22. Februar 2009

Karl Fronius: Ein Leben für die Holzbearbeitung

Nach einem erfüllten Leben ist Dipl.-Ing. (FH) Karl Fronius, Direktor i. R. des Lehrinstitutes der Holzwirtschaft und Kunststofftechnik in Rosenheim, am 22. Januar im Alter von 91 Jahren aus dem Leben geschieden. Der Landsmann war ein international anerkannter Experte der Säge­werkstechnik, überdies ein ausgezeichneter Pädagoge. Unter seiner langjährigen Leitung erlangte das Lehrinstitut für Holzwirtschaft und Kunststofftechnik internationales Renommee. Der Träger des Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutsch­land engagierte sich auch in ehrenamtlicher Leitungsfunktion in der Kreisgruppe Rosenheim.
Karl Fronius wurde 1917 in Prösen, in Mittel­deutschland geboren, wohin seine Mutter 1916 geflohen war und Zuflucht bei ihren Eltern (einer Pfarrersfamilie) gefunden hatte. Als die Rumä­nen aus dem Altreich überraschend in Sieben­bürgen einfielen, das damals zu Österreich-Ungarn gehörte, verließen viele Siebenbür­ger Sachsen das Land. Zu der Zeit stand sein Vater als k. u. k. Rittmeister im Feld. Sein Großvater väterlicherseits wurde in Meschen geboren, war Direktor der Mediascher Mädchenschule und wurde als Pfarrer nach Czernowitz (damals Bukowina, heute Ukraine) gewählt. Nach dem Ersten Weltkrieg lebte sein Vater mit seiner Familie als Säge- und Forstbetriebsleiter von verschiedenen Holzbetrieben des Foresta-Kon­zerns zeitweilig in Altrumänien (Muntenien und Moldau) und zuletzt in Sächsisch-Regen (Reen).

Karl Fronius (1917-2009) ...
Karl Fronius (1917-2009)
Somit war seine Person mit dem Werkstoff Holz eng verwurzelt und sein Lebensweg bereits in der frühen Jugend geprägt. Dem Schul­besuch, teilweise in Eisleben, Altrumänien und Siebenbürgen, folgten Lehre und Fachaus­bil­dung in der Holz- und Sägewerkstechnik. Er praktizierte in verschiedenen Holzverarbeitungsfir­men und machte eine Tischlerlehre in Reen. Als Praktikant arbeitete er 1938 bei der Mediascher Fahrradfabrik „Ideal“ (Schembra), weil er damals ein Maschinenbaustudium anstrebte. Fro­nius hatte im Zuge seiner Einberufung zum rumänischen Militärdienst Einsätze in Bessarabien und in der Moldau, bis er 1940 krankheitshalber aus dem Heer entlassen wurde. 1941 begann er sein Studium am Holztechnikum in Rosen­heim (heute: Lehrinstitut der Holz- und Kunst­stofftechnik). Mit dem kriegsbedingten vorläufigen Abschluss als Holztechniker (1943) wurde er zur Wehrmacht eingezogen und hatte als Lei­ter eines Sondereinsatzes in der UdSSR, Polen und Rumänien Sägewerke einzurichten und zu betreiben. In Mărășești in der Moldau erlebte er den Frontwechsel Rumäniens mit anschließender Flucht über die Karpaten nach Grünau in Oberösterreich und wurde von dort als „Reichs­deutscher“ ausgewiesen. In der Folgezeit erwarb er in Rosenheim über ein 5. Studiensemester, das er mit Auszeichnung als Promotionsbester beendete, den „Ingenieur der Holzindustrie“. Berufen als Fachlehrer für Sägewerkstechnik in Berleburg, legte er den Grundstein für seine weitere so erfolgreiche Lehrtätigkeit in der Holz­industrie.

