9. April 2009

Schülerwettbewerb findet starken Anklang

„Das Land im Karpatenbogen – Siebenbürgen oder Transsilvanien –, an der Nahtstelle von Ost und West, Mitteleuropa und Südosteuropa (Balkan) gelegen, war seit jeher ein Kreuzungspunkt der Kulturen.“ So wird der diesjährige bayerische Schülerwettbewerb „Die Deutschen und ihre östlichen Nachbarn“ eingeleitet (die Siebenbürgische Zeitung hat wiederholt berichtet). Wie sich nun erweist, haben insbesondere auch Lehrer, die aus Siebenbürgen stammen, diesen Wettbewerb engagiert unterstützt.
Die drei nachfolgenden Projektberichte wurden der Zeitungsredaktion zugeschickt. Schülerinnen und Schüler aller Schularten aus dem In- und Ausland, respektive auch Siebenbürgen, waren aufgefordert, an dem Wettbewerb teilzunehmen. Nun warten sie gespannt auf die Entscheidung. Die Wettbewerbsergebnisse werden im Rahmen der Preisverleihung am 28. Juli 2009, 19.00 Uhr, in der Schranne in Dinkelsbühl präsentiert. Das hat Symbolkraft, besteht doch seit 1985 eine Partnerschaft zwischen der Stadt Dinkelsbühl und dem Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, wo unser Verband seit 1951 alljährlich zu Pfingsten seinen Heimattag veranstaltet. Ein ganz besonderer Ausweis der vielfältigen Verbindungen zwischen der mittelfränkischen Stadt und den Siebenbürger Sachsen ist die 2006 besiegelte Städtepartnerschaft zwischen Dinkelsbühl und Schäßburg.

Fächerübergreifender Projektunterricht begeistert in Gernlinden

Die Klasse 3b der Grundschule Gernlinden (Gernlinden gehört zur Gemeinde Maisach im Landkreis Fürstenfeldbruck) beteiligte sich unter der Leitung ihrer aus Siebenbürgen stammenden Lehrerin Anita Müller an dem Bayerischen Schülerwettbewerb 2008/2009 des Kultusministeriums zum Thema „Europa im Karpatenbogen“.

Die 1966 in Agnetheln geborene Lehrerin unterrichtet seit elf Jahren an der Grundschule Gernlinden. Anita Müller hat nach dem Abitur am Honterus-Lyzeum in Kronstadt Germanistik und Romanistik an der Universität in Temeswar studiert. Im März 1990 erfolgte ihre Aussiedlung in die Bundesrepublik. An der Ludwig-Maximilians-Universität München absolvierte Müller ein Ergänzungsstudium. An ihrer Grundschule unterrichtet sie heute „alle Fächer, manchmal auch noch ev. Religion“, erklärt Frau Müller gegenüber der Siebenbürgischen Zeitung: „Das hat den Vorteil, dass man fächerübergreifenden Projektunterricht machen kann.“ Im Projektzeitraum hätten sich die Schüler insbesondere in den Geschichtsstunden begeistert und wissbegierig gezeigt: „Nach der ersten Stunde kam ein Mädchen mit vier Seiten aus dem Internet und bat mich ein Kurzreferat über Kronstadt halten zu dürfen. Das hat mich natürlich sehr gefreut.“
Schülerinnen und Schüler der Klasse 3b der ...
Schülerinnen und Schüler der Klasse 3b der Grundschule Gernlinden gestalteten im Rahmen des Kunstunterrichts zahlreiche Wappen als Abbild oder Variante siebenbürgischer Wappen und präsentierten sie im Schulhaus.
Über das Projekt an der Grundschule Gernlinden berichtete das Fürstenfeldbrucker Tagblatt in Wort und Bild. Ausgehend von der Rattenfängersage berichtete Anita Müller von der Besiedlung Transsilvaniens durch deutsche Einwanderer, die den deutschen Namen Siebenbürgen geprägt haben. Im Rahmen des Kunstunterrichts gestalteten die Schüler zahlreiche Wappen als Abbild oder Variante der siebenbürgischen Wappen und präsentierten sie im Schulhaus (siehe Foto). Nachdem die Kinder in die über 800-jährige Geschichte der Siebenbürger Sachsen eingeführt wurden, stellten sie sich die Frage: Wo leben die Deutschen aus Siebenbürgen heute? - Nach dem Zweiten Weltkrieg, so erfuhren sie, begann der Exodus der Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben in Richtung Bundesrepublik. Heute leben sie mitten unter uns, als Mitschüler und Kollegen, als Bürger mit Migrationshintergrund und als Beispiel einer gelungenen Integration. Ein Angehöriger dieser Volksgruppe ist der bekannte Rocksänger Peter Maffay. Die Schülerinnen und Schüler setzten sich mit dessen Biografie auseinander und lernten im Musikunterricht dessen Musical „Tabaluga und das verschenkte Glück“ kennen. Die Geschichte regte zu eigenen literarischen Produktionen an. Es entstanden Gedichte wie Elfchen, Akrostichons und Avenidas, aber auch Fortsetzungsgeschichten, die an einer Pinnwand präsentiert wurden. Die Musik animierte die Kinder zum Singen, Tanzen und Nachspielen. Der Song „Freunde“ bekam im Rahmen eines Krisengesprächs anlässlich des Amoklaufs von Winnenden eine besondere Bedeutung. Eine Liedtextstelle bot den Schülern eine Lösungshilfe an: „Wenn du nicht mehr weiter weißt/weil dein Herz schon fast zerreißt/sage was dich quält – dafür sind Freunde da.“ Die Schüler arbeiteten mit Begeisterung an dem Projekt. Nun warten sie gespannt auf das Urteil der Jury.

