17. Mai 2011

Historiker Harald Zimmermann hält Vortrag über den Deutschen Orden

Der 14. Zeidner Ortsgeschichtlichen Gesprächskreis (ZOG), der in diesem Jahr am 16. April im Hotel Mercure in Böblingen-Hulb stattfand, stand ganz im Zeichen des Vortrags von Prof. Dr. mult. Harald Zimmermann (Tübingen), eines Historikers ersten Ranges, der über „800 Jahre Deutscher Orden im Burzenland“ referierte. Der ZOG, eine 1997 auf Initiative von Altnachbarvater Balduin Herter begründete Einrichtung der Zeidner Nachbarschaft, befasst sich vor allem mit Heimatkunde, Ortsgeschichte und die Zeidner Nachbarschaft betreffenden Angelegenheiten.
Hatten sich am Vormittag die über 30 Veranstaltungsteilnehmer mit Zeiden-spezifischen Themen beschäftigt, so begrüßte ZOG-Leiter Helmuth Mieskes nach der Mittagspause Prof. Zimmermann und dankte ihm für seine spontane Bereitschaft, einer durchweg laienhaften, aber sehr interessierten Zuhörerschaft die Besiedlung des Burzenlandes durch den Deutschen Orden vor 800 Jahren vor Augen zu führen. Prof. Zimmermann hob in seinem Vortrag die immense Bedeutung der ausgewerteten Urkunden für die Geschichtsschreibung hervor und stellte die für das Burzenland wichtigsten Dokumente vor: die Berufungsurkunde des Deutschen Ordens von 1211, in der das Burzenland erstmals urkundlich erwähnt wurde; die Urkunde des Weißenburger Bischofs Wilhelmus Vilmos, die 1218 in Rom bestätigt wurde, in der er großzügig auf Rechte im Burzenland verzichtete; die Königsurkunde von 1222, die die Berufung von 1211 erneut bestätigte und als Reaktion auf Unmutsäußerungen des ungarischen Adels folgte; die päpstliche Bestätigungsurkunde von 1222 und andere wichtige Zeitdokumente.

Den durch Urkunden belegten Ausführungen war unschwer zu entnehmen, dass die Rolle des Papstes während der Besiedlung von 1211-1225 eine entscheidende war und sich das Burzenland, nach der Berufung des Deutschen Ordens, in einem interessanten, oft aber auch undurchsichtigen Spannungsfeld zwischen Papst einerseits und ungarischem König andererseits befand.
Der Historiker Harald Zimmermann, flankiert von ...
Der Historiker Harald Zimmermann, flankiert von Hemuth Mieskes (links) und Udo Buhn von der Zeidner Nachbarschaft.
Das Thema Steinburgenbau, die Rolle der Ordensritter im Burzenland und die rumänische Geschichtsforschung wurden im Verlauf des Vortrags ebenso angesprochen wie die vergeblichen Versuche, den Streit zwischen Kirche und König vor der Vertreibung des Ordens von Schiedsgerichten schlichten zu lassen. Mit der Vertreibung des Ordens im Jahr 1225 und der kampflosen Räumung des Burzenlandes ging die siebenbürgische Episode des Deutschen Ordens nach nur 14 Jahren zu Ende.

Der sehr anschauliche Vortrag von Prof. Zimmermann und die anschließende Gesprächsrunde machten deutlich, dass selbst nach 800 Jahren viele Fragen zur Ordensgeschichte im Burzenland offen sind und es der weiteren Geschichtsforschung und wissenschaftlichen Arbeit vorbehalten bleibt, neue Erkenntnisse zur Besiedlung des Burzenlandes zu gewinnen, um so vorhandene Zweifel zu beseitigen.

Leider musste Altnachbarvater Balduin Herter krankheitsbedingt die Teilnahme am Gesprächskreis kurzfristig absagen. Sein vorgesehener Vortrag zum Thema „Zeidner Annalen“ sah die Geschichte Zeidens bis 1918 vor. In jahrelanger mühevoller Recherchearbeit schrieb Herter eine besondere Chronik dieses Geschichtsabschnittes, die bedeutende Persönlichkeiten, wichtige Geschichtsdaten und erwähnenswerte Ereignisse in einer sehr interessanten Darstellung beinhaltet. Das Buch, das dieses Jahr erscheinen soll, wird als Heft 17 in der Schriftenreihe „Zeidner Denkwürdigkeiten“ herausgegeben.

