6. Januar 2006

Virtuelle Exkursion zu den Kirchenburgen Siebenbürgens

Unter dem Titel „Kirchenburgen in Siebenbürgen“ veranstaltete die Siebenbürgisch-Sächsische Jugend in Deutschland (SJD) in Zusammenarbeit mit Studium Transylvanicum vom 25. bis 27. November das im zweijährigen Turnus stattfindende Landeskundeseminar in der Jugendherberge „Mutschlers Mühle“ in Mosbach. Anhand von Referaten und Diavorträgen hochkarätiger Referenten setzten sich 28 Seminarteilnehmer mit der Geschichte der Kirchenburgen sowie der aktuellen Situation kirchlicher Denkmalpflege in Siebenbürgen auseinander.
Am Samstagmorgen führte Dr. Gerald Volkmer, Historiker und Assistent des geschäftsführenden Vorstandes des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde e. V. Heidelberg, in das Seminar ein. In seinem sehr interessanten Vortrag beleuchtete er die Entstehung und Entwicklung der siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburgen, die zugleich eine große kulturhistorische Leistung der Siebenbürger Sachsen und Zeugnis ihres jahrhundertealten Behauptungswillens als „Schutzwall der Christenheit“ an der Grenze zwischen Morgen- und Abendland seien. Volkmers geschichtlicher Abriss begann mit der deutschen Ostkolonisation Siebenbürgens um 1 100, erstreckte sich über den großen Mongolensturm 1241 und die im 14. Jahrhundert folgende permanente Bedrohung durch die Osmanen bis hin zur Wehrhaftmachung der siebenbürgischen Siedlungen vom 15. bis zum 17. Jahrhundert.

Am Samstagvormittag unternahm Nils H. Mazgareanu (Transylvania Tours e. V.) mit den Teilnehmern anhand eines Diavortrags eine virtuelle Exkursion zu den Kirchenburgen Siebenbürgens und ging detailliert auf deren Baugeschichte und Funktion am Beispiel von Birthälm, Honigberg und Tartlau ein. Die Seminarteilnehmer lernten einiges über die verschiedenen Bauphasen der Kirchenburgen, angefangen mit den Gräfenburgen als Vorläufer der Kirchenburgen, über Bauern- und Fluchtburgen bis hin zur Wehrhaftmachung mit Türmen und Mauern. Deutlich konnte man bei einigen Kirchenburgen die verschiedenen Entwicklungsstufen des Kirchenbaus ablesen. Genauestens in Augenschein genommen wurden auch die Wasserversorgung, die verschiedenen Dachformen sowie die Vorratslager. Die Bezeichnungen Flankierungstürme, Stützbögen, Wehrgänge, Schwenkscharten, Kampferker, Pultdächer und Pechnasen waren für die Teilnehmer danach keine Fremdwörter mehr.

Am Sonntagvormittag hielt die Architektin und Denkmalpflegerin Dr. Gabriele Mergenthaler, ehemalige Leiterin der Bauabteilung im Landeskonsistorium der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien, wo sie insbesondere für die Sicherung und Renovierung der Kirchenburgen in Siebenbürgen verantwortlich war, einen brillanten, emotional aufwühlenden Vortrag zur aktuellen Situation der kirchlichen Denkmalpflege in Siebenbürgen, auch im Hinblick auf die Erhaltung der siebenbürgischen Kirchenburgen als Kulturgut. Die Nichtsiebenbürgerin setzt sich vorbildlich und vehement für die Bewahrung siebenbürgisch-sächsischer Baudenkmäler ein und präsentierte in ihrem mit Dias unterlegten Vortrag eine schonungslose Bestandsaufnahme des derzeitigen baulichen Zustandes am Beispiel verschiedener Kirchenburgen. Sie berichtete über den zunehmenden Verlust an Denkmalsubstanz, vorwiegend in den entlegenen Dörfern, und veranschaulichte die Probleme der Denkmalpflege in Siebenbürgen. Es fehle an allem, an Organisation, Finanzen, Personal und Kompetenz. Enorme Probleme würden durch organisierten Kunstraub, dilettantisch ausgeführte Bauarbeiten sowie holzzerstörende Pilze und Nässe im Mauerwerk auftreten. Die Landeskirche könnte die notwendigen Sanierungsmaßnahmen unmöglich alleine finanzieren und sei daher auf Hilfe der staatlichen Denkmalpflege, der Heimatortsgemeinschaften, Stiftungen, Privatpersonen und ausländischen Kirchen angewiesen. Mergenthalers Appell galt allen Teilnehmern, sich für den Erhalt der Kirchenburgen in Siebenbürgen einzusetzen.

Aufgelockert wurde das Seminar durch ein abwechslungsreiches Besuchsprogramm. Erste Station war das Alten- und Pflegeheim auf Schloss Horneck, wo die Teilnehmer von Heimleiter Gerhard Schmidt herzlich begrüßt und durch die repräsentativen Räume geführt wurden. Als Nächstes wurde die Siebenbürgische Bibliothek besichtigt, wo Christian Rother in seiner Funktion als Bibliothekar die Führung durch die Räume der Bibliothek übernahm. Das Siebenbürgische Museum war die dritte Anlaufstelle. Dr. Gerald Volkmer führte die Teilnehmer durch die Ausstellungsräume. Im Anschluss konnte man sich im Siebenbürgen-Institut bei Kaffee und Kuchen stärken. In der nachfolgenden Quizshow „Inquisitio Transylvanica“ unter der Moderation von Astrid Kelp, stellvertretende Bundesjugendleiterin und SJD-Referentin für Zusammenarbeit mit anderen Jugendverbänden, konnten die Teilnehmer ihr Wissen zum Thema Siebenbürgen unter Beweis stellen. Nach so viel trockener Materie regte am späteren Abend das eine oder andere Glas Glühwein auf dem romantischen Weihnachtsmarkt in Bad Wimpfen zu interessanten Gesprächen an.

Dank gebührt den Referenten für ihre hervorragenden Vorträge. Ein herzliches Dankeschön für die ausgezeichnete Organisation und Moderation geht an Astrid Kelp und Dr. Gerald Volkmer, die beide für das gute Gelingen des Wochenendes verantwortlich waren.

Inge Erika Knoll


Schlagwörter: Kulturspiegel, Kirchenburgen, SJD

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