6. Juli 2006

Siebenbürger-Sachsen-Siedlung in Drabenderhöhe feierte 40-jähriges Jubiläum

Drabenderhöhe sei ein "selten gelungenes Beispiel von Integration ohne Aufgabe der Identität". Die Siebenbürger Sachsen wüssten, "dass sie - in ihrer besonderen Situation - ohne ihre Geschichte, Tradition und Wurzeln verloren wären". Mit zu Herzen gehenden Worten würdigte der nordrhein-westfälische Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff die vorbildliche Integrations- und Kulturleistung der Siebenbürger Sachsen in einer Festrede am 17. Juni in Drabenderhöhe. Neben der Kreisgruppenvorsitzenden Enni Janesch schlossen sich mit Grußworten an Landrat Hagen Jobi, Wiehls Bürgermeister Werner Becker-Blonigen, der Landtagsabgeordnete Bodo Löttgen, Jochen Höhler, Vorsitzender des Heimatvereins, die Bundes- und Landesvorsitzenden der Landsmannschaft, Volker Dürr bzw. Harald Janesch sowie für den Adele-Zay-Verein Pfarrer i.R. Kurt Franchy.
Die Siebenbürger-Sachsen-Siedlung feierte ihr 40-jähriges Bestehen vom 16.-18. Juni mit einem Festakt, Musikerfest, Gottesdienst, einem großen Umzug und dem "Abend des Dorfes". Siebenbürger und Oberberger, alte und neue Vereine, begingen mit einem beeindruckenden Kulturprogramm ihre erfolgreiche gemeinsame Geschichte. Mit der Siedlung waren vor 40 Jahren auch die Kreisgruppe Drabenderhöhe der siebenbürgischen Landsmannschaft, der Siebenbürgische Frauenverein, der Honterus-Chor, die Siebenbürger Trachtenkapelle und das Altenheim Siebenbürgen gegründet worden.

Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff überbrachte Grüße seitens der Landesregierung und des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Dr. Jürgen Rüttgers. Er versicherte, dass das Land die 1957 über alle Siebenbürger Sachsen in Deutschland übernommene Patenschaft auch künftig "gerne fortführen" werde. Grosse-Brockhoff freute sich, den 17. Juni gemeinsam mit seinen "lieben Patenkindern" zu begehen, einen Tag, an dem morgens in den Zeitungen zu lesen gewesen sei, dass die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) die Abschaffung unserer Nationalhymne in der dritten Strophe fordere, weil sie angeblich nicht mehr zeitgemäß sei. Dies sei ein Thema, "dessen wir uns annehmen und wo wir uns auch wehren sollten". Dies habe sehr viel auch mit dem 40-jährigen Jubiläum der Siebenbürger-Sachsen-Siedlung zu tun.

Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff während seiner beeindruckenden Festrede in Drabenderhöhe. Foto: Christian Melzer
Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff während seiner beeindruckenden Festrede in Drabenderhöhe. Foto: Christian Melzer
"Die hier betriebene Eingliederung kann durch die erfolgreiche Einbindung in die örtliche Gemeinschaft, die wechselseitige Akzeptanz und die in befruchtenden Wechselbeziehungen bewahrte kulturelle Identifikation der Alt- und Neubürger als gelungene Symbiose bezeichnet werden." Diese vorbildliche Leistung sei 1991 mit einer der vier Goldmedaillen beim Bundeswettbewerb für Aussiedlerintegration in der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet worden.

