23. April 2015

Zum 80. Geburtstag von Hans-Joachim Acker alias „Mircea Ioanid“

Welcher Rundfunksender kann schon von sich behaupten, „sein Hauptziel sei die Selbstauflösung“!? Das war jene amerikanische Rundfunkanstalt, die 1950 ihren Aufbau am Englischen Garten in München begann und von da aus Nachrichten und Kommentare in die damals noch offiziell als Satellitenstaaten Moskaus bezeichneten, sogenannten Volksdemokratien Osteuropas sendete. Zu jenem aus strategischer Westperspektive bezeichneten „Cordon Sanitäre“, mit dem sich Moskau von Mittel- und Westeuropa abschirmte, gehörten die drei baltischen Staaten, Polen, die DDR, die ČSSR, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Albanien. Während die Bevölkerung der DDR über die westdeutschen Rundfunksender und den RIAS Berlin (Rundfunk im Amerikanischen Sektor) mit Nachrichten und Kommentaren versorgt wurde, übernahm