13. August 2014

Kreisgruppe Drabenderhöhe: Fahrt des Honterus-Chors in die Lausitz und den Spreewald

Fest gerechnet hatte der Honterus-Chor Drabenderhöhe damit, 2014 im Rahmen des Föderationsaustausches nach Amerika und Kanada zu fahren. Leider wurde nichts daraus! Ein interessantes Ziel für die Jahresfahrt musste nun gefunden werden. Die Reiseplanerin des Chors, Enni Janesch, hatte mit dem Reisebüro Schinker eine Reise in den Osten Deutschlands organisiert.
Fronleichnam, frühmorgens, begab sich der Chor im voll besetzten Bus auf einen viertägigen Ausflug in die für die meisten Chormitglieder unbekannte Lausitz und den Spreewald. Erste Station war Bautzen. Die örtliche Reiseleiterin holte uns zur Führung ab. Es erwartete uns eine wunderschöne Stadt, die man mit Recht wegen der mittelalterlichen Bausubstanz und der zahlreichen Türme als „sächsisches Nürnberg“ bezeichnen kann. Direkt unserem Hotel gegenüber verneigte sich der 56 m hohe „Reichenturm“ aus dem 15. Jahrhundert. Wegen seiner Neigung von 144 cm wird er auch „Schiefer Turm von Bautzen“ genannt. Von hier führte uns seine „Türmerin“ durch die „Reichenstraße“ mit den renovierten Häusern, die den einstigen Reichtum der Altstadt zeigen. Der Dom St. Petri auf dem Marktplatz ist die einzige Simultankirche im Osten Deutschlands. Seit 1534 nutzen Katholiken den Chorraum und evangelische Christen das Langhaus dieser Kirche gemeinsam.

Der zweite Tag unserer Reise führte uns nach Görlitz, Zentrum der niederschlesischen Oberlausitz. Die östlichste Stadt Deutschlands besitzt exakt Mitteleuropäische Zeit, denn durch sie verläuft der 15. Längengrad, und gleicht einem Bilderbuch der Architekturgeschichte. Denkmale verschiedener Epochen – von der Gotik bis zum Jugendstil – prägen die Stadt, die 1071 als sorbisches Dorf „Gorelic“ erstmals erwähnt wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt in das deutsche Görlitz und den polnischen Teil Zgorzelec geteilt. Die Lausitzer Neiße wurde zum Grenzfluss zwischen Deutschland und Polen.

Vom „Kaisertrutz“, dem Zugangsturm in die Stadt, führte uns wieder Frau Peter über den Obermarkt durch die Brüderstraße zum Untermarkt, dem Kern der Altstadt, mit seinem ungewöhnlich reichen Bestand an Renaissance- und Barockhäusern. An der Westseite des Platzes erstreckt sich das alte Rathaus, eine Baugruppe aus vier verschiedenen Stilepochen. Die Altstadt gilt als eine der bedeutendsten Renaissanceanlagen nördlich der Alpen. Görlitz besitzt aber auch Deutschlands größtes erhalten gebliebenes Viertel der Gründerzeit. Zu DDR-Zeiten wurden die 1600 unter Denkmalschutz stehenden Bauwerke arg vernachlässigt. In den vergangenen Jahren erfolgten umfangreiche Sanierungsarbeiten, und nun zählt Görlitz wieder zu den schönsten Städten Deutschlands. Am höchsten Punkt des Altstadtgebietes befindet sich auf einem Grauwackefelsen über der Neiße das bedeutendste Bauwerk des mittelalterlichen Görlitz, die fünfschiffige Hallenkirche „St. Peter und Paul“.