Die Kulturarbeit der Siebenbürger Sachsen ist aus Sicht des Kulturstaatssekretärs "so ungeheuer wichtig und vorbildhaft, weil die Gesellschaft vor Herausforderungen steht, die wir gar nicht ernst genug nehmen können". Bei der Mehrheit der Jugend würden in wenigen Jahren nicht mehr beide Elternteile deutschstämmig sein. Angesichts der sich daraus ergebenden Integrationsaufgaben sei es falsch, alles Historische über Bord zu werfen. "Uns ist viel zu wenig bewusst, dass wir in einer Zeit leben, in der auch im Zuge der Globalisierung an einem einzigen Tag mehr Informationen und Bilder auf uns einstürmen als vor 150 Jahren auf einen Menschen in seinem ganzen Leben. Sind wir darauf vorbereitet in unserem Kopf, in unserem Geist, ist uns bewusst, dass wir tagtäglich mit Tausenden Toten über die Medien konfrontiert werden, so dass uns der Motorradunfall in Much oder Wiehl nicht mehr berührt? In einer solchen Situation wird vieles gleichgültig, es gibt keine Tabus mehr, und es gibt nichts mehr, was nicht ginge: ‚Anything goes', ist der Spruch der Gegenwart", sagte der CDU-Politiker. Unser auf Europa beschränktes Denken werde plötzlich durch andere Kontinente und Kulturen in Frage gestellt, von Teilen der Kulturen des Islams sogar massiv bedroht. "Und in einer solchen Situation wollen wir ohne kulturelle Tradition, ohne kulturelles Wissen um unsere Vergangenheit auskommen? Das aber ist zurzeit der Fall."

Gerade in dieser Hinsicht leisteten die Siebenbürger Sachsen Vorbildliches. Sie wüssten, dass sie - in ihrer besonderen Situation - ohne ihre Geschichte, Tradition und Wurzeln verloren wären. Und sie hätten bewiesen, dass sie sich dadurch nicht abgrenzen müssten von der Kultur der hier angestammten Bürger, sondern sie hätten gemeinsam mit jenen ihre jeweils eigene Kultur betrieben. "Damit unterscheiden Sie sich von der Mehrheit der Bevölkerung, von Schulen und vielen Elternhäusern." Liedgut, Gedichte und Märchen seien nur einige der Traditionen, die es zu pflegen gilt. "Und müssen wir uns nicht - je globaler die Welt und je globaler jeder Tag über die Medien auf uns einstürmt - wieder interessieren für unsere unmittelbare Umgebung, sprich Heimat, ein Wort, das ebenso wie Sitte oder Glaube den Schülern durch die Lehrer 68er Generation, aber auch danach systematisch ausgetrieben wurde?

Als Antwort auf diese Herausforderungen beabsichtige die Landesregierung Nordrhein-Westfalen, den "Faden der Tradition", der teilweise schon abgerissen sei, wieder "fest zusammenzuknoten". Wer Integrationsarbeit leiste, müsse zuallererst Bescheid wissen um die eigene Kultur und dann auch die anderen Kulturen pflegen und Einrichtungen dafür schaffen. Da es sich hier um "elementar wichtige Aufgaben der Gesellschaft" handele, werde die Landesregierung den Kulturhaushalt in den kommenden vier Jahren verdoppeln. Ein erster Schritt werde - trotz hoher Verschuldung des Landes- in diesem Jahr mit einer Erhöhung um 20 Prozent gemacht.

