1. Oktober 2002

Robert C. Schwartz

Robert C. Schwartz (46) arbeitet für die Rumänische Redaktion des Senders Deutsche Welle in Köln, wo der Lehrer und Journalist nach seiner Ausreise nach Deutschland im September 1990 auch lebt. In dem folgenden Gespräch mit Robert Sonnleitner schildert Schwartz seinen Weg zur Deutschen Welle und gibt Auskunft über das Programmangebot der Rumänischen Redaktion, die der gebürtige Hermannstädter seit dem 1. August 2002 leitet.
Herr Schwartz, welchen Auftrag hat die DW?

Der Auftrag der Deutschen Welle ist gesetzlich definiert: "Die Deutsche Welle veranstaltet Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen) für das Ausland... Die Rundfunksendungen der Deutschen Welle werden sowohl in deutscher Sprache als auch in Fremdsprachen verbreitet... Die Sendungen der Deutschen Welle sollen den Rundfunkteilnehmern im Ausland ein umfassendes Bild des politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens in Deutschland vermitteln und ihnen die deutschen Auffassungen zu wichtigen Fragen darstellen und erläutern..."

Auf welche Inhalte setzt die Rumänische Redaktion der DW?

Wir bieten täglich Nachrichten, eine deutsche und eine internationale Presseschau, ein Funkjournal mit deutschen, europäischen und internationalen - überwiegend politischen - Themen. All das ist eingebettet in Informationen aus und über Rumänien. Hinzu kommen die Rubriken Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft, Technik, Sport u. a. Musik senden wir auch, nicht nur in unserem Jugendmagazin.

Wie finanziert sich der Sender?

Die DW ist ein öffentlich-rechtlicher Sender, aber als Auslandssender der Bundesrepublik wird er nicht über die Rundfunkgebühren finanziert, sondern aus dem Kulturetat der Bundesregierung.

Sie sind in Hermannstadt geboren und aufgewachsen. Erzählen Sie uns bitte etwas über Ihren schulischen und beruflichen Werdegang in Siebenbürgen bzw. Rumänien.

Für mich bleibt Hermannstadt der "Nabel der Welt", obwohl ich 18-jährig meinen Geburtsort verlassen habe und nie wieder "endgültig" zurückgekehrt bin. Das interkulturelle Hermannstadt hat mich geprägt: Elternhaus, Freunde, 16-er Schule, Brukenthal-Gymnasium u.v.a.m., was zu einer glücklichen Kindheit gehört. In Bukarest habe ich Germanistik und Anglistik studiert, daneben aber auch Musik, Radio, TV und Film "gemacht", und zwar nicht nur als Hobby, sondern professionell.
Nach meinem Studium (1979) wurde ich nach Rusetu-Buzau als Lehrer zugeteilt, wo ich alles Mögliche hätte unterrichten sollen, nur nicht Deutsch und Englisch. Daher weigerte ich mich, die Stelle anzutreten. Für meinen "Ungehorsam" musste ich eine hohe Geldstrafe zahlen (drei durchschnittliche Monatsgehälter). Mit Nebenjobs habe ich mich recht gut in Bukarest durchgeschlagen. Januar 1981 trat ich eine Stelle als Hilfslehrer an. Die Deutsche Schule Bukarest wurde "meine große Liebe".
Nach der Wende im Dezember 1989 wählten mich Lehrerkollegium und Schülervertreter zum Direktor dieser Schule. Außerdem wurde ich als Vertreter der Deutschen in Bukarest in das provisorische Parlament (CPUN) berufen.

Sie hatten also in Bukarest eine wichtige Position inne. Wieso haben Sie das alles aufgegeben?

Im September 1990 war die Zeit reif für die Ausreise nach Deutschland und eine neue berufliche Herausforderung. Journalismus in einer funktionierenden parlamentarischen Demokratie, das wollte ich zumindest einmal erlebt haben.

Wieso gerade zur Rumänienabteilung der DW?

