2. November 2013

Schätze erkennen und heben

In diesem Jahr fand die gemeinsame Tagung unserer Kultur- und Frauenreferentinnen aus Bayern am 12. und 13. Oktober im Siebenbürgerheim Rimsting statt. Bei unserer Ankunft empfing uns Heimleiterin Emilie Maurer herzlich mit einem Begrüßungstrunk und kulinarischen Spezialitäten von der Kreisgruppe Traunreut. Die freundliche Atmosphäre trug uns durch die ganze Tagung. Man fühlte sich buchstäblich „wie zu Hause“. Dafür danken wir Frau Maurer und ihrem Team sowie Klaus Waber, Vorsitzender des Hilfsvereins der Siebenbürger Sachsen „Stephan Ludwig Roth“ e.V. Unser Dank gilt auch dem Haus des Deutschen Ostens in München, das uns finanziell unterstützte und somit die Voraussetzung für eine gelungene Tagung schuf.
Nach Anreise und kurzer Begrüßung durch die Tagungsleiterinnen Doris Hutter und Christa Wandschneider folgte ein so genanntes „wertschätzendes Interview“, durchgeführt von Susanne Mai, Kulturreferentin aus Regensburg. Anhand von vier Fragen konnten je zwei Personen miteinander kommunizieren, ihre persönlichen Beweggründe und Erwartungen ansprechen. Fragen wie „Wo sehen wir neue Lebens-­ räume für uns selbst“, aber auch im Verband, Ideen, Anregungen und Wünsche, unsere „Schätze zum Strahlen zu bringen“ waren Kernpunkte der Fragen. Die „Schatzsuche“, die sich wie ein roter Faden über die zwei Tage verfolgen ließ mit ihren nachdenklichen, reflektierenden Momenten, von biblischen Schätzen zu unseren siebenbürgischen Schätzen, die, wenn vergraben, als solche wiederbelebt und entdeckt werden wollten/sollten, hat bei allen Teilnehmenden positive Spuren hinterlassen.

In ihrem Vortrag „Schätze heben“ nahm die Referentin Melitta Müller-Hansen aus Olching, Pfarrerin im Büro der Rundfunkbeauftragten der bayerischen Landeskirche, gebürtig aus Großscheuern, die Teilnehmer auf eine Schatzsuche mit: Bei der Frage, welche Schätze zu heben sind, wurden die bleibenden als die wertvolleren erkannt. Wobei der Wert eines Schatzes wenig mit seinem materiellen Gegenwert zu tun hat: Eine Frau, die ihren Schatz (eine Drahme im Wert eines Brotes) verloren, gesucht und überglücklich gefunden hat, teilt diesen dann vor Freude verschwenderisch mit den Anderen. Anhand einer Fotoausstellung mit verfallenen Kirchenburgen und einer Sächsin aus Braller, die den gestickten Spruch „Gottes Wege sind wunderbar“ zeigt, sprach die Referentin auch über Verlust und Vertrauen. Über die äußeren Schätze kam sie zu den inneren: „Im Exil wirst du gemessen an dem, was du tust, selten fragt dich einer nach deiner Geschichte. Und plötzlich spürst du, was du hattest, was für dich wertvoll (und früher selbstverständlich) war.“ Und sie ermunterte die Zuhörer zu überlegen, was jeden einzelnen gestärkt hat, den Verlust der Heimat, der Gemeinschaft zu verkraften: innere Schätze, die es zu erkennen und heben gilt. Die Erkenntnis daraus war bezeichnend: „Wir sind reiche Menschen!“ Ein weiterer Gedanke ließ die Teilnehmenden innehalten: Wer seinen Schatz erkennt, muss etwas anderes weglassen. Darüber wurde im Plenum diskutiert: Was hat mir in Siebenbürgen gut getan und bestimmt heute mein Leben nicht mehr? Was hat mich damals eingeengt, so dass ich froh bin, hier frei davon leben zu können? Herzlichen Dank für all diese Gedanken, sie haben die ganze Tagung geprägt!
Siebenbürgisch-sächsische Kultur- und ...
Siebenbürgisch-sächsische Kultur- und Frauenreferentinnen aus Bayern am Chiemsee.
Die Nachbereitung in gemeinsamen Gesprächen und Anregungen brachte viele neue Aspekte zutage. Persönliche Wünsche wie „gesund bleiben“, „Kraft und Ausdauer“ für das Ehrenamt, das man bekleidet, zu haben, aber auch konkrete Vorschläge, wie unsere inneren, aber auch siebenbürgischen Schätze zu finden und zu heben sind, sorgten für eine lebhafte Diskussion. Gruppenarbeit und gemeinsames Erarbeiten eines Themas, den Begriff „Schatz“ zu definieren und in die eigene Gedankenwelt und in die der Teilnehmenden einzubinden, war eine neue Erfahrung und kam sehr gut an. Die Erkenntnis, reich beschenkt, nicht nur mit „Goldtalern“ und „Goldkugeln“ sowie einer wunderschönen Karte, die, wie es schien, für jeden Teilnehmenden den richtigen Spruch oder Wunsch beinhaltete, sondern mit der Gewissheit, etwas Wertvolles erfahren zu haben, rundete dieses Seminar ab.