Gäste und Gastgeber beim Festakt im Hermann-Oberth-Kulturhaus, von links nach rechts: Dr. Dieter Fuchs, ehemaliger Kreisdirektor des Oberbergischen Kreises, Peter Flosbach, MdB, Landrat Hagen Jobi, Bodo Löttgen, MdL, Bürgermeister Werner Becker-Blonigen, Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, Kreis- und Landesvorsitzende Enni und Harald Janesch, Ministerialdirigent Frank Willenberg, Ministerialrat Johannes Lierenfeld und Bundesvorsitzender Volker Dürr. Foto: Christian Melzer
Gäste und Gastgeber beim Festakt im Hermann-Oberth-Kulturhaus, von links nach rechts: Dr. Dieter Fuchs, ehemaliger Kreisdirektor des Oberbergischen Kreises, Peter Flosbach, MdB, Landrat Hagen Jobi, Bodo Löttgen, MdL, Bürgermeister Werner Becker-Blonigen, Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, Kreis- und Landesvorsitzende Enni und Harald Janesch, Ministerialdirigent Frank Willenberg, Ministerialrat Johannes Lierenfeld und Bundesvorsitzender Volker Dürr. Foto: Christian Melzer
Ein wesentlicher Schwerpunkt sei der kulturelle Substanzerhalt. Es gebe Projekte, die auch für die Siebenbürger Sachsen geeignet seien. "Wenn etwas bei Ihnen verloren zu gehen droht, werden wir Ihnen helfen, es zu restaurieren und für die kommenden Generationen zu retten. Es geht aber nicht nur um Substanz, die man anfassen kann, sondern auch um geistige Substanz und Traditionen. Und deshalb investieren wir am meisten in die kulturelle Bildung, indem wir fördern, dass Sie Ihre Geschichte an künftige Generationen weitergeben." Der Kulturstaatssekretär zeigte sich beeindruckt von der regen Teilnahme der jungen Generation am Festprogramm in Drabenderhöhe. "Das kann einen nur hoffnungsvoll stimmen und da kann man nur allen herzlich danken, die dazu beigetragen haben, und Sie ermuntern, genau diesen Weg weiterzugehen. Es ist wichtig, dass auch die mittlere Generation Traditionspflege betreibt, und solche Projekte will das Land künftig fördern. Ziel ist es, dass ein jedes Kind in diesem Land um seine kulturellen Wurzeln Bescheid weiß und, soweit es nicht deutschstämmig ist, sowohl um die deutschen als auch um die seines Herkunftslandes weiß." Dafür sei ein großer Kraftakt der Gesellschaft erforderlich. Grosse-Brockhoff zeigte sich überzeugt, dass dies der richtige Weg sei, "der nur über die kulturelle Bildung gehen kann".

Der "Patenonkel" dankte den Siebenbürger Sachsen für ihre vorbildliche Leistung in vier Jahrzehnten und dafür, "dass Sie uns gezeigt haben, wie man Integrationsarbeit angehen kann". Als Geburtstagsgeschenk für seine Patenkinder kündigte Grosse-Brockhoff an, dass die von der Landsmannschaft, dem Siebenbürgischen Museum und Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrat gestellten Anträge allesamt von ihm bewilligt werden. Diese Zusicherung und die Festrede, die die Zuschauern zutiefst bewegt hatte, wurde mit lang anhaltendem Beifall begrüßt.

Den Festakt im Hermann-Oberth-Kulturhaus in Drabenderhöhe hatte die Siebenbürger Blaskapelle unter der Leitung von Jürgen Poschner mit dem Adagio aus dem Freischütz von Carl Maria Weber eröffnet. Die Vorsitzende der Kreisgruppe Drabenderhöhe, Enni Janesch, begrüßte unter den etwa 400 Gästen zahlreiche Vertreter aus Politik, Kultur, Kirche und der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, darunter Staatssekretär Grosse-Brockhoff (CDU), Landrat Hagen Jobi (CDU), den Wiehler Bürgermeister Becker-Blonigen (parteilos), die stellvertretende Bürgermeisterin Angelika Banek (SPD), den Bundestagsabgeordneten Klaus-Peter Flosbach (CDU), Ministerialrat Frank Willinger vom Bundesinnenministerium, seitens der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen den Ehrenvorsitzenden Dr. Wolfgang Bonfert, den Bundesvorsitzenden Volker Dürr und den Vorsitzenden der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen, Harald Janesch, sowie die ersten Siedler von 1964, namentlich Maria und Kurt Kirscher und Ehepaar Gertrud und Julius Jobi, die extra aus Ungarn zu den Feierlichkeiten angereist waren.