1948 übersiedelte er in gleicher Eigenschaft nach Rosenheim und wurde schon bald vom Vor­stand des Vereins „Berufsfachschule der Holz­wirtschaft“ zum Schulleiter berufen. Im selben Jahr ehelichte er Margit, geborene Wirsig. Der Ehe entstammen die beiden Töchter Jutta, Ärztin und Mutter dreier Kinder, und Dagmar, Diplom-Ernährungswissenschaftlerin. Ab 1956 wurde er zum Leiter und später zum Direktor des Lehr­instituts für Holzwirtschaft und Kunststofftech­nik e.V. ernannt, dem er 35 Jahre, bis zu seinem Renteneintritt 1983, vorstand. Wenn Fachleute vom „Sägepapst“ sprechen, so ist Karl Fronius gemeint. Sowohl die Fachhochschule, deren ältester und bedeutendster Fachbereich dem Werkstoff Holz treu geblieben ist, als auch die staatliche Techniker­schule und das Lehrinstitut für Holz- und Kunst­stofftechnik haben dazu beigetragen, dass Rosenheim als „Holzstadt“ und „Hochschulstadt“ bekannt wurde.

Seine Tätigkeiten als freier Fachberater und als vereidigter Sachverständiger führten ihn in viele Länder. Studienreisen in alle europäischen Staaten, nach Asien, Süd- und Nordamerika und Afrika dienten zur Bereicherung seines politischen, kulturellen und fachlichen Wissens. Dem Autor verschiedener Fachbücher der Sägewerks­technik, die auch heute noch als Standardwerke gelten, Gastdozent in Chile und Organisator von Fachseminaren für die Sägewerksindustrie im In- und Ausland blieb wenig Zeit für sich selbst. Auch im Ruhestand hielt er Vorträge. In Rumä­nien, z. B. an der Universität in Kronstadt, sprach er dabei als Einleitung und zum Schluss immer einige rumänische Sätze.

Nach seiner Pensionierung war Fronius als Berater, Planer und Gutachter für die Sägein­dustrie gefragt und geschätzt. Dabei blieb er als Mensch, der sich unter seinen „Saglern“, aber auch unter seinen Landsleuten aus Siebenbürgen stets am wohlsten fühlte, immer bescheiden. Es ist auch nicht verwunderlich, dass er als Holz­fachmann für das Heimatbuch „Sächsisch Regen – Die Stadt am Berge“ (1991) einen wesentlichen Beitrag leistete. Seine Verbundenheit mit der alten Heimat Siebenbürgen dokumentieren meh­rere Arbeiten über die rumänischen Sägewerks­betriebe. Dazu hat er wertvolles Fotomaterial über die Holzbetriebe gesammelt. Als langjähriger Mitarbeiter der Zeitschrift für Unternehmer und Führungskräfte, dem Holz-Zentralblatt, die in über 60 Ländern gelesen wird, veröffentlichte er auch diverse kritische Artikel, z. B. über Rumäniens Holzwirtschaft.

Seine große Lebensleistung wurde durch meh­rere Fachauszeichnungen und bis hin zum Bun­desverdienstkreuz am Band geehrt. Fronius erhielt u. a. den Goldenen Ehrenring der IHK München für jahrelange Ausbildung und Prüfung von Sägewerks-Facharbeitern sowie die Verdienstmedaillen in Silber und Gold des Bayeri­schen Holzindustrieverbandes. Er war aktiv an der Veranstaltung von drei internationalen Säge­werkskongressen in Mün­chen beteiligt und hat auf zahlreichen nationalen und internationalen Fachkongressen referiert. Von 1953 bis 1972 war Fronius Delegierter der Bundesrepublik auf den ECE-Fachtagungen der Sägeindustrie in Genf (ECE = Wirtschaftskommission für Europa der Ver­einten Nationen).