Zu unseren Schätzen gehören auch die Trachten. Zum Thema „Weitergabe an die junge Generation über die Medien und Sammeln des Wissens über unsere Trachten“ referierten Christa Andree aus Heilbronn und Maria Schenker aus Augsburg. Sie konnten praktische Tipps zum Umgang mit Trachtenträgern, zum Erstellen, Beschaffen und Pflegen von Trachtenteilen geben und auch, wie mit Hilfe der HOGs, bei denen das Wissen über die Trachten liegt, eine Datenbank auf der Homepage des Verbandes aufgebaut werden kann, woraus man sich weltweit anhand von Stichpunkten, Videos und vielen Bildern, notwendigen Details und fachkundig zusammengestellten Anleitungen informieren kann. Dazu brauchen wir u.a. eine Adressliste mit Personen und Orten, wo etwas hergestellt oder beschafft werden kann, Trachtenkennerinnen, die für die Datenbank fachlich überprüfte Erkenntnisse bereitstellen, gute Fotos und Filme (z.B. über das jeweilige Bockeln) und natürlich Helferinnen, die die Datenbank bestücken, aktualisieren und pflegen wollen.

Dass, auch in anderer Hinsicht, bisher schon viel geleistet wurde, zeigte Doris Hutter in ihrem Vortrag „Beispiele erfolgreicher Bemühungen um das Kulturerbe der Siebenbürger Sachsen“. Sie würdigte u.a. den unermüdlichen Einsatz von Einzelkämpfern wie Gerhard Rill in Augsburg, der eine enorme Sammlung zusammengetragen hat, den Mut zum Handeln (Antje Krauss-Berberich in Ebersberg), Engagement auch in anderen Gremien (Annemarie Klein im Augsburger Integrationsrat), kreative Ideen einer sächsischen Rentnerin (Gerda Bürger im Seniorenbeirat der Stadt Fürth) sowie Marianne und Wilhelm Roth für deren jahrzehntelangen Einsatz für Muttertagsausstellungen sowie Vortragsreihen in Augsburg. Zur Aktivierung der Landsleute, Aufgaben für die Gemeinschaft zu übernehmen, ergab die Diskussion gute Tipps (z.B. Vorbild sein, direktes Ansprechen, Interesse wecken, kreativen/jungen Leuten Vertrauen schenken, Vernetzen mit einheimischen Gruppen) und auch, wie Lob einzusetzen ist.

Ein Spaziergang entlang des herbstlichen Chiemsees sowie eine Führung durch das Siebenbürgerheim mit Siegrun Rothbächer, die uns durch das Haus begleitete und informierte, wurden von den Teilnehmerinnen der Tagung dankend angenommen. Wunderschöne Wandbehänge, liebevoll gestaltete „siebenbürgische Ecken“ sowie viele Blumen zeigten, mit wie viel Liebe dieses Heim eingerichtet und geführt wird. Beeindruckt waren wir auch von der spontanen Gesangseinlage einer angestellten Mitarbeiterin, die uns allen zeigte, wie persönlich und menschlich sich diese Wohnstätte präsentiert.

Ein besonderer Höhepunkt war für alle – sowohl Heimbewohner als auch Teilnehmer – der Auftritt der siebenbürgisch-sächsischen Jugendtanzgruppe Traunreut mit ihren spritzigen Tänzen unter der Leitung von Martin Edel. Mit Blick auf den Chiemsee und die nahe Alpenkette wurde auf der Wiese vor dem Haus getanzt. Was als Vorführung begann, wurde bald zu einem gemeinsamen Tanzen. Jung und Alt, Trachtenträger und Teilnehmende ließen es sich nicht nehmen, das Tanzbein zu schwingen.

Es war eine Tagung zum „Anfassen“, das mitgebrachte Material (Trachtenstücke, Schürzen, selbst gebastelte Modellhalterungen) war zum Anschauen, Nachlesen, Fotografieren, sogar zum Mitnehmen gedacht. Durch die Unterschiedlichkeit der anwesenden Teilnehmer/Teilnehmerinnen, die sich daraus ergebende Vielfalt sowie durch die eingebrachte Lebenserfahrung herrschte ein reger Austausch. Die Atmosphäre war offen und freundlich, so dass jedes noch so „kleine“ Thema, das die einzelnen Kreisgruppen und Referate bewegt, angesprochen werden konnte. Unser größter „Schatz“ war gefunden: Siebenbürgen erstrahlte in seiner ganzen Vielfalt. Britta Kirschner schreibt: „Ich habe die ganze Woche richtig gezehrt von dem wunderschönen Ort, den netten Begegnungen, von neuen Ideen, die noch alle umgesetzt werden wollen.“ – „Herz, was willst du mehr?!“ Dank gebührt den Tagungsleiterinnen, Kulturreferentin Doris Hutter und Frauenreferentin Christa Wandschneider für die Organisation und Gestaltung einer sehr erfolgreichen Tagung, sowie Rosi Schwarz.

Rosemarie Schwarz, Christa Wandschneider, Doris Hutter

Schlagwörter: Kulturreferenten, Frauenreferentinnen, Bayern, Tagung, Rimsting

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