Die rührige Kreisgruppenvorsitzende Enni Janesch, die zusammen mit ihren Mann Harald seit 1965 in Drabenderhöhe lebt und die Feierlichkeiten mit großem organisatorischem Geschick gemeinsam mit den Vereinen auf die Beine gestellt hatte, ging in ihrer Begrüßungsrede auf die Entwicklung der Siedlung ein. Das 1353 erstmals urkundlich erwähnte Kirchdorf habe sich in den letzten vier Jahrzehnten stark verändert und sei heute eines der drei größten der 51 Dörfer der Stadt Wiehl. Das Dorf sei in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts bereit gewesen, die verstreut in der Bundesrepublik Deutschland lebenden, eine neue Heimat suchenden Siebenbürger Sachsen aufzunehmen. So sei innerhalb von knapp zwanzig Jahren die größte geschlossene Siedlung mit Siebenbürger Sachsen weltweit entstanden. Heute leben hier etwa 3 500 Siebenbürger Sachsen und deren Abkommen, mehr als Evangelische in Kronstadt und Hermannstadt zusammen genommen.

Am 17. Juni 1966 konnte Robert Gassner, der "Vater der Siedlung", bei der Einweihung im Festzelt am alten Sportplatz ausrufen: "Es ist soweit. Wir sind daheim!" "Diesen Ausspruch können wir heute mit Dankbarkeit wiederholen und bekräftigen", sagte Janesch. Allen Vereinen des Ortes, die tags zuvor gemeinsam ein beeindruckendes Dorffest im Festzelt auf dem Sportplatz gestaltet hatten, dankte Enni Janesch: "Es sind Vereine, die das aktive und vielfältige Gemeinschaftsleben in unserem Ort prägen. Es waren auch diejenigen, in denen die ersten Kontakte aufgenommen wurden, wo Integration stattgefunden hat."

"Jahre kommen, Jahre ziehen, ewig eilt die Zeit", intonierte passend dazu der Männergesangverein unter der Leitung von Friedhelm Thiess, bevor der Schirmherr der Jubiläumsfeiern, Landrat Hagen Jobi, sein Grußwort überbrachte. Der Siebenbürger Sachse wies darauf hin, dass die Einwohnerzahl des Landkreises von 245 000 im Jahr 1987 auf mittlerweile 290 000 gestiegen sei. "Oberberg ist demnach nicht nur Heimat, sondern besitzt auch die Fähigkeit, Heimat zu werden." Das 40-jährige Bestehen der Siedlung gebe reichlich Anlass, zufrieden Bilanz zu ziehen. Glückwunsch und Dank gelte sowohl den Höhern, die sich bewusst für das Zusammenwachsen, für das An-einem-Strang-Ziehen entschieden hätten, sowie den alten und neuen Vereinen, ohne deren treibende Kraft die erfolgreiche Eingliederung erst gar nicht möglich gewesen wäre. Der Optimismus von Robert Gassner, der am 17. Juni 1966 bei der Einweihung der Siedlung seinen Landsleuten zugerufen hatte: "Es ist soweit. Wir sind daheim!" sei sogar übertroffen worden: "Die Siebenbürger Sachsen sind Oberberger geworden. Sie haben in diesem Wandlungsprozess zwar ihre Heimat in Siebenbürgern verloren, aber nicht vergessen, ihre Traditionen und vor allem ihre kulturelle Identität leben in der neuen Heimat fort." Stellvertretend für alle Förderer des Siedlungsprojektes erwähnte Jobi den Oberkreisdirektor Dr. Friedrich Wilhelm Goldenberger, der der damaligen Kommunalpolitik eine neue Linie vorgab, die bis heute gehalten habe.

Der gesellschaftliche Wandel in Deutschland eröffne neue Möglichkeiten und bringe zugleich Herausforderungen mit sich, sagte Hagen Jobi. Das Bekenntnis zur eigenen Region sei heute aktueller denn je. Deshalb wünschte der CDU-Politiker, der mit seiner Familie selbst in der Siedlung wohnt, "Drabenderhöhe noch mehr Schwung nach vorne und Stolz auf sich selbst".

