28. Juni 2012

Antje Krauss-Berberich für Tassilo-Kunstpreis nominiert

„Erbe erhalten – Zukunft gestalten“ – darum ging es auch in der Podiumsdiskussion des Heimattages 2012, wo mehrere Wege dafür aufgezeigt wurden. Einer davon ist, eine dauernd hohe Qualität unserer Verbandsarbeit, haupt- wie ehrenamtlich, zu sichern, indem wir vermehrt die Unterstützung von Fachleuten einbauen. Aber erkennen wir die unter uns lebenden Landsleute als die für uns so wertvollen Fachleute? Manchmal ist es der Blick von außen, der uns erst klar macht, welchen Schatz wir unter uns haben.
Dank des Hinweises von Michael Schwarz vom Stadtarchiv Ebersberg kann ein vielseitiges Bild der Persönlichkeit Antje Krauss-Berberich, Leiterin des Stadtarchivs Ebersberg seit 1994, Galeristin im Rathaus, Heimatforscherin sowie Kultur- und Pressereferentin der Kreisgruppe Ebersberg des Verbandes der Siebenbürger Sachsen, die wir anhand hochwertiger Einzelveranstaltungen sehr wohl zu schätzen gelernt haben, erstellt werden.

Michael Schwarz schreibt über die gebürtige Kronstädterin Antje Berberich, die 1972 aussiedelte und 1977 nach Ebersberg kam: „Als sie die Leitung des Ebersberger Stadtarchivs übernahm, traf sie nicht auf einen großen Bestand an Kulturgütern, gut sortiert und sicher aufbewahrt, sondern auf eine Fülle ungeordneter Schachteln und Kisten ... Der Besucher trifft heute ein hervorragend sortiertes, geordnetes Archiv an. Gemäß ihrer Maxime, wonach alles geschichtlich ist, begann sie parallel zur Katalogisierung mit der Sammlung von Kostbarkeiten aus dem Bereich der schönen Künste – Gemälden, Skulpturen, Literatur – sowie von Gebrauchsgegenständen wie Bierflaschen, Spazierstöcken, Fenster- und Bilderrahmen, Kleidung u.a. mehr. Entstanden ist unter den pflegsamen Händen der Archivarin ein Konvolut aus Urkunden, Postkarten, Fotos, Luftaufnahmen, Post- und Ansichtskarten, aus Sterbebildern und Chroniken, Zeichnungen und privaten Dokumenten – eine Sammlung, die mit 4000 Kunstwerken ihresgleichen sucht und selbst die Bestände größerer Kommunen im Landkreis weit in den Schatten stellt.“
Antje Krauss-Berberich in „ihrer“ Galerie im ...
Antje Krauss-Berberich in „ihrer“ Galerie im Rathaus Ebersberg, 2012. Foto: Heinz Schmid
Neben der Sammeltätigkeit als Archivarin würdigt Schwarz auch ihre Beschäftigung mit der Kunst, speziell mit den Künstlern der Stadt Ebersberg: „Antje Krauss-Berberich legt – wohl eine Folge ihrer Auseinandersetzung mit der politischen Instrumentalisierung der Kultur im kommunistischen Rumänien – einen entschieden demokratischen Kulturbegriff zugrunde, wonach sich Kunst nicht allein auf Präsentationen in Museen und Galerien beschränken, Ausstellungen sich nicht primär an das interessierte Fachpublikum wenden sollen. Gleichgültig, ob Berberich Grund- oder Oberstufenschüler durch ihre beeindruckende Sammlung unter dem Dach des Rathauses führt, die Ergebnisse ihrer Forschungen in der Fachpresse darlegt oder Zusatzschilder mit Informationen zu Leben und Werk der Namensgeber (Legenden) an Straßenschildern in Ebersberg anbringt: Stets geht es ihr im besten Sinne um Aufklärung der Bürger, …sich direkt an Bewohner und Besucher zu wenden, sie mit der Kunst vor Ort bekannt und vertraut zu machen. Legendär ist in dieser Hinsicht 2001 die Ausstellung ,1000 Stühle in Ebersberg‘ gewordenen: Bemerkenswert waren nicht nur die Exponate sowie die rege Beteiligung von Künstlern aus dem Landkreis, sondern auch der ausdrückliche Appell an die Bevölkerung, sich aktiv mit eigenen Objekten an der Ausstellung zu beteiligen, selbst künstlerisch tätig zu werden... Insgesamt ein großer Erfolg für die sympathische Archivarin, die wohl nicht zuletzt deshalb 2002 zur ‚Frau des Jahres’ im Landkreis Ebersberg bestimmt wurde. Dies hängt sicher auch damit zusammen, dass Antje Krauss- Berberich, die als Galeristin des Ebersberger Rathauses in 18 Jahren mehr als 200 Vernissagen veranstaltet hat und zugleich als Kultur- und Pressereferentin der Siebenbürger Sachsen in Ebersberg fungiert, regelmäßig vor allem siebenbürgischen, aber auch anderen ethnischen Gruppen (rumänischen, ungarischen, russischen Künstlern) sowie Vertriebenen die Gelegenheit gibt, in Ebersberg auszustellen.“

Außerdem unterstützt sie frühere Zwangsarbeiter, im Rahmen des Fonds „Erinnerung und Verantwortung“ eine finanzielle Entschädigung zu erhalten, um ihnen – wenn auch spät – Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, war aktiv bei der Errichtung einer Obdachlosenunterkunft und half rund 30 Menschen meist erfolgreich beim Einstieg in den Beruf, indem sie ihnen neues Selbstvertrauen z.B. durch eine sinnvolle Tätigkeit im Archiv gab. „Es ist nicht übertrieben, Antje Krauss-Berberich als eine der profiliertesten Persönlichkeiten des kulturellen und öffentlichen Lebens des Landkreises Ebersberg zu bezeichnen, die ihre eigenen Erfahrungen nutzt, um Demokratie und Gerechtigkeit auch für Minoritäten, für mehr oder minder Vergessene, für Menschen auf der Schadenseite des Lebens erlebbar zu machen. Sie leistet humanitäre Hilfe im besten Sinne – lautlos, aber nie wirkungslos.“ (M. Schwarz)

Wen wundert noch, dass Antje Krauss-Berberich für den Tassilo-Kunstpreis vorgeschlagen wurde! Der Preis wird alle zwei Jahre von der Kulturredaktion der Süddeutschen Zeitung vergeben, demnächst im Juli 2012. Wir wünschen unserer Siebenbürger Sächsin in Ebersberg, den wohlverdienten Preis zu erhalten.

Gratulation zur erreichten Wertschätzung in Ebersberg, liebe Antje, und danke für deine Solidarität und herzliche Selbstverständlichkeit, mit der du als erfolgreiche Kulturschaffende auch in unserem Verband der Siebenbürger Sachsen mitwirkst!

Doris Hutter

Schlagwörter: Kunst, Nominierung, Porträt, Ebersberg

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