25. April 2008

Peter Weber: deutscher Ornithologe der alten Heimat

Einer der wohl letzten in den Fachkreisen weit bekannten deutschen Ornithologen Sieben­bür­gens verstarb unerwartet Ende März im Alter von 61 Jahren in seiner Heimatstadt Mediasch, in der er am 27. Oktober 1947 geboren wurde. Als das EU-Informationszentrum in Mediasch am 27. März eröffnet wurde, war Dr. Peter Weber seit zwei Tagen nicht mehr in seinem Büro im Stadtmuseum erschienen. Die Polizei fand ihn leblos in seiner Wohnung. Vermutlich ist er einem Schlaganfall erlegen.
Der im Ruhestand lebende ehemalige Mu­seumsdirektor entstammte einer angesehenen Kauf­manns- und Unternehmerfamilie, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Folge der „sozialistischen Verstaatlichung und Industrialisierung" 1948 enteignet wurde. Dennoch gelang es den Eltern Paul und Helene Weber in den nachfolgenden entbehrungsreichen Jahren, dem Jun­gen eine gute Erziehung und Bildung angedeihen zu lassen. Nach Besuch der Grundschule und Absolvieren des Gymnasiums in seiner Va­terstadt (mit Abitur) studierte er an der re­nommierten Klausenburger Universität Bio­logie und Geographie. Seine Diplomarbeit (1970) mit dem Titel „Passeriformesarten (Sperlingvögel) im Kreis Hermannstadt“ wurde mit der Höchst­note 10 bewertet.
Dr. Peter Weber (1947-2008) ...
Dr. Peter Weber (1947-2008)
Es folgten fünf Jahre als Biologielehrer an der Deutschen Abteilung der Allgemeinschule Pre­tai. Hier studierte er in der Freizeit die Vogel­welt seiner näheren Heimat, schrieb und veröffentlichte 1970 in Bukarest seine erste Arbeit un­ter dem Titel: „Brütet der Morellenregen­pfei­fer im Fogarascher Gebirge?“. In dieser Zeit be­suchte er – wie damals üblich für Akademiker – auch die Offiziersschule in Lippa (Lipova im Ba­nat), die er 1974 als Unterleutnant abschloss. Seine große Liebe galt jedoch immer der „scientia amabilis“ (der liebenswürdigen Biologie), al­so der naturkundlichen Erforschung seiner sie­ben­bürgischen Heimat. 1975 wechselte er aus diesem Grund vom Lehramt zum Museum seiner Vaterstadt Mediasch, wo er als Leiter der Natur­kundeabteilung bis 1989 tätig war. In der Zeit­spanne 1975 bis 1985 erweiterte er seine Fach­kenntnisse durch das Studium der Museo­logie (mit Abschluss 1985). Nach dem Sturz der Ceaușescu-Diktatur wurde er 1990, auch dank seiner anerkannten Erfolge im Kultur- und So­zial­bereich, zum Parlaments­abge­ord­neten des Regierungsbezirkes Her­mannstadt als unabhängiger Abgeordneter (ohne Parteizugehö­rigkeit) in die Abgeord­netenkammer Bukarest gewählt, um ein Jahr darauf zum Vorsitzenden des Umweltaus­schusses des Parlaments der Repu­blik Ru­mänien ernannt zu werden.

Nach der so genannten Revolution in Ru­mä­nien übersiedelte seine Ehefrau samt Toch­ter Petra nach Deutschland. Dr. Weber verblieb in der alten Heimat, gemäß seinem Bekenntnis: „Arbeitslose Biologen gibt es genügend in Deutschland, ich wäre dort einer zuviel!“ 1993 erhielt er die Berufung zum Direktor des Stadt­museums Mediasch.

Schon ab 1991 arbeitete er als Doktorand der Universität Babeș-Bolyai Klausenburg an seiner Dissertation „Ökologisch-avifaunistische Stu­die des Vogelschutzgebietes Histria“. 1994 wur­de er zum Lektor an der Ökologiefakultät der Universität Hermannstadt berufen. Da so­wohl politisch als auch beruflich sehr in An­spruch genommen, verteidigte er seine Disser­tation zum Dr. rer. nat. mit zeitlicher Ver­schiebung 1998, die 2000 als Buch erschien.

Was den rumänischen Ornithologen bis dahin als Wunschtraum vorschwebte, die Gründung einer Gesellschaft der Vogelkundler Rumäniens, gelang Dr. Weber 1990 in Mediasch; er war auch langjähriger Sekretär derselben. Seine reiche publizistische Tätigkeit (mehrere Fach­bücher, über 500 Artikel veröffentlicht in Ru­mänien, Deutschland, Österreich, England, Finn­land, Slowakei, USA etc.) sowie zahlreiche Fachvorträge in Rumänien (weit über 500) und im Ausland (über 20) machten ihn im Kreise der Fachwelt bekannt und geschätzt. Was den siebenbürgischen Ornithologen wie A. v. Spieß (1864-1953), R. Jacobi (1901-1972) u. a. nur an­­satzweise gelang, konnte Weber mit Bravour rea­lisieren: In dem von ihm gegründeten Fe­rien­lager für junge Freunde der Ornithologen­ge­sellschaft verbuchte er hervorragende Vogel­be­rin­gungsaktionen. Allein in der Zeitspanne 15. bis 24. August 1999 wurden 1036 Vögel im Do­nau­delta (seinem Lieblingsarbeitsbereich) be­ringt.

Dr. Weber war auch aktives Mitglied zahlreicher internationaler Gesellschaften, wie: Deut­sche Ornithologische Gesellschaft, Monticola - Gesellschaft für Alpenornithologie, Internat. Association Bear Research & Management, de­ren wissenschaftliche Veranstaltungen er in Un­garn, Österreich, Deutschland, Schweiz, Italien, Slowenien, Kenia und Brasilien besuchte. Als begeisterter Jäger widmete er sich auch der Er­forschung der Biologie des Braunbären der Kar­paten und veröffentlichte diesbezüglich wert­volle Erkenntnisse. In Italien hielt er z. B. zwei Vorträge über diese Art (an der Fach­hoch­schule Tramin und in Bozen) anlässlich einer Aktion zur Unterstützung der Braunbä­ren­an­sied­lung im Brenta-/ Adamellogebiet, deren Er­folg und Sinn ihm schon damals zweifelhaft er­schien, wie er dem Autor dieser biographischen Rückschau seinerzeit schriftlich mitteilte. Seine Warnungen sollten sich bewahrheiten, u. a. durch die so genannten „Müllbären“ von Kron­stadt und den „Fall Bruno“.

Die Ornithologische Gesellschaft Rumäniens, deren Begründer er war, hat das Leben und Wirken dieses verdienstvollen Menschen und Wissenschaftlers gewürdigt. Ein Fachmann und Freund des Verstorbenen äußerte die tief empfundenen Worte: „Ein menschlich großer, be­scheidener Mann ist von uns gegangen, einer, der mit und für die Natur lebte.“ (Georg)

Rudolf Rösler

Schlagwörter: Nachruf, Wissenschaft, Naturwissenschaften, Mediasch

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