Bürgermeister Werner Becker-Blonigen erinnerte ebenfalls an Robert Gassner, der sich als "fürsorglicher Vater der Siedlung" mit seinen Mitarbeitern ständig Gedanken über alle Facetten des Zusammenlebens gemacht und in regelmäßigen Gesprächen mit dem Bürgermeister, damals Stadtdirektor, um alle Aspekte der Eingliederung seiner Landsleute in der Heimatstadt gekümmert habe. Den Satz Gassners, "Wir sind daheim", deutete der beliebte Bürgermeister als Ende einer langen Odyssee, die die Siebenbürger Sachsen aus Rumänien über verschiedene Länder nach Deutschland geführt habe. Sie hätten die Chance wahrgenommen, noch einmal ein Zuhause aufzubauen und sich darin geborgen zu fühlen. Becker-Blonigen erinnerte an zahlreiche Einheimische, die zu Freunden und Weggefährten der Siebenbürger Sachsen wurden, und würdigte die Bedeutung der Vereine und Genossenschaften beim Zusammenwachsen von Jung und Alt. Als Beispiel der Akzeptanz, der sich die Siebenbürger Sachsen erfreuen, nannte er Hagen Jobi, den die Oberberger zu ihrem Landrat gewählt haben.

Als "wohltuend" bezeichnete Becker-Blonigen das kommunalpolitische Engagement der Siebenbürger Sachsen und als "Bereicherung" ihre kulturellen Leistungen. "Sie sind erdverbunden und zugleich weltoffen, Sie sehen - und das bringen Sie uns immer wieder bei - Europa als Chance, als einen vertrauten Kontinent. Nach 40 Jahren sage ich nur: Es ist gut, liebe Siebenbürgerinnen und Siebenbürger, dass ihr da seid, dass ihr zu uns gehört!", rief ihnen der Bürgermeister zu.

Jochen Höhler, Vorsitzender des Heimatvereins, betonte, dass die vergangenen Jahre es ermöglicht hätten, die Siebenbürger Sachsen heute als "liebe Höher" anzusprechen, denn "wir unterscheiden nicht mehr zwischen Oberbergern und Siebenbürger Sachsen". Nach vier Jahrzehnten setze man im Zusammenleben keinen Schlusspunkt, sondern habe "ein bemerkenswertes positives Zwischenergebnis erreicht".

Für die von Staatssekretär Grosse-Brockhoff zugesicherte Förderung dankte der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, Dipl.-Ing. Arch. Volker E. Dürr. Sie stärke den Siebenbürger Sachsen als "aktive Partner im Wiederaufbau des Nachkriegsdeutschlands und Europas". Der Aufnahmebereitschaft der in Deutschland lebenden Bürgerinnen und Bürgern sei es zu verdanken, dass annähernd 250 000 Siebenbürger Sachsen in den vergangenen 60 Jahren hier neue Heimat gefunden haben. Die Integration seiner inzwischen mehrheitlich in Deutschland lebenden Landsleute bezeichnete der Bundesvorsitzende als "eine Erfolgsgeschichte". Dank der großzügigen Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen und der besonderen Hilfe des Oberbergischen Kreises sei es der damaligen Gemeinde Bielstein-Drabenderhöhe und der nachfolgenden Stadtgemeinde Wiehl gelungen, vielen Siebenbürger Sachsen in Drabenderhöhe eine neue Heimat zu geben. Dürr war als 22-Jähriger im Juni 1966 bei der Einweihung des ersten Abschnittes der Siedlung dabei gewesen, nachdem seiner Familie ein Jahr zuvor durch Menschenfreikauf gestattet worden war auszuwandern. Jahrzehntelang war die Familie politisch verfolgt gewesen. Wie er weiter ausführte, habe er nach dem Studium in Aachen und einigen Berufsjahren in Bonn seit 1978 in verantwortungsvoller Stellung beim Oberbergischen Kreis und der Oberbergischen Aufbau GmbH an der Erweiterung der Siebenbürger-Sachsen-Siedlung mitgewirkt. In Drabenderhöhe sei "ein Gemeinschaftsleben entstanden, das die kulturellen Traditionen pflegt und weit über die kommunalen Grenzen ausstrahlt und damit auch im Kleinen eine Brückenfunktion in Europa wahrnimmt, dessen Zusammenwachsen hoffentlich auch weiterhin von der Idee des Friedens und der Freiheit bestimmt und geleitet sein wird."

