16. März 2009

Dr. Jürgen Gündisch: Top-Jurist und engagierter Hamburger Bürger

Er macht kaum Aufhebens von sich, doch er gehört zu den herausragenden Persönlichkeiten von Hamburg, als Jurist ebenso wie als Politiker und Verfassungsrichter. Er wird als ein „Mann des Wortes und der Sprache, der den fachlichen Diskurs liebt“ charakterisiert und bleibt als strenger, aber aufrichtiger und fürsorglicher Ausbilder und Prüfer angehender Juristen in Erinnerung. Er ist in Dresden geboren, in Budapest aufgewachsen und in Hamburg groß geworden, aber ein Siebenbürger Sachse geblieben, der sich gern zu dieser Herkunft bekennt. Er ist eine Persönlichkeit, auf die unsere Gemeinschaft stolz sein kann.
Der Sohn des Rechtsanwalts und siebenbürgischen Abgeordneten im ungarischen Parlament Dr. Guido Gündisch wurde am 26. Februar 1929 in Dresden geboren, woher seine Mutter, eine geborene Baum (Familie des Bundesinnenminis­ters Gerhard Baum), stammte. Seine beiden Brü­der fielen im Zweiten Weltkrieg, seine Schwes­ter lebt in Freilassing. Jürgen Gün­disch wuchs in Budapest auf, besuchte dort eine ungarische evangelische Grundschule und ein deutsches Gymnasium. Kurz bevor die Rote Armee Buda­pest im Dezember 1944 umschloss, floh die Fa­milie zur Großmutter nach Dresden, wo sie den Luftangriff vom 13. Februar 1945 überlebte. Anschließend ging es weiter in die amerikanische Besatzungszone Österreichs. Da Österreich keine Flüchtlinge aufnehmen wollte, zog die Familie im Sommer 1946 nach Deutschland. In Ulm besuchte er das Gymnasium und machte dort 1947 sein Abitur und studierte anschließend in München und Tübingen Rechtswissenschaft; 1951 bestand er dort sein Referendarexamen. 1952 erhielt er ein Stipendium und studierte ein Jahr an der Harvard Law School in Cambridge/ Mas­sa­chusetts, wo er 1953 den akademischen Grad eines Masters of Laws (LL.M.) erwarb.

Nach seiner Rückkehr arbeitete Jürgen Gün­disch am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Tübingen, promovierte 1954 und bestand 1956 sein Asses­sorexamen. Mit dem Institut übersiedelte er 1956 nach Hamburg, arbeitete weiter als Assistent, trat aber auch in die Hamburger Anwaltssozie­tät Modest & Partner, heute Graf von Westpha­len, ein. 52 Jahre lang gehörte er dieser renommierten Anwaltskanzlei an, in der er Partner wurde. Diese Kanzlei ist heute eine überörtliche Sozietät mit ca. 160 Anwälten. Gündisch hat 1990 maßgeblich am überörtlichen Zusammen­schluss der Hamburger und Kölner Büros dieser Sozietät mitgewirkt Als der Top-Jurist (wie ihn das Hamburger Abendblatt in seinem Bericht über das Ereignis bezeichnet hat) im Januar 2008 aus der Sozietät verabschiedet wurde, kamen im Spiegelsaal des Museums für Kunst und Gewerbe 150 Gäste aus Justiz, Wirtschaft und Politik von Hamburg zusammen, außerdem Generalbundesanwältin Monika Harms, die in ihrer Ausbildung bei Dr. Gündisch als Rechtsre­ferendarin gearbeitet hatte, und Justizsenator Carsten Lüdemann, der als Stu­dent in der Kanz­lei Jurapraktikant gewesen ist.

Beruflich hat er sich auf Öffentliches Recht, insbesondere Verfassungs- und Europarecht, aber auch auf Verwaltungs- und Lebensmit­telrecht spezialisiert. Jürgen Gündisch ist Ver­fasser zweier Bücher über „Rechtsschutz in der Europäischen Union“ und „Rechtssetzung und Interessenvertretung in der Europäischen Union“ sowie zahlreicher Aufsätze in Fachzeit­schriften. Zwanzig Jahre lang war er Prüfer im Großen Juristischen Staatsexamen. Zu seinem 75. Ge­burtstag hielt das Hamburger Abendblatt fest: „Viele angehende Rechtsanwälte hatten schlotternde Knie, wenn sie zur Examensprüfung bei Jürgen Gündisch antreten mussten. Der Ham­burger Anwalt und Rechtswissenschaftler […] ist eine Institution auf den Gebieten öffentliches Recht und Gesellschaftsrecht. Bei Gündisch hat keiner leichtes Spiel. Doch wer ihn kennt, lobt seine Fürsorglichkeit und Aufrichtigkeit.“ Nicht zuletzt war Gündisch von 1973 bis 1993 Mit­glied des Hamburgischen Richterwahlausschus­ses, außer­dem Mitglied im Verfassungs­rechts­ausschuss des Deutschen Anwaltsvereins, in dem vor allem zu Verfahren vor dem Bundesverfas­sungs­ge­richt Stellung genommen wurde.

Dr. Gündisch hat sich, wie der Vater, auch po­litisch engagiert. Von 1961 bis 1974 gehörte er als CDU-Abgeordneter der Hamburger Bürger­schaft an. Mehrere Jahre war er stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion und justizpolitischer Sprecher. Zehn Jahre lang leitete er den Landesdelegierten-Tag der Hamburger CDU, in dem u.a. die Kandidaten für die Bürger­schafts- und Bundestagswahlen aufgestellt wurden. Fünfmal wurde Dr. Gündisch zum Richter am Hamburgischen Verfassungsgericht gewählt und hat mit 26 Jahren in diesem Amt länger als jeder andere gewirkt. Diesen Rekord wird er halten, denn heute ist nur noch eine einmalige Wiederwahl möglich. Zum Abschied aus diesem Amt wurde Dr. Gündisch mit einem goldenen Verfassungsportugaleser geehrt; der Senat gab aus diesem Anlass ein Senatsfrühstück, an dem unter vielen anderen auch der Erste Bürger­meis­ter Ole von Beust teilnahm. Sein gesellschaftliches Engagement hat er noch immer nicht aufgegeben: Im Januar 2008 wurde er zum Mit­glied der unabhängigen Diätenkommission der Hambur­gi­schen Bürgerschaft ernannt.

1959 heiratete Dr. Gündisch die Kunsterziehe­rin und Malerin Erdmute (Bibi) Berger aus Kiel, mit der er drei Töchter und einen Sohn hat. Im Herbst 2007 unternahm die Familie mit allen Kindern, Schwiegersöhnen und Enkeln eine Rei­se nach Siebenbürgen, insbesondere nach Her­mannstadt und Heltau. Das ist ebenso ein Hin­weis auf seine Verwurzelung in der siebenbürgischen Heimat seines Vaters wie es 2006 die Mit-Organisation eines Gündisch-Treffens in Gundelsheim gewesen ist. Nicht zuletzt zeigt sein Aufruf, eventuell zugedachten Geburtstagsge­schenken die Form von Spenden an die Stiftung Siebenbürgische Bibliothek zu geben, wie sehr er sich dem historischen und geistig-kulturellen Erbe der Siebenbürger Sach­sen verbunden fühlt. Möge auch dieses Beispiel Schule machen!

Dem rüstigen Jubilar sei weiter viel Freude an seiner Familie und an den anstehenden Bil­dungsreisen ebenso gewünscht wie Kraft, seine Lebenserinnerungen zu schreiben, die zweifellos spannend sein werden.

K. G.

Schlagwörter: Kultur, Jurist

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