2. Februar 2011

Leserecho: Die Rumäniendeutschen und die bundesdeutschen Medien

Jahrzehnte lang waren wir – Gott sei’s geklagt – in den bundesdeutschen Medien eine Quantité négligeable. In den überregionalen Zeitungen gab es nicht einmal einen Dreizeiler über das jährliche Pfingsttreffen der Siebenbürger Sachsen oder der Banater Schwaben. Auch kein einziges Wort auf den öffentlich-rechtlichen Fernsehkanälen; es sei denn als Nachzeichnung des Tagesablaufs einer hochgestellten politischen Persönlichkeit, sofern diese uns mit Ihrer Präsenz beehrte. Vergeblich wartete man auf wenigstens ein einziges Wort bei ARD und ZDF über die Jubiläumsfeier – 850 Jahre seit der Ansiedlung der Siebenbürger Sachsen im Karpatenbogen –, die 1991 in der berühmten Paulskirche in Frankfurt am Main stattfand und an der immerhin auch ein ehemaliger Bundespräsident teilnahm.
Dies hat sich nun schlagartig – Gott sei’s geklagt – geändert. Da nicht alle Bundesbürger die Frankfurter Allgemeine Zeitung oder den Spiegel lesen, haben wir dafür gesorgt, dass auch der Fernsehkonsument erfährt, wer wir eigentlich sind, zwar zwischen l950 und 1990 gering an Zahl, aber dafür eifrige Securitate-Kollaborateure.

Ich hätte mir gewünscht, dass all diejenigen, die sich zu Wort gemeldet haben, den Bundesbürgern etwas darüber erzählen, dass aus einem so kleinen Völkchen doch verhältnismäßig viele namhafte Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller etc. hervorgegangen sind. Nein, es war anscheinend wichtiger, dass sie vor allem erfahren, wie wir uns angeblich gegenseitig bespitzelt haben und den Kollegen oder den Freund an die Securitate verraten haben. Und sehen sollten sie dazu noch, wie rachsüchtig und gehässig wir sind.

Anlässlich einer Fernsehsendung fragte mich meine jüngste Enkeltochter erschrocken: „Opa, wer ist diese böse Frau?“ „Aber Kind, so darfst du nicht reden, das ist unsere Nobelpreisträgerin, auf die wir sehr stolz sind“, war meine Antwort.

Wir haben es nun endlich geschafft: Wir sind in den bundesdeutschen Medien nicht mehr Quantité négligeable!? Mit welchen Konsequenzen, darüber darf jeder von uns nachdenken.

Michael Miess, Sankt Augustin

Schlagwörter: Securitate, Medien

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