Eine Anerkennungsurkunde verlieh der Bundesvorsitzende der Kreisgruppe Drabenderhöhe für "ihre in vier Jahrzehnten mit Bürgersinn, Engagement, Kreativität und Hilfsbereitschaft vorbildlich erbrachte Vereinsarbeit". Die Kreisgruppe habe "sich um die Eingliederung der Aussiedler unserer Gemeinschaft verdient gemacht und dadurch beispielgebend innerhalb und außerhalb unseres landsmannschaftlichen Verbandes gewirkt".

Harald Janesch, Vorsitzender der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen, dankte der Kreisgruppe Drabenderhöhe für ihre Vorbildfunktion auf Landes- und Bundesebene. Der Landesregierung dankte er für die Unterstützung und Patenschaft: "Wir haben die auch genutzt und etwas daraus gemacht."

Den Landtagsabgeordneten Bodo Löttgen verbinden eine langjährige Beziehung zu und gemeinsamen Erlebnisse mit den Siebenbürgern, die ihn im BV 09, dem mitgliederstärksten Ortsverein, geprägt haben. Als Tugenden, die den Siebenbürger Sachsen und auch den Oberbergern gerne - und häufig auch zu Recht - zugeschrieben werden, nannte er "Fleiß, Sparsamkeit, Geradlinigkeit, Zuverlässigkeit, Durchsetzungsvermögen, Mut, Hartnäckigkeit und insbesondere die Bereitschaft zum Neuanfang". Diese Parallelen in der Mentalität hätten zu gegenseitiger Anerkennung und Wertschätzung, schlussendlich zum heutigen Miteinander geführt. "Sie tragen Ihre Heimat im Herzen, haben sich aber auch erfolgreich hier eingebracht. Wir im Oberbergischen sind stolz, die Siebenbürger Sachsen als Teil unserer Gesellschaft nennen zu dürfen", sagte der CDU-Politiker.

Pfarrer i.R. Kurt Franchy, Vorsitzender des Adele-Zay-Vereins, des Trägers des Altenheims und Kindergartens, betonte, dass sich das Altenheim seit seiner Gründung vor 40 Jahren für die Integration geöffnet habe. Dadurch sei ein gutes Miteinander unter den zurzeit 128 Heimbewohnern möglich geworden, von denen rund ein Drittel Nichtsiebenbürger seien. Unter großem Applaus kündigte Franchy an, dass der Adele-Zay-Verein in Zusammenarbeit mit der Kreisgruppe Drabenderhöhe nach den Schulferien eine Büste zum Gedenken an Robert Gassner, den "Vater der Siedlung", enthüllen werde.

Mitgestaltet wurde der Festakt zudem von dem Jugendchor und dem Honterus-Chor unter der Leitung von Regine Melzer sowie der Kinder- und Jugendvolkstanzgruppe der Siebenbürger Sachsen unter der Leitung von Christa Brandsch-Böhm, die allesamt mit viel Applaus bedacht wurden. Henriette Kuales führte einfühlsam durch das Programm.

Die Kinder-, Jugend- und Erwachsenentanzgruppe Drabenderhöhe führten gemeinsamen den Bändertanz beim
Die Kinder-, Jugend- und Erwachsenentanzgruppe Drabenderhöhe führten gemeinsamen den Bändertanz beim "bend des Dorfes" auf. Foto: Christian Melzer