Geretsrieder Jugendliche machen mit

Dank der Initiative der Tanzgruppenleiterin und Vorsitzenden der Kreisgruppe Bad Tölz-Wolfratshausen, Gerlinde Theil, haben sich die Mitglieder der Schülertanzgruppe an dem Projekt „Europa im Karpatenbogen“ beteiligt. Bei dem Bayerischen Schülerwettbewerb „Die Deutschen und ihre östlichen Nachbarn 2008/2009“ haben die Schüler in der Altersstufe 1 (Grundschüler der Jahrgangsstufen 2-4 und der Altersstufe 2 (Schüler der Jahrgangsstufen 5-7) die entsprechenden Antwortblätter ausgefüllt und für die Abgabe vorbereitet.

Zur Einführung und zum Kennenlernen der Thematik hat Gerlinde Theil eine Präsentation vorbereitet und zusammen mit dem stellvertretenden Kreisgruppenvorsitzenden Thomas Kieltsch und Ines Binder mittels Beamer und Großleinwand die Schüler in die altersspezifischen Fragen eingestimmt. Im Anschluss bearbeiteten die Schüler die Fragen ihrer jeweiligen Altersstufe und hoffen nun auf ein gutes Abschneiden. Dieser auf bayerische Schulen, aber auch in hessischen Schulen und anderen Bundesländern abgestimmte Schülerwettbewerb wurde vom Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung in München vorbereitet und betreut. Dort konnten nach eingehender Klärung durch Gerlinde Theil mit Herrn StR. Josef Koller die Rückmeldeblätter unter Angabe der Schulnummer auch direkt eingesandt werden, ohne den Einsendemodus über die Schule einhalten zu müssen. Diese Möglichkeiten, unsere Jugend in die Geschichte und Kultur Siebenbürgens einzuführen, ist sehr zu begrüßen und soll die vielfach fehlende Behandlung solcher Themen im Sachkunde- und Heimat-Unterricht ersetzen.

