26. September 2009

Lehrreicher Bockelkurs

Am 5. September fand in München in der Ge­schäftsstelle des Landesverbandes Bayern und der Kreisgruppe München ein Bockelkurs statt. Die Angestellte des Landesver­bandes Bayern und Mitarbeiterin der Bundes­geschäfts­stelle in München, Ilse Hommen, begrüßte die drei Refe­rentinnen Maria Rill, Maria Schenker und Elisa­beth Scheiber sowie die Teilneh­me­rinnen und Teil­nehmer aus Heidenheim, Augs­burg, Lands­hut, Rosenheim und München, darun­ter die Lan­desvorsitzende Herta Daniel und Peter Pastior, Vorsitzender des Sozialwerks, der die Veranstal­tung filmte, sowie die Frauen­referen­tin des Lan­desverbandes Bayern, Christa Wand­schneider, und die Vor­sitzende der Kreis­gruppe München, Heidemarie Weber.
Die unterschiedlichen Bocke­lungen wurden uns am leben­den Modell vorgeführt. Maria Rill (Heiden­heim) zeigte diese für die Klein­scheuerner Tracht, Maria Schenker (Augs­burg) für die Großauer Tracht und Elisa­beth Scheiber (München) für die Groß­pol­der Tracht.

Die Grundlage der Bockelung, „Nachthaube mit integrierten Zöpfen“, als auch das „Bockel­nadelkissen“ und die jeweiligen Erläuterungen der Referentinnen ließen die ganze Prozedur eigentlich leicht erscheinen, wenn man die Rei­hen­folge denn beherrscht! Dabei dürfen die Steck­nadeln nie fehlen. Der Schleier eng unter dem Kinn anliegend und mit acht Bockelnadeln fixiert, fertig war die gebockelte Klein­scheu­er­nerin. Dazu wird die Tracht je nach Alter unter­schiedlich getragen und je nach Anlass, ebenfalls die Bänder und Tücher.

Frau Scheiber referierte zur Großpolder Tracht und dokumentierte die einzelnen Hand­griffe zum geknüpften Tuch auf Christa Wand­schneiders Kopf. Dieses Tuch wurde zu festlichen Anlässen von den verheirateten Frauen ge­tragen. Im Gegensatz zu der bunten und komplizierten Bockelung der Kleinscheuerner Tracht bezeichnete Frau Scheiber die Landler Tracht eher als „zugeknöpft und bescheiden“. Sie wies auf die Trachteneinflüsse aus dem Salz­kammer­gut, Kärnten sowie von den Sieben­bür­ger Sach­sen hin und dokumentierte dies auch anhand von Fotos und Büchern über die Landler Tracht. Die Haube dient auch hier als Grundlage und Haarbändiger, das Stirnband macht die Stirn glatt und das weiße Spitzentuch wird mit Nadeln an der Haube festgemacht und am Hinterkopf gebunden. Einfach beschrieben, jedoch liegt in den zwei Falten und der Zipfel­technik ein beson­derer Reiz und Anmut.
Die Teilnehmer des Bockelkurses in München. Foto: ...
Die Teilnehmer des Bockelkurses in München. Foto: Peter Pastior
Die Bockelung der Großauer Tracht mit zwei eigenständigen Trachten wurde von Frau Schen­ker humorvoll und geschickt dargestellt. Die eine Tracht und Bockelung wurde zum Kirchgang von Frauen getragen, bis das erste Kind konfirmiert wurde. Die schwarze Bocke­lung hingegen wurde zur Konfirmation und zum Begräbnis bei Familienangehörigen getragen.

Der provisorische Zopf-Ring, die blaue Schlaf­haube und die weiße Netzhaube, darunter die „Quetsch“ für die Bockelnadeln, und schon sitzt die Unterlage. Dann die vier Bänder, das Bockel­tuch, die Stecknadeln, die Bockelnadeln und als Abschluss das „krause Spitzchen“! Das fertige Kunstwerk am Hinterkopf wurde noch durch ei­ne Brosche mittig verziert.

„Unanständig“ war es, wenn die Haare heraus­schauten. Deshalb hatte Frau Schenker ihr „Spezielgerät“ dabei, mit dem sie die Haare un­ter die Haube schob. Als Abschluss zeigte sie noch die Festtracht der Landlerfrauen aus Großau. Hierzu die Kopfbedeckung mit dem großen geknüpften Tuch und dem seitlich hochgesteckten Zipfel, wobei diese Flügel des Knüpf­tuches in Kleinscheuern „Rübenblätter“ genannt wurden. Der Nachmittag endete mit einem regen Mei­nungs- und Informations­austausch auch über die Beschaffung von Nadeln, Gürtel, Schleier und sonstigem Trachtenzubehör.

Interessierte können die jeweiligen Bockel-Arten der Gemeinden Kleinscheuern, Großpold und Großau erlernen und praktisch umsetzen. Hierzu kann auf Nachfrage in der Geschäftsstelle die entsprechende DVD zum Schutzpreis von 5,00 €Euro inklusive Versandspesen mit den einzelnen gefilmten Handgriffen bestellt werden. Mit einem kleinen Geschenk, überreicht von der Landesvorsitzenden an die Referentinnen, die das Geheimnis der Bockelung weitergaben, und gestärkt mit einer Brotzeit endete dieser lehrreiche Tag. Inspiriert von dieser Vielfalt und beeindruckt von der unterschiedlichen historischen Prägung werde ich nun die Bockelung meiner Heimatgemeinde Probstdorf aus dem Harbachtal in Angriff nehmen und sie für Interessierte dokumentieren. An Ilse und Helferinnen sagen wir ein herzliches Dankeschön für die Bewirtung, die zusammengestellte Mappe mit Informations­auszügen und Anleitungen aus Bockelkursen zu fünf unterschiedlichen Trachten sowie die Live-Vorführung von Tracht und Bockelung.

Anne Kremer

Schlagwörter: München, Trachten, Brauchtum, Seminar

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