Die erwähnten Kulturgruppen waren tags zuvor mit anderen Ortsvereinen auch beim "Abend des Dorfes" aufgetreten. "Freunde lassen sich nicht im Stich" sangen keck die Drabenderhöher Spatzen im vollen Festzelt. Zudem beeindruckten Kirchen-, Frauen- und Honteruschor, die Rhönradgruppe, das Akkordeon-Orchester, Turnerinnen, Männergesangverein, Blaskapelle sowie Volkstanzgruppen mit ihrem Können. Ulrich Frommold, Vorsitzender des Männergesangvereins, und Jürgen Poschner, Dirigent der Trachtenkapelle Drabenderhöhe, führten durch das fast dreistündige Programm. Frommold erinnerte an die Altbürger, die den Anstoß für den Bau der Siedlung gegeben hatten: Ernst und Kurt Halstenbach, Leo Heu, Hermann Lutter und Hermann Wüster. Von Seiten der Siebenbürger waren es Robert Gassner, Elvine Gusbeth, Rudolf Dienesch, Andreas Kellner und Michael Schenker . Die Entscheidung sei richtig gewesen, die Siedlung zu bauen, betonte Frommold. Die Vereine, in denen man sich traf und kennen lernte, hätten entscheidend zum Zusammenwachsen von Alt- und Neubürgern beigetragen. Anschließend spielte die Siebenbürger Trachtenkapelle aus dem österreichischen Elixhausen zum Tanz auf.

Teil der Jubiläumsfeierlichkeiten war am 17. und 18. Juni das 27. Musikerfest der Vereinigten Siebenbürger Blaskapellen von Nordrhein-Westfalen und Wolfsburg (Lesen Sie morgen einen Bericht in der Siebenbürgischen Zeitung Online). Die Siebenbürger Blasmusik aus Munderfing (Österreich) rundete den Samstagabend durch schwungvolle Tanzmusik ab.

Der von Pfarrer Rüdiger Kappf und Frank Müllenmeister am Sonntagmorgen im Festzelt gestaltete Gottesdienst stand im Zeichen des Dankes. "Wir haben Grund Gott zu loben, wenn wir sehen, was in 40 Jahren entstanden ist", sagte Pfarrer Müllenmeister. Durch das Miteinander von Oberbergern und Siebenbürgern sei "eine ganz normale rheinländische Kirche" entstanden. Superintendent Jürgen Knabe rief die Besucher auf, ihr Lebenshaus auf ein einziges Fundament, jenes von Jesus Christus, aufzubauen. Musikalisch umrahmt wurde der Gottesdienst vom Drabenderhöher Posaunenchor sowie dem Kirchen- und Honteruschor und dem Stephan-Ludwig-Roth-Chor aus Setterich, die zu Ehren Gottes einen einzigen großen Chor bildeten.

"Es war ein phantastisches Bild: Die Zugteilnehmer zeigten eine atemberaubende Vielfalt von traditionsreichen siebenbürgischen Trachten und winkten den Zuschauern fröhlich zu", berichtet Ursula Schenker über den Festumzug durch den Ort am Sonntagnachmittag. Der Umzug schlängelte sich vom Altdorf aus über die Hauptstraße über den Siebenbürger Platz zum Festzelt. "Angeführt wurde der Zug von Markus Groß, der die blau-rote Fahne der Siebenbürger trug. Flankiert wurde er von Landrat Hagen Jobi, Bürgermeister Werner Becker-Blonigen, dem Vorstand der Kreisgruppe mit Enni und Harald Janesch an der Spitze sowie Pfarrer i.R. Kurt Franchy", schreibt Ursula Schenker auf der Webseite www.drabenderhoehe.de. Es folgten zahlreiche Vereine und Blaskapellen, die den Dorfabend am Freitag und das Musikerfest am Samstag gestaltet hatten. Das vielseitige Programm verdeutlichte, dass Feier und Andacht einen hohen Stellenwert im Leben der Siebenbürger Sachsen einnehmen und nahe beieinander liegen.

Die informative Festschrift "Heimat im Wandel der Zeiten", Band 3, mit einer Darstellung aller Vereine des Ortes kann zum Preis von 5 Euro, zuzüglich Porto, bei Günther Bartesch, Marienfelder Straße, 51674 Wiehl, Telefon: (0 22 62) 70 12 95, erworben werden. Die 40-jährigen Jubilare werden sich in separaten Artikeln auch in der Siebenbürgischen Zeitung präsentieren.

Siegbert Bruss

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 11 vom 15. Juli 2006, Leitartikel)

Schlagwörter: Drabenderhöhe, Jubiläum

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