Walter Klemm

Sechstklässler in Untermeitingen von Kirchenburgen beeindruckt

Der alljährliche Schülerwettbewerb „Die Deutschen und ihre östlichen Nachbarn“ hat schon einige Tradition in bayerischen Schulen. Das diesjährige Thema „Europa im Karpatenbogen“ ist in der Hauptschule Untermeitingen in Schwaben auf ein besonders positives Echo gestoßen und hat zum Mitmachen animiert, steht doch Transsilvanien in Verbindung mit Dracula. Die selbst aus Siebenbürgen stammende Lehrerin Beatrix Roth übernahm die Koordination für vielfältige Aktivitäten, die das „Land jenseits der Wälder“, Transsilvanien, allen Schülern näher bringen sollten.
Anlässlich des Bayerischen Schülerwettbewerbs kam ...
Anlässlich des Bayerischen Schülerwettbewerbs kam an der Hauptschule Untermeitingen in Schwaben siebenbürgische Trachtenkunde auf den Lehrplan.
Schon im Januar mussten die Schüler die ersten Recherchen starten, um einen umfassenden Fragenkatalog zu Siebenbürgen beantworten zu können. Dieser sollte termingemäß dem federführenden Kultusministerium zugeschickt werden. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit Siebenbürgen boten die Kreativprojekte innerhalb des Wettbewerbs. Die Schüler erfuhren in den dem Thema gewidmeten Schulstunden vieles über die 850-jährige Geschichte der Siebenbürger Sachsen, von ihrer Ansiedlung im 12. Jahrhundert „zum Schutz der (ungarischen) Krone“ bis heute. Dabei beeindruckten vor allem die stolzen und zahlreichen Kirchenburgen. Da die Schule für die Sachsen in Siebenbürgen immer eine zentrale, ja existentielle Rolle gespielt hat, entschloss sich Frau Roth, den ehemaligen Schulalltag konkret durchzuspielen. Für die Klasse 6b standen die siebenbürgischen Märchen und Sagen im Mittelpunkt. Anhand der Sage „Die Kinder zu Hameln“ eröffnete sich ihnen die geografische Schönheit Siebenbürgens. Das steigerte die Lust, auch andere Märchen und Sagen kennen zu lernen. So konnten die Schüler anschließend Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen siebenbürgischen und deutschen Märchen herausarbeiten. „Die sind ganz schön gruselig“, meinten einige Schüler der 6b. Einmal welche selber zu schreiben, fanden sie eine aufregende Idee.

Die siebenbürgischen Kirchenburgen haben es in sich. Fast märchenhaft, beeindruckten sie alle Sechstklässler. Anhand von isometrischen Skizzen sollten die Schüler diese ausmalen. Als Muster dienten dabei alte Aquarelle.

Die Klasse 8c konnte anhand des Durchspielens des früheren Schulalltags auch Querverbindungen zu den heutigen Schulfächern herstellen. Faszinierend war in Deutsch die Gegenüberstellung des siebenbürgisch-sächsischen Dialekts mit dem Schwäbischen. Dabei wurde das alte siebenbürgische Volkslied „Et saß e kli wäld Viejelchen“ über das hochdeutsche „Es saß ein klein wild Vögelein“ ins Schwäbische „Do isch a gloins wilds Vegäle“ übertragen. In Musik konnte die bekannte siebenbürgische Hymne „Siebenbürgen, Land des Segens“ einstudiert werden, während in Hauswirtschaft Kreuzstiche und siebenbürgische Muster Einzug hielten. Den größten Erfolg hatten in Kunst natürlich die Kirchenburgen. Dabei übernahm jeder Schüler die „Patenschaft“ über eine selbst ausgewählte Burg. Nach eigenen Recherchen mussten diese gezeichnet und dann den Klassenkollegen vorgestellt werden.

Die vielfältige Beschäftigung mit Siebenbürgen schlug sich auch in einer anschaulich gestalteten Siebenbürgen-Ausstellung nieder. Frau Roth gelang es, neben den Schülerarbeiten, beeindruckende Ausstellungsstücke zu akquirieren. Tatkräftige Unterstützung fand sie bei Wilhelm Roth, Kulturreferent der Kreisgruppe Augsburg des Verbands der Siebenbürger Sachsen in Deutschland. Gleichzeitig konnte er auch als Vortragsreferent für die Schüler gewonnen werden. Schwerpunkt seiner Darstellungen waren die Kirchenburgen des Burzenlandes sowie Festtagsbräuche der Sachsen (Zeidner Kronenfest). Referent Friedrich Roth (Königsbrunn) schlug in einer eigenen Präsentation eine Brücke in die Gegenwart. Er zeigte eine Diashow mit dem Titel „Hermannstadt, Kulturhauptstadt Europas 2007“. Neben einer originellen, alten Schulecke mit Schulbank, Schulranzen und Schiefertafeln ergänzten Trachten und Schaubilder die Ausstellung. Eine kleine Bibliothek zum Thema Siebenbürgen sollte den Wissensdurst stillen. Es wurden Klassenführungen durch die Ausstellung angeboten.

„Was mich am meisten beeindruckt hat“, sagte Sebastian Klimm aus der 8c, „war die große Anzahl der Schulen in Siebenbürgen. Auch das kleinste Dorf besaß eine Schule.“ Seit 1722 gab es nämlich die allgemeine Schulpflicht in Siebenbürgen, für Mädchen und Jungen. Siebenbürgen ist also doch viel mehr als die Heimat der Dracula-Legende.

Friedrich Roth

Schlagwörter: Bayern, Dinkelsbühl

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