Die DW hatte mich schon früh fasziniert. Hinzu kommt meine Vorliebe für Böll - meine Staatsarbeit schrieb ich über das Humanitätsideal bei Böll. DW und Böll gehörten zu Köln wie Dom und Rhein. Im Dezember 1991 begann ich ein Praktikum bei der DW, bewarb mich um die Stelle eines Nachrichtenredakteurs in der Zentralredaktion - und war am 1. April 1992 drin! Im September 1994 wechselte ich in die Rumänische Redaktion, als hier die Stellen des Leiters und seines Stellvertreters frei geworden waren. Als Leiter kam der bekannte Publizist Emil Hurezeanu von Free Europe (Radio Europa Libera) - auch ein Hermannstädter - und ich wurde sein Stellvertreter. Jetzt sucht Emil Hurezeanu sein Glück in der alten Heimat und ich leite die Redaktion.

Welche Themen behandelt Sie in Ihren Sendungen?

Die Thematik ist breit gefächert. Schwerpunkte sind Infos aus und über Deutschland, vor allem, wenn es um Außenpolitik, um NATO und EU geht. Daneben aber auch Deutschland als Reiseland, die Wirtschaft in Deutschland, Kultur oder das Leben in Deutschland.

Gibt es Sendungen bzw. Themen mit siebenbürgisch-sächsischem Hintergrund?

Wir behandeln diesen Themenkreis ziemlich oft und können auf eine gute Zusammenarbeit mit der Siebenbürgischen Zeitung zurückblicken - Gruß an dieser Stelle an den Chefredakteur Siegbert Bruss. Kulturthemen stehen hier im Vordergrund, in letzter Zeit eine "Serie" über die beiden Romane des wohl bekanntesten (und wahrscheinlich bedeutendsten) siebenbürgisch-sächsischen Autors Eginald Schlattner. Mit den Berlinern Johann Schöpf von der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen und Ernst Meinhardt von der Landsmannschaft der Banater Schwaben haben wir bereits mehrere interessante Projekte gemeinsam verwirklicht. Die Liste ließe sich beliebig erweitern. Darüber hinaus erscheint demnächst im Internet die Rezension einer interessanten Forschungsarbeit über den guten alten "Neuen Weg", die heutige ADZ.

Wann sendet die DW ihre Sendungen in rumänischer Sprache?

DW-Radio/Rumänisch sendet zweimal täglich: um 10.30 - 11.30 Uhr bzw. um 13.00 - 14.00 Uhr MEZ.

Wie kann man diese Sendungen empfangen?

Auf Kurzwelle im 22-m-Band (13790 kHz) und 25-m-Band (11655 bzw. 11865 kHz). Allerdings gibt es Ende Oktober neue Frequenzen, die wir auf unserer Webseite bald bekannt geben. Empfangen kann man uns auch über die Satelliten ASTRA 1A, HOTBIRD 5, ASIASAT 2 und INTELSAT 707. Genaue Angaben stehen auch auf unserer Webseite.

Sind die von der Rumänischen Redaktion produzierten Sendungen über das Internet zu empfangen?

Wir haben ein umfangreiches Online-Paket. Die Sendungen sind "auf Abruf" (Audio-On-Demand) hörbar, den Real-Player kann man sich kostenlos "downloaden" unter www.dw-world.de/romanian.

Bei Radio Free Europe wurden Kapazitäten zusammengestrichen. Droht dieses Schicksal auch der DW?

RFE ist aus München nach Prag gezogen, da hat es schon gewaltige Veränderungen gegeben. Wir ziehen Ende 2003/Anfang 2004 nach Bonn, da sind die Veränderungen hoffentlich nicht so massiv. Die DW hat in den letzten Jahren auch ziemlich sparen müssen, sowohl an Geld als auch an Personal, aber mit dem Abbau bei RFE kann man das nicht vergleichen. Wir senden immerhin noch in 31 Sprachen!

Als Hermannstädter wurden Sie Bukarester. Sind Sie nun voll integrierter Bundesbürger?

Hermannstädter, Bukarester, Bundesbürger? Was soll das? Weshalb nicht Europäer? Wer aus einer interkulturellen Gesellschaft kommt, findet in jeder anderen interkulturellen Gesellschaft seinen Platz. "Es ist soviel Energie in der Welt, als Hoffnung darin ist", sagte einmal Albert Schweitzer.

Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.

Schlagwörter: Interview, Medien

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