27. Oktober 2014

Tag der Heimat in Grafing, dessen Bürgermeisterin siebenbürgische Wurzeln hat

Man war unter sich am 28. September 2014 in der Stadthalle von Grafing, wohin die ARGE der Landsmannschaften, die aus der Kreisgruppe Ebersberg des Verbandes der Siebenbürger Sachsen und dem Bund der Vertriebenen besteht, eingeladen hatte. Zum dritten Mal seit ihrem Beitritt zur ARGE war unsere Kreisgruppe für die Organisation des Gedenktages verantwortlich. Schon lange vor der Veranstaltung sah man herrliche TrachtenträgerInnen mit oder ohne Musikinstrumente auf die Halle zuströmen. Der Parkplatz füllte sich binnen kurzem wie durch Zauberhand mit Autos, aus denen Menschen in bunten Gewändern, Hauben, Hüten und mit in der Mittagssonne glänzenden Instrumenten entstiegen.
Pünktlich um 14.30 Uhr begrüßten Ernst Heidenreich, seit vielen Jahren Vorsitzender der schlesischen Landsmannschaft Ebersberg, und die in bayerische Tracht gewandete Stadtkapelle Grafing mit einem Tusch die zahlreich erschienenen Gäste, die an festlich gedeckten Tischen Platz genommen hatten. Unter ihnen befanden sich Mitglieder des Bundestages und sonstige Mandatsträger, eine Bürgermeisterin und weitere Repräsentanten aus Politik, Kultur und Wirtschaft. Sie alle legen Zeugnis davon ab, dass sie – obwohl jenseits der heutigen Grenzen der BRD verwurzelt – unverzichtbarer Bestandteil der Bundesrepublik sind.

Die Vorsitzende der Kreisgruppe Ebersberg, Brigitte Tohanean-Knall, eröffnete die Feier mit einer herzlichen Begrüßung aller Anwesenden und bedankte sich bei der Landshuter Tanzgruppe unter der Leitung von Andrea Wagner und Bernd Breit sowie der schlesischen Tanzgruppe, die mit schwungvollen Einlagen und beeindruckendem musikalischen Einsatz mit Handglocken für das Gelingen des Abends einen wesentlichen Beitrag leisteten.

Landrat Robert Niedergesäß spannte in einer emotionalen Begrüßungsansprache einen Bogen von der Situation der Heimatvertriebenen zu den Flüchtlingen, die gegenwärtig aus Afrika unter lebensgefährlichen Umständen Europa ansteuern in der Hoffnung auf Hilfe.

Er dankte allen Vertriebenen und Aussiedlern für ihre anfangs harte Arbeit, für ihren immensen Beitrag zur Gründung der jungen Bundesrepublik, was durch großen Fleiß, Zusammenhalt und Disziplin erreicht wurde.
Tag der Heimat in Grafing, von links: Doris ...
Tag der Heimat in Grafing, von links: Doris Rauscher, MdB (SPD), Angelika Obermayr, 1. Bürgermeisterin der Stadt Grafing (Grüne), und Brigitte Tohanean-Knall, Vorsitzende der Kreisgruppe Ebersberg. Foto: Antje Krauss-Berberich
Auch Herr Niedergesäß bekannte sich zu der Gruppe der Vertriebenen, haben doch seine Recherchen ergeben, dass nicht nur seine Eltern aus Schlesien, sondern verzweigte Vorfahren aus anderen deutschsprachigen Ostgebieten kommen.

Für eine Überraschung sorgte die Erste Bürgermeisterin der Stadt Grafing, Angelika Obermayr. Nachdem sie sich für die Einladung bedankt hatte, reihte sie sich in die Bekenntnisse ihrer Vorredner ein, indem sie – nicht ohne eine gewisse Rührung in der Stimme – öffentlich ihre Herkunft väterlicherseits bekanntgab:

Ihre Hand an den Hals führend, tastete die Rechte an einer silbernen Kette zu einem filigranen Trachtenschmuck in Schmetterlingsform, an dem kleine Perlen hängen. Sie gab mit fast stolzer Stimme bekannt: „Auch ich gehöre dazu. Ich stehe hier im einem bayerischen Dirndl, das meine Wahlheimat vertritt, doch an meinem Hals hängt ein siebenbürgischer Anhänger, der einstmals meiner aus Neustadt bei Kronstadt stammenden Großmutter gehörte“. Das saß. Ein leichtes Raunen ging durch die Reihen. Denn bisher war nur wenigen Eingeweihten bekannt, dass Frau Obermayrs Eltern bis zum Ausbruch des Krieges in Kronstadt lebten und ihr Vater Geschäftsführer einer renommierten Bank war. Sie fuhr fort mit dem Gedanken, dass es bei einer so heterogenen Abstammung wichtig sei, eine gemeinsame Kultur zu entwickeln und zu pflegen: „Wir Bayern haben es geschafft“.

Bürgermeisterin Angelika Obermayr, Mitglied Bündnis 90/Die Grünen, beschließt ihre Grußworte mit einem neuen Gedanken zum diesjährigen Motto „Deutschland geht nicht ohne uns“ und stellt die Frage in den Raum: Wer ist „uns“, das heißt, wer ist „wir“? Hier Deutschland – und da „WIR“? Lassen Sie uns doch einfach sagen: „Wir – wir sind Deutschland“. Frenetischer Applaus.

Zum Abschluss trat der Festredner Paul Hansel, bayerischer Gymnasiallehrer, langjähriges Mitglied im Stiftungsrat des Kulturwerkes der Landsmannschaft Schlesien, ans Rednerpult. Als gebürtiger Schlesier fasste er nochmals die Themen seiner VorrednerInnen zusammen, sprach ausführlich über die Arbeit seiner Stiftung. Er dankte für die Geduld der Anwesenden, die einen sehr langen, aber interessanten Nachmittag erleben durften.

Antje Krauss-Berberich

Schlagwörter: Tag der Heimat, BdV, Grafing

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