Als ersten Referenten am Vormittag hatte Helmuth Mieskes Nachbarvater Udo Buhn begrüßt, der mit seinem Vortrag „Das Burzenland und seine Wappen“ die soeben erschienene Sonderausgabe (2011) der HOG Regionalgruppe Burzenland vorstellte. Buhn, der den „Reifeprozess“ bis hin zum Eintrag der Burzenländer Wappen in die Ostdeutsche Wappenrolle (OWR) begleitet hatte, berichtete über den nicht gerade einfachen Werdegang dieser gemeinschaftlichen Arbeit der Burzenländer. Der kurze Exkurs in die Burzenländer Heraldik (Wappenkunde), der sich besonders mit dem Zustandekommen des dargestellten Zeidner Wappens und der dazugehörigen Wappenbeschreibung beschäftigte, wurde von den Zuhörern kritisch hinterfragt, machte aber auch deutlich, dass diese registrierten Wappen künftig für die Nachbarschaften und Heimatortsgemeinschaften verbindlich sind.
Gruppenbild mit zahlreichen begeisterten Zuhörern ...
Gruppenbild mit zahlreichen begeisterten Zuhörern nach dem Vortrag des Historikers Harald Zimmermann (zweite Reihe, Fünfter von rechts) in Böblingen.
Mit dem zweiten Vortrag „Bilder aus Zeiden 1848/49“ entführte Referent Helmut Adams die Zuhörer nach Zeiden in das Revolutionsjahr 1848 und eröffnete mit seinen quellengestützten Darlegungen einen Geschichtsabschnitt in der Geschichte Zeidens, der den Zuhörern überraschend wenig vertraut war. Dabei verwies er auf die Consistorial-Protokolle von 1800-1866 des freien Marktes Zeiden, die zum Teil Auskunft über die politischen Verhältnisse in Zeiden geben und die die Zustände beschreiben, unter denen die Auseinandersetzungen zwischen den revolutionären Truppen und den Kaiserlichen ausgetragen wurden. Die anschauliche Darstellung des Gefechts bei Zeiden am 19. März 1849, bei dem sich die Kaiserlichen und die Honvéd-Armee, die königlich ungarische Landwehr, gegenüberstanden, machte deutlich, wie Zeiden zwischen die gegnerischen Fronten geraten war und das Gefecht der beiden Kontrahenten über sich ergehen lassen musste. In der anschließenden Gesprächsrunde wurden gezielt Fragen gestellt, um die geschichtlichen Zusammenhänge der damaligen Zeit besser zu verstehen. Fazit dieser kleinen, sehr eindrucksvollen Geschichtslektion: Für die Zeidner ging es um 1848/49 im politischen Spannungsfeld zweier machthungriger Staaten um die Existenz. Dass mit dem Bürgerkrieg der Revolutionsjahre 1848/49 für die Zeidner eine Leidenszeit zu überstehen war, versteht sich von selbst.

Zwischen dem 8.-10. September 2011 findet in Zeiden das 3. Zeidner Treffen statt. Mit dem Beitrag „Über Sinn und Bedeutung von Zeidner Treffen in Zeiden“ versuchte Helmuth Mieskes die Zuhörer für die Teilnahme an diesem dritten Treffen zu mobilisieren und sie daran zu erinnern, dass solche Treffen auch in Zukunft eine nicht zu unterschätzende Rolle in der Beziehung zwischen Zeidner Nachbarschaft und der Kirchengemeinde Zeiden spielen werden. Dabei ließ er die beiden ersten Treffen (1997 und 2004) kritisch Revue passieren. Mehrheitlich sprachen sich die ZOG-Teilnehmer für weitere Treffen in Zeiden aus. Dabei wurde nicht versäumt, dem Vorstand der Zeidner Nachbarschaft für die Mitorganisation dieser Treffen zu danken und den Verantwortlichen Mut zuzusprechen, die Verbindung zur Heimatgemeinde nicht abreißen zu lassen. Den Abschluss der Gesprächsrunde am Vormittag bildete die Vorschau auf die weiteren Vorhaben des ZOGs. So soll anlässlich der 3. Zeidner Begegnung im September 2011 in Zeiden der 15. Gesprächskreis stattfinden. Dabei sollen vor allem die Menschen vor Ort über Schule, Kirche, Gemeinde und eventuell über das Ortsforum berichten. Außerdem soll die Zusammenarbeit zwischen Kirchengemeinde und Nachbarschaft offen hinterfragt und Vorschläge zur weiteren Verbesserung diskutiert werden. Abschließend dankte Nachbarvater Udo Buhn Prof. Harald Zimmermann für seinen eindrucksvollen Vortrag, Helmuth Mieskes für die reibungslose Organisation des Gesprächskreises und den Zuhörern für ihr Interesse.

Helmuth Mieskes

Schlagwörter: Deutscher Orden, Burzenland, Zeiden, Jubiläumsjahr 2011, Zimmermann

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