Donauschwäbische Museum in Ulm oder das Museum für Europäische Kulturen in Berlin hätte zum Verlust dieses Ausdrucks unserer siebenbürgisch-sächsischen Identität geführt. Auch wäre dies gegenüber allen Spendern, Förderern und Landsleuten in aller Welt nie zu vertreten gewesen. Das Museum ist aber nur mit staatlicher Finanzierung zu bewahren, und so bin ich mit der jetzt erreichten Regelung zufrieden, wenn auch das enorm abgespeckte Budget die Spielräume sehr einschränkt und nach Eigeninitiativen der Landsleute ruft. Letzteres gilt auch für das Siebenbürgen-Institut und seine wissenschaftliche Bibliothek, wo eine existenzielle Notlage droht.

Was empfehlen Sie den Kreisgruppen unserer Landsmannschaft und überhaupt unseren Landsleuten bezüglich der Unterstützung von Gundelsheim?

Engagieren Sie sich in den Fördervereinen und der Stiftung von Museum und Bibliothek und organisieren Sie Ausflüge der Kreisgruppen, aber auch Geburtstagsfeiern, Klassentreffen, HOG-Veranstaltungen etc. im Heimathaus Siebenbürgen, das sich für alle gerne öffnet! Anmeldungen erbitten wir bei der Verwaltung des Heimathauses, Telefon: (0 62 69) 42 12-0, und dem Museum, Telefon: (0 62 69) 42 23-0.

Ich danke Ihnen für das Gespräch und wünsche Ihnen weiterhin Gesundheit und alles Gute.

Schlagwörter: Interview, Kultur

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