30. November 2010

Jugend einst und heute: Siebenbürgisch-sächsischer Hauskalender 2011

Rechtzeitig für den weihnachtlichen Gabentisch ist das Jahrbuch 2011 erschienen, im Auftrag des Hilfskomitees der Siebenbürger Sachsen, herausgegeben von Hermann Schuller. „Bruderschaft – Schwesterschaft/Jugend einst und heute“, dieser Übertitel als thematische Klammer des 200 Seiten starken Buches stellt klar: Keineswegs ist es allein für den traditionellen Hauskalender-Leser in gesetztem Alter gedacht, es wird ebenso sehr junge Siebenbürger Sachsen interessieren, seien sie in Deutschland oder in Siebenbürgen geboren oder zu Hause.
Woher rührt die oft „altmodisch“ anmutende, immer wieder mal durchbrechende Forderung des noch in der siebenbürgischen Dorfgemeinschaft aufgewachsenen Großvaters oder Onkels nach Respekt, Zucht und Ordnung? Bruderschaften und Schwesterschaften waren die Strukturen, in deren Schoß Generationen von Jugendlichen das verinnerlicht hatten, was sie als Erwachsene in den Augen mancher andersnationaler Siebenbürger zu Vorbildern werden ließen. Im Rückblick werden diese Strukturen aufgezeichnet und zum Teil aus eigenem Erleben mit etwas Nostalgie gewürdigt, bewertet der Herausgeber die Beiträge des Jahrbuchs, die ausschließlich in ehrenamtlicher Arbeit erstellt worden sind. Nostalgie war dabei nicht allein die treibende Kraft. Der Historiker Dr. Michael Kroner reißt in einem Aufsatz die geschichtliche Entwicklung und Problematik der Bruder- und Schwesterschaften an. Dr. Dietmar Plajer beleuchtet die ältesten Burzenländer Bruderschaftsordnungen und stellt fest: „Die auch heute noch interessanten und aufschlussreichen selbst geschaffenen Ordnungen der Siebenbürger Sachsen waren zumeist Ordnungen, die am Baum der Kirche gewachsen sind. Das heißt: In ihnen spiegeln sich die göttlichen Gebote. Deshalb erwiesen sie sich im Laufe der Geschichte als gut und tragfähig (...). Solche Ordnungen haben ihre Zeit, in der sie heilend und helfend wirken. Wenn diese Zeit abgelaufen ist, wird man etwas anderes an ihre Stelle setzen müssen.“

Die Versuche, etwas anderes an ihre Stelle zu setzen, werden in zahlreichen erinnerten Beiträgen geschildert, am eindringlichsten in dem „Vom Wandervogel über die Arbeitslager zur DJ (Hitlerjugend) und in den Krieg“ überschriebenen Aufsatz von Michael Fabi: „Es gibt seit vielen Jahren das sich verstärkende Gefühl, dass uns Kindern des letzten Krieges, die wir inzwischen alt geworden sind, und den Generationen nach uns, also unseren Kindern und Enkelkindern, diese folgenschwere Zeit von unseren Lehrern und Pfarrern, unseren Eltern und erst recht von den Schulbüchern verschwiegen oder entstellt worden ist. Was in den Schulen darüber gehört und gelernt werden musste, war und wurde als Hetzpropaganda abgewehrt.“

Damit will niemand die althergebrachten siebenbürgisch-sächsischen Strukturen der Jugenderziehung als Ursprung des Bösen verunglimpfen, doch gilt das Einerseits-andererseits-Urteil von Dr. Michael Kroner: „Nachbarschaft, Bruder- und Schwesterschaft forderten Unterordnung und Integration des Individuums in die Gemeinschaft und sie ließen Individualisten wenig Spielraum. Sie gewährten aber jedem ihrer Mitglieder von der Wiege bis zur Bahre eine absichernde Heimstätte, Hilfe in Not und Bedrängnis“.

Etwa ein Viertel des Buchumfangs ist der Jugendarbeit von heute in Siebenbürgen (beginnend mit dem Jahr 1989) und in den Strukturen des Hilfskomitees und der Landsmannschaft (nach 1945) gewidmet. Es wird vom 7. Evangelischen Jugendtag in Rumänien (Mai 2010, Kleinschelken) berichtet, von den Bemühungen der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland (SJD), der Jugendorganisation des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V., durch Veranstaltungen und Aktionen die junge Generation von Siebenbürger Sachsen, in Siebenbürgen oder bereits in Deutschland geboren, für die Ziele und Werte des Verbandes zu begeistern. Von diesen Aktionen zeugen 30 der insgesamt 74 Fotos des reich illustrierten Jahr- buchs. Das älteste Schwarzweiß-Foto (Burschen in Großpold) geht auf das Jahr 1909 zurück, die neuesten Farbaufnahmen stammen von 2010. Das Kalendarium am Anfang des Bandes mit der jeweiligen Auslegung der Monatssprüche sichert den praktischen und den geistlichen Nutzen ab, der Immerwährende Kalender (1801 bis 2100) und weitere kalendarische Daten schließen an.

rm


Das Jahrbuch 2011 „Bruderschaft – Schwesterschaft/Jugend einst und heute“, herausgegeben vom Hilfskomitee der Siebenbürger Sachen und der evangelischen Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD, kann ab sofort zum Preis von 9,00 Euro, zuzüglich Versandkosten, bestellt werden bei: Hermann Schuller, Nelkenstraße 5, 68309 Mannheim, Telefon: (06 21) 7 18 84 46, Fax: (06 21) 7 18 84 47, E-Mail: HermannSchuller[ät]web.de.

Schlagwörter: Rezension, Hilfskomitee, Kirche und Heimat, Jahrbuch

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