5. November 2016

Vorstand der Landesgruppe Niedersachsen/Bremen tagte in Friedland

Wer kommt schon auf die Idee seine Landesvorstandssitzung, bei der auch Partner der Amtsträger dabei sind, im Grenzdurchgangslager Friedland abzuhalten? Das können nur Siebenbürger aus Niedersachsen/Bremen sein: Unter dem Eindruck des Flüchtlingsdramas von 2015, aus Mitgefühl für diese Menschen und dank der guten Kontakte des Vorsitzenden der Landesgruppe Niedersachsen/Bremen, Volkmar Gerger, zu Stellen des Niedersächsischen Innenministeriums.
Dazu kommt das Interesse für Geschichte allgemein und im Besonderen für jene dieser Einrichtung, die so mancher in Niedersachsen lebende Siebenbürger selbst passiert hat. Seit ihrer Gründung am 20. September 1945 war diese Aufnahmestätte das „Tor zur Freiheit“ für mehr als vier Millionen Menschen und deren erste Anlaufstelle in der Bundesrepublik Deutschland.

Am Samstag, dem 15. Oktober, tagten die Vorstandsmitglieder des Landesverbandes Niedersachsen/Bremen folglich in Friedland, einem Ort im „Dreiländereck“: Niedersachsen, Hessen, Thüringen. An der Tagung und am Rahmenprogramm nahmen diesmal auch besagte Begleitpersonen teil. Das hatte seine besondere Bewandtnis: Zwei Themen der Tagesordnungspunkte verlangten nach breiter Aufnahme, Mitsprache und Multiplikatorenwirkung. Natürlich hatten die Begleitpersonen kein Abstimmungsrecht, aber es stellte sich heraus, dass sie die gefassten Beschlüsse gut fanden. Dass durch das Mittragen der geplanten Maßnahmen auch das Gemeinschaftsgefühl gestärkt wird, steht außer Frage – wir ziehen an einem Strang und zwar in die gleiche Richtung!
Vorstandsmitglieder der Landesgruppe ...
Vorstandsmitglieder der Landesgruppe Niedersachsen/Bremen mit ihren Partnern vor der Friedlandglocke (auch Heimkehrerglocke genannt).
Eines dieser Themen war die Reflexion und ein Rückblick auf den Heimattag in Dinkelsbühl. Reflektierend haben wir uns gefragt: Wie haben wir uns eingebracht, wie sind wir aufgenommen worden, wie war unsere Wirkung? Das entstandene Bild führte zu der Frage, wie wir uns künftig an solchen Festtagen präsentieren wollen. Das „Was?“, also was wir ändern, ersetzen und verbessern wollen, wurde eifrig diskutiert. Letztendlich waren sich alle einig: Nächstes Mal wenn unsere Landesgruppe wieder zu den Mitausrichtern des Heimattages in Dinkelsbühl gehören wird, klappt unsere Organisation besser und unser Erscheinungsbild wird beeindruckender.

Das Hauptthema jedoch war die Ausrichtung des Heimattages der „Nordlichter“ am 27. August 2017. Nach zwei „Auswärtsspielen“ wird der Heimattag wieder in Munster stattfinden, dem traditionellen Ausrichtungsort. Er wurde seinerzeit – man schrieb das Jahr 1986 – als eintägige Alternative zu dem jährlich stattfindenden Heimattag in Dinkelsbühl organisiert. Alle zwei Jahre kamen zwischen 450 und 700 Teilnehmer zusammen, für die diese Veranstaltung für einen Tag ein bisschen Heimat darstellte, um auf gewohnte siebenbürgische Weise in Gemeinschaft zu feiern: mit Blasmusik, Tänzen, Chor, Trachtenträgern, Heimatecke etc. Die Leibspeisen, Tocană und Holzfleisch, durften natürlich auch nicht fehlen. Und das soll auch wieder so sein. Für viele Siebenbürger Norddeutschlands bedarf es einer besonderen Anstrengung, in dem weit weg liegenden Dinkelsbühl dabei sein zu können.
Der Landesvorstand Niedersachsen/Bremen und der ...
Der Landesvorstand Niedersachsen/Bremen und der Leiter des Grenzdurchgangslagers Friedland, Heinrich Hörnschemeyer (5. v. l.). Fotos: Brigitte Gerger
Das Organisationskomitee besteht mehrheitlich aus Mitgliedern der Kreisgruppe Lüneburger Heide. Die Verantwortung liegt bei Dietmar-Udo Zey, Wilhelm Olah, Knut Andersen (ein Däne mit siebenbürgischem Herz) und Kurt Freitag, dem stellvertretenden Landesvorsitzenden.

Im Wesentlichen waren damit die Tagungspunkte abgearbeitet. Das Rahmenprogramm gestaltete sich auch mal anders: Schon gleich nach Sitzungsbeginn gab es die erste „Unterbrechung“, weil der Lagerleiter, Heinrich Hörnschemeyer, unserer Einladung folgend, den Teilnehmern einen mündlichen Ein- und Überblick zur Historie und der aktuellen Situation in der Durchgangsstelle gab. Auf diese Weise besaßen wir schon Vorinformationen, die uns bei der nachmittags stattfindenden Führung und auch speziell in dem neugestalteten Museum zugutekamen. Bei der Führung durch das Lager beeindruckten uns die Lagerglocke, ein Wahrzeichen dieser Einrichtung, sowie die einzig erhaltene Nissenhütte – eine Wellblechbaracke aus der Gründungszeit dieses Lagers. Bei den Nissenhütten handelte es sich nicht um Entlausungsstationen. Die Bezeichnung geht auf einen kanadischen Offizier, Norman Nissen, zurück, der diese billigen, schnell zu errichtenden, mobilen Unterkünfte 1916 entwickelt hatte.

Was uns am meisten beeindruckt hat, war das neue, im historischen Bahnhofsgebäude untergebrachte Museum, das nach neuesten Gestaltungsgesichtspunkten mit modernen Medien geschaffen wurde. Die Ausstellung zeigt die Migrationsgeschichte von Flüchtlingen, Vertriebenen, entlassenen Kriegsgefangenen, Entwurzelten, Aus- und Spätaussiedlern, Schutzsuchenden aus vielen Teilen der Welt. Sie zeigt den Weg derer, die in über 70 Jahren hier angekommen sind – wie sie angekommen und wie sie hier aufgenommen wurden und werden.

So viel traurige Geschichte, die tief bewegt, kann nur ertragen werden, wenn man weiß, dass es auch andere „Lager“ gibt – solche wie Friedland, die Menschen hilfsbereit empfangen, um deren Leid zu mildern und ihnen eine humane Perspektive zu ermöglichen.

Zum Rahmenprogramm gehörte auch der schöne Abend, den wir alle zusammen bei einem köstlichen Abendessen und geselligem Austausch verbrachten. Wir waren uns schließlich alle einig, dass die Idee, in einem Grenzdurchgangslager zu tagen, etwas Besonderes ist. Unsere Tagung war informativ, erkenntnisreich und hat zur Erweiterung unseres Geschichtsbildes beigetragen.

Wir können uns gut vorstellen, eine Landesvorstandssitzung im Jahr 2018 auf Schloss Horneck in Gundelsheim abzuhalten.

Dietmar-Udo Zey

Schlagwörter: Niedersachsen/Bremen, Vorstandssitzung

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