19. Juli 2011

Rheinfränkisches Mundarttreffen im lothringischen Saargemünd

Unweit von Saarbrücken, nahe der deutsch-französischen Grenze im Nordosten Lothringens, befindet sich das Städtchen Saargemünd / Sarreguemines, an der Saar und Blies gelegen. Mit über 21000 Einwohnern ist es ein Hauptort der Umgebung. Hier fand zwischen dem 17. März und 21. April das 13. rheinfränkische Mundarttreffen „Mir redde Platt“ statt.
Mit „Platt“ meint man in Lothringen das Rheinfränkische und Moselfränkische, welche zu den deutsch-lothringischen Mundarten gehören. Es sind zwei deutsche Mundarten, die hier seit über gut 1200 Jahren gesprochen werden. Das Rheinfränkische breitet sich von Nord-, Mittel-, Ost- und Südhessen, Rheinhessen, dem westlichen Unterfranken, der Westpfalz übers Süd- und Ostsaarland bis nach Lothringen (nur rheinfränkischer Teil) aus. Das Moselfränkische in Lothringen, gleich nordwestlich von Saargemünd beginnend, reicht bis ins Großherzogtum Luxemburg hinein.

Das Saargemünder Mundarttreffen „Mir redde Platt“, das hier nun zum 13. Mal stattgefunden hat, dient der Pflege der regionalen Kultur, der Bewahrung, der Pflege und der Förderung der regionalen Sprache, des Rheinfränkischen. Es wird von offizieller, von städtischer Seite sehr unterstützt, wie der Verfasser vom Kulturdezernenten der Stadt, Herve Atamaniuk, im Gespräch erfahren konnte. Wir unterhielten uns in unseren beiden verwandten fränkischen Mundarten, er auf Rheinfränkisch und ich auf Moselfränkisch (Siebenbürgisch-Sächsisch). Unsere Verständigung klappte wunderbar.

Die Stadtverwaltung, d.h. das Rathaus stellt sich im Netz auf Französisch, auf Deutsch, auf Englisch und auf „Platt“ vor. In der dortigen städtischen Mediathèque befindet sich das „Mundartzentrum“ mit Büchern in Mundart, Zeitungen, Bild- und Tondokumenten etc., die ausleihbar sind. Im Netz präsentiert sich diese städtische Einrichtung außer auf Französisch auch auf Deutsch und Platt. Jeden 1. Samstag im Monat trifft man sich dort in der „Platt-Schreibwerkstatt“. Am letzten Mittwoch im Monat trifft man sich zum „Märschelond“, wo Geschichten auf Platt gelesen werden.

Das Mundarttreffen an sich beinhaltete Schwerpunkte wie: Musik in regionalen Mundarten, z.B. mit dem lothringischen Mundartsänger Marcel Adam, unterschiedliche Ausstellungen wie jene vom Donauschwäbischen Zentralmuseum Ulm zur Ansiedlung der Donauschwaben im Banat (heute Rumänien), eine Schreibwerkstatt auf Platt, Gedichtvorträge auf Platt, Filme, Volksliedersingen und Volkstanz, Humor auf Platt, Mundarttheater. In der Stadtinformation gab es unzählige Artikel auf Platt.

Im Nachbarstädtchen Forbach, ebenfalls in Lothringen, wo Moselfränkisch gesprochen wird, gibt es Nachahmer, denn dort wurde 2011 zum 2. Mal das Mundarttreffen „Mir schwätze Platt“ abgehalten. Im Gespräch mit der ortsansässigen Bevölkerung merkte ich, wie erstaunlich gut und gerne die Leute dort Deutsch sprechen, wenn ich sie darauf ansprach und fragte, ob sie Deutsch sprechen würden. „Ja“, lautete die Antwort, während man auf der Straße und in den Läden fast nur Französisch hörte. Ein Ortsansässiger sagte mir, dass auf dem Lande nur Platt gesprochen werde. Von Herrn Atamaniuk, dem Kulturdezernenten der Stadt, erfuhr ich auch, dass Saargemünd mit dem kulturellen Mutterland Deutschland in Verbindung stehen wolle, um so z.B. unterschiedliche Ausstellungen aus Deutschland nach Saargemünd zu bringen (falls Interesse besteht, bitte Kontakt mit ihm aufnehmen). Meine dreitägige Begegnung mit der einheimischen Bevölkerung von Saargemünd war eine schöne und positive Erfahrung. Die Muttersprache macht den wichtigsten Bestandteil der Kultur und Identität aus. Der Wille, sie weiterhin zu bewahren, ist sehr groß.

Hans-Günther Kessler

Schlagwörter: Mundart

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