27. August 2011

Siebenbürgisches Museum in Gundelsheim erhält Tanzordnungen

Am 30. Juli übergab Dr. Bernhard Lasotta, Landtagsabgeordneter und Vorsitzender des Fördervereins des Siebenbürgischen Museums, den letzten bedeutenden Ankauf aus Mitteln des Fördervereins an die Leitung des Siebenbürgischen Museums in Gundelsheim, Dr. Irmgard Sedler und dem Kustos der Sammlungen, Marius J. Tataru. Es sind dies mehr als 120 Tanzordnungen aus dem Eigentum Alfred von Hannenheims, die auf einer Auktion zum Kauf angeboten wurden. Sie umfassen etwa die Hälfte der Sammlung Hannenheims, die andere Hälfte befindet sich im Besitz der Brukenthal-Museums in Hermannstadt.
Dr. Lasotta erklärte, dass es Sinn und Zweck des Fördervereins sei, in solchen Situationen dem Museum finanziell beizustehen und den gezielten Ankauf von Exponaten zu ermöglichen. Dr. Sedler dankte dem Vorsitzenden, aber auch Bernd Schütz, dem Vorsitzenden des „Honterus“-Vereins, der Überbrückungsgelder bereitstellte. Die nun in den Fundus des Museums gehörenden Tanzordnungen weisen eine nicht zu erahnende Vielfalt auf. Es sind handtellergroße Heftchen, oft mit Quasten verziert, die für jede Dame für einen Ballabend angefertigt wurden. Sie sind gedruckt oder handgemalt, gestickt oder in Samt eingeschlagen. Fester Bestandteil dieser Kärtchen war die Anführung der Tanzabfolge. Vergleicht man nun die Namen der Tänze in den ältesten Tanzordnungen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit den späteren, die bis in die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts reichen, kann man daran die Entwicklung der europäischen Ball- und Tanzkultur vorbildlich erkennen. Das „Tanzkränzchen“ von 1898 führt an: „Walzer, Polka Mazur, Quadrille, Reigenfahren, Polka Française, Polka Schnell, Ländler“, etliche Jahre später, 1912, tanzt man am Studentenball nach einem von Trude Schullerus gestalteten Kärtchen zusätzlich: „I. Lancier, Neubayrisch, Pas de patineurs, Rheinländer“.

Welche gesellschaftliche Bedeutung die zahlreichen Bälle im gesellschaftlichen Leben der sogenannten Belle Epoque in Hermannstadt hatten, verdeutlichen die Aufzeichnungen von Emil Sigerus. Hier nur zwei Beispiele. „1870 Baron Hermann Brukenthal lässt im Hermannsgarten in der Mühlgasse einen Tanzpavillon erbauen.“ Drei Jahre später wird angeführt, am „09.01.1873 Der Tanzsaal im Römischen Kaiser wird parkettiert.“ (Emil Sigerus, Chronik der Stadt Hermannstadt, Honterus Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Hermannstadt 1930). Organisatoren der Bälle waren hauptsächlich Vereine, Handelsvereine, Feuerwehr, Bildungsvereine, aber auch Studentenvereinigungen und Offiziercorps.

Marius J. Tataru betonte auch, dass anhand der Kärtchen der gesellschaftliche Wandel in dieser Zeitspanne zu erkennen sei. Während in der Mitte des 19. Jahrhunderts der Walzer wegen des Körperkontaktes der beiden Tanzpartner noch verpönt war, gehörte er schon in den 90er Jahren desselben Jahrhunderts zu jeder Tanzveranstaltung.

Dr. Sedler erläuterte, dass dieser Ankauf für das Siebenbürgische Museum in Gundelsheim wegweisend sei für die weitere Vorgangsweise in dem Aufbau des Sammlungsbestandes. Viele Privatpersonen übergeben dem Museum Schenkungen, hauptsächlich Teile von Festtrachten. Um aber in Ausstellungen die Gesamtbreite des gesellschaftlichen Lebens in Siebenbürgen darstellen zu können, ist es zwingend notwendig, gezielt Objekte anzuschaffen. Dies ermöglicht der Förderverein des Siebenbürgischen Museums. Um diesen Teilbereich des gesellschaftlichen Lebens in Hermannstadt in einer zukünftigen Ausstellung darstellen zu können, bittet die Museumsleitung um Objektspenden: Ballkleider, Modeaccessoirs, Schuhe und dergleichen. Sedler nahm diese Übergabe zum Anlass, allen Mitgliedern des Fördervereins zu danken und all jenen, die mit ihren Spenden den Erhalt der siebenbürgischen Kultur ermöglichen.

Werner Sedler

Schlagwörter: Gundelsheim, Siebenbürgisches Museum, Schloss Horneck

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