Karl Fronius hat sich immer zu seiner Heimat Siebenbürgen bekannt, die er oft als Tourist oder Fachexperte bereiste. Er ist immer genügsam und zurückhaltend geblieben, wollte nie im Vor­dergrund stehen. Als Naturliebhaber war er mit Wald und Forst eng verbunden. Er liebte nicht das große Treiben, dazu war er beruflich, auch im Ruhestand, viel zu beschäftigt. Den Lebens­abend verbrachte das Ehepaar Fronius zuletzt im Caritas Altenheim St. Franziskus in Kolber­moor (Landkreis Rosenheim). Als langjähriger stellvertretender Vorsitzender der Kreisgruppe Rosenheim hatte Karl Fronius für die Anliegen seiner Landsleute immer Ver­ständnis und half mit Rat und Tat. Seit Kriegsen­de in Rosenheim, suchte er Kontakte zu seinen Landsleuten herzustellen und zu pflegen. Durch die Teilnahme an politischen und kulturellen Veranstaltungen des Bundes der Vertriebenen (BdV) konnte sich die kleine Gruppe der Sieben­bürger Sachsen im Landkreis Rosenheim um einen engeren Kern scharen und traf sich oft in den Räumen des Lehrinstitutes. 1973 wurde die Kreisgruppe gegründet. Fronius übernahm einige Funktionen, zunächst als Kassenprüfer, dann als Beisitzer, später war er stellvertretender Vorsitzender der Kreisgruppe. Von 1991 bis 1996 hatte Fronius den Vorsitz inne. Dank seines Engagements organisierte die Kreisgruppe Reisen und Vorträge, wurde die Öffentlichkeits­arbeit unterstützt und die kirchliche Zusam­men­arbeit vertieft. Durch seine Ehefrau, die auch von der Vertreibung aus der Heimat betroffen war, knüpfte er enge Kontakte zu der Sudeten­deutschen Landsmannschaft. Großen Gefallen hatte das Ehepaar Fronius an den Vorführungen der Tanzgruppe und des Chors unserer Kreis­gruppe, an Theaterstücken in sächsischer Mund­art, Reisen, Grillfesten etc.

Als Mitglied und Mitbegründer des lokalen Vereins „Die Geschichtliche Information“ hat er einen wesentlichen Beitrag geleistet, dass 1994 die Ausstellung „Die Deutschen im Osten“ im Rosenheimer Lokschuppen stattfinden konnte. Auch bei der Organisation der begleitenden kulturellen Veranstaltungen war er sehr aktiv. Fro­nius pflegte gute Kontakte zum BdV, zu anderen Kreisgruppen, zu Behörden und Politikern. Besonders gute Verbindungen pflegte er zu den Russlanddeutschen. Wenn es um Hilfsaktionen im Ostblock ging, half der Landsmann stets mit Rat und Tat.

Auch bei der Gestaltung und Einweihung des Heimatkreuzes für Vertriebene durch den BdV an der Gedenkstätte am Rosenheimer Friedhof war sein Einfluss wegweisend. Als Vertreter der Erlebnisgeneration der schweren Kriegs- und Aufbaujahre war er stets bestrebt, den Zusam­menhalt der Landsleute zu fördern. Oft sprach er neu angekommene Spätaussiedler aus Sie­benbürgen an und befragte sie nach den Zustän­den in der alten Heimat und über ihre Zukunfts­pläne in Deutschland. Einige Aussiedler durften an Weiterbildungsmaßnahmen für Fachkräfte der Holzindustrie an „seinem Lehrinstitut“ kostenlos teilnehmen.

Spannend waren seine gut dokumentierten Vorträge über fremde Länder, die er besucht hatte, und er erntete viel Beifall von unseren Landsleuten, wenn er, mit trocknem und unterschwelligem Humor, Episoden aus seiner Lehr- und Militärzeit in Siebenbürgen wiedergab.

Der Aufbau des Lehrinstitutes in Rosenheim war für Karl Fronius eine Lebensaufgabe. Er hat das Institut aus kleinsten Anfängen und unter bescheidenen Verhältnissen zu einer international anerkannten Aus- und Weiterbil­dungsstätte für die Holzwirtschaft gemacht. Als Vermittler zwischen West und Ost war er stets ein Fürsprecher für gute Beziehungen insbesondere zu den europäischen Nachbarländern. Als Folge der weltweiten Anerkennung hat das Lehrinstitut der Holzwirtschaft und Kunststoff­technik Rosenheim, in Kooperation mit dem Verband der Deutschen Säge- und Holzindustrie e. V., Mitte Februar 2009 den 4. Internationalen Kongress der Säge- und Holzindustrie in Rosen­heim abgehalten.

Ein weltweit anerkannter Fachmann und Wis­senschaftler, ein herausragender Pädagoge und Mensch ist von uns gegangen. Wir werden seiner in Würde gedenken und ihn in dankbarer Erinnerung behalten.

Erwin Schuster

Schlagwörter: Wissenschaft, Nachruf

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