16. Dezember 2012

Heinz Ackers „Carmina Selecta“ auf CD

Die diesjährige Musikwoche der seit 1997 bestehenden, aus dem Arbeitskreis für südostdeutsche Musik hervorgegangenen Gesellschaft für deutsche Musikkultur im südöstlichen Europa (GDMSE) ging zu Ende, wie immer, mit einem aufwendig gestalteten Konzert des Chors, Orchesters und einiger Gesangssolisten der Musikwoche, diesmal im Heilbronner Konzerthaus „Harmonie“ (die SbZ Online berichtete am 8. Mai 2012). Die GDMSE vertritt auf musikalischer Ebene Siebenbürgen, das Banat und andere ehemalige deutsche Siedlungsgebiete in Ost- und Südosteuropa.
Für dieses Konzert hat der aus dem siebenbürgischen Hermannstadt gebürtige Dirigent, Musikpädagoge, Pianist und Autor Heinz Acker, emeritierter Professor der Musikhochschule Mannheim und Leiter des renommierten Bruchsaler Jugendsinfonieorchesters, eine gewissermaßen programmatische Suite auf deutsche, ungarische und jüdische Volkslieder der erwähnten Regionen für Soli, Chor und Orchester oratorisch und mit reizvollen eigenschöpferischen Akzenten einfallsreich und emotiv eingerichtet. Er gibt ihr (in Anlehnung an Carl Orffs Carmina Burana) den Titel Carmina Selecta. (Der in Anspielung auf Goethes Westöstlichen Diwan bzw. auf die bekannte antike orientalische Gedichtsammlung des Diwan formulierte Untertitel Süd-östlicher Divan – die korrekte deutsche Schreibweise wäre Diwan – ist weniger glücklich gewählt.) Heinz Acker hat als Chorleiter der Musikwoche das abendfüllende Werk selbst einstudiert und die in Rede stehende Aufführung am 14. April d.J. vor vollem Saal und unter starkem Beifall geleitet.

Nun liegt ein Mitschnitt dieses Konzerts auf CD vor, herausgegeben in Gemeinschaftsarbeit von Heinz Acker, Julius Henning, Frieder Latzina (Musikverlag Latzina, Karlsruhe), Johannes Killyen (Leiter der Musikwoche), dem Bundeskulturreferat des Verbandes der Siebenbürger Sachsen, der Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung, der GDMSE und dem Donauschwäbischen Kulturreferat in Ulm, vorzüglich betreut von Tonmeister Michael Acker.

Es ist erfreulich, dass somit auch einmal – zum ersten Mal – die dankenswerte künstlerische Arbeit dieser jährlich in der Evangelischen Tagungsstätte in Löwenstein stattfindenden Musikwoche hörbar dokumentiert wird. Dass eine ad hoc zusammengekommene Musiziergemeinschaft anspruchsvolle Werke mit einem vollbesetzten Sinfonieorchester, einem großen gemischten Chor, einem Kinderchor und Vokalsolisten vorträgt, ist keine Selbstverständlichkeit. Damit nicht genug: Die bedeutenden und groß besetzten Kompositionen werden jedes Mal in wenigen Tagen einstudiert. Die enthusiastischen Interpreten sind zum Großteil Laien und Jugendliche, unterstützt von einigen Berufsmusikern und angeleitet von professionellen Dozenten.

Dass man gewisse, aus oben angesprochenen Spezifika erwachsene Mankos auf der CD hört, oder merkt, dass es keine Profiensembles sind, die hier agieren, wäre für eine professionelle Musikkritik „ein gefundenes Fressen“. Dafür sollte man sich nicht hergeben, sich nicht selbst beschämen und den einmaligen musikalischen, ideellen, menschlichen, ethnischen und historischen Wert dieser Aufnahme, den jugendlichen Zauber und die musikantische Begeisterung, die man deutlich heraushört, geringschätzig übergehen. Man sollte auch nicht vergessen, dass die CD einen Mitschnitt, eine Live-Aufzeichnung, und keine ausgeklügelte und zusammengeschnittene Studioaufnahme präsentiert. Ungeachtet dessen finden sich durchaus Stellen, die von bemerkenswerter Musikalität und geschultem Können zeugen. Insgesamt kann man von einer unter vergleichbaren Bedingungen hervorragenden Leistung sprechen.

So kann diese CD große Freude und künstlerischen Genuss bieten, sie kann musikalische Interessen befriedigen, historische Informationen vermitteln, Erinnerungen und (unsentimentale!) Heimatgefühle wecken. (Apropos: Wer den Begriff und den seelischen Tatbestand des Heimatgefühls nicht mag oder sogar verachtet, hat nie eine wie auch immer geartete Heimat erlebt und musste auch nie seine Heimat verlassen). Viele Lieder bedeuten den Menschen – nicht nur den geflohenen, ausgesiedelten oder vertriebenen – ein Stück lebendige Heimat. Die ansprechende, musikalisch, satz- und variationstechnisch meisterliche, höchsten künstlerischen Ansprüchen genügende und doch eingängige, für jeden geistig und seelisch zu verinnerlichende Gestaltung durch Heinz Acker ist Hilfe und Gewähr dafür. Neben den Chören und den Instrumentalensembles tragen dazu bei natürlich auch die Solisten Renate Dasch, Johanna Boehme, Hans Straub und Christoph Reich sowie die Kindersoli von Emelie Gross, Anna Rusdea, Cosima Straub und Clara Boehme.

Das in die CD-Kassette eingelegte, schön gestaltete Begleitheft (23 Seiten) gibt kurz Auskunft über die Liedersuite, bringt die Texte sämtlicher Lieder – im Falle von Mundarttexten eine Übertragung ins Hochdeutsche – und umreißt die Biographien des Dirigenten und der Solisten.

Karl Teutsch


Die CD ist erhältlich bei Heinz Acker, Telefon: (0 62 21) 80 84 63, E-Mail: heinz.acker[ät]t-online.de, oder bei Julius Henning, Telefon: (0 72 31) 2 48 64, E-Mail: julhenning[ät]alice-dsl.net, zum Preis von 10 Euro (inkl. Versand).

Schlagwörter: Acker, CD, Musik

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