Weiter ging es nach Zittau. Auf einem kleinen mittelalterlichen Friedhof verbirgt sich eine alte, kleine Kirche ohne viel Schmuck, recht duster und ohne Altar, die Kirche zum Heiligen Kreuz, und darin ein „Kunstwerk von Weltgeltung“. Das 8,20 Meter hohe und 6,80 Meter breite „Fastentuch“, ein bemaltes Textilkunstwerk, zeigt 90 Szenen aus dem Alten und Neuen Testament. Diese riesige Bilderbibel ist einzigartig in Deutschland. 1472 von einem unbekannten Meister geschaffen, verhüllte das Leinen in der vorösterlichen Fastenzeit 200 Jahre lang den Altarraum in der Hauptkirche St. Johannis. Nach Jahrhunderten voller Rätsel, Misslichkeiten und Glücksfälle konnte das Fastentuch im Juni 1945 stark beschädigt, aber komplett erhalten geborgen werden. Es wurde restauriert und wird seit 1999 in der größten Museumsvitrine der Welt in der Kirche zum Heiligen Kreuz präsentiert.
Honterus-Chor auf der Rathaustreppe in Görlitz. ...
Honterus-Chor auf der Rathaustreppe in Görlitz. Foto: Günther Beckesch
Nach diesem ungewöhnlichen Erlebnis erwartete uns Herrnhut, eine kleine Stadt, gegründet 1722 von Reichsgraf von Zinzendorf für böhmische und mährische Flüchtlinge, die ihre Heimat aus Glaubensgründen verlassen mussten. Es entwickelte sich eine religiöse Gemeinschaft, die Herrnhuter Brüdergemeine. Jährlich werden in Herrnhut die Losungen für jeden Kalendertag gezogen, und mit dem 25-eckigen Herrnhuter Adventsstern schickt die kleine Stadt Grüße in so manches Haus. Wir besuchten die „Herrnhuter Sterne GmbH“, wo die Sterne in Handarbeit hergestellt werden.

Zum Abendessen im sorbischen Restaurant „Wjelbik“ (Kleines Gewölbe) empfing man uns in sorbischer Tracht mit Brot und Salz und servierte uns ein typisches sorbisches Hochzeitsmahl. Unser anschließendes traditionelles gemütliches Beisammensein mit recht vielen Beiträgen durch die Chormitglieder sorgte bis spät für gute Stimmung.

Der nächste Tag führte uns nach Burg in den Spreewald. In zwei großen Kähnen genossen wir eine Fahrt mit Gurkenverkostung und kleinen Spirituosen. Lübben, die letzte Wirkungsstätte Paul Gerhardts, wollten wir uns nicht entgehen lassen. Pfarrer i.R. Gerhard Thomke hatte uns schon am Morgen im Bus über das Leben Paul Gerhardts informiert und wir hatten uns mit den Liedern „Geh aus, mein Herz und suche Freud“ und „Güldene Sonne“ auf Lübben vorbereitet. Paul Gerhardt (geb. 1607), neben Martin Luther der wohl bekannteste evangelische Liederdichter, kam 1669 als Pfarrer nach Lübben. Trotz erfahrener Schrecken im Dreißigjährigen Krieg und des Todes von vier Kindern und seiner Frau sind seine Lieder von Hoffnung und Zuversicht geprägt. Sieben Jahre war er Pfarrer der Lübbener Gemeinde, bis er am 27. Mai 1676 im 70. Lebensjahr starb und im Altarraum der Kirche beigesetzt wurde. Bei unserem Rundgang „begegnete“ uns Paul Gerhardt in Liedversen und Bildern, so dass wir spontan zwei Lieder von ihm vor dem Altar sangen. Da unsere Chorleiterin auf der Fahrt nicht mit war, dirigierte Gerhard Thomke. Daraufhin kam ein Mitglied der Kirchengemeinde zu uns und erzählte von der Kirche und dem Wirken Paul Gerhardts. 1930 wurde im Zuge einer umfassenden Restaurierung die Kirche als „Paul-Gerhardt-Kirche“ umgestaltet und erhielt offiziell seinen Namen.

Sonntag, der letzte Tag der Chorfahrt, galt der Heimreise. Pfarrer a.D. Hans Klein hielt im Bus eine Andacht, bei der wir Lieder von Paul Gerhardt anstimmten. Unterbrochen wurde die lange Fahrt durch ein Picknick, das von Mitgliedern des Chors vorbereitet wurde. Elke und Helmut Scharpel hatten eingekauft und für ein wohl schmeckendes Mittagessen gesorgt. Am Ende dankte die Vorsitzende des Chores, Anneliese Hüll, allen, die zum Gelingen dieser Fahrt beigetragen hatten. Wieder hatte die Chorgemeinschaft eine schöne Ecke Deutschlands entdeckt und zusammen viel Freude erlebt.

Helga Bosch, Enni Janesch

Schlagwörter: Drabenderhöhe, Honterus-Chor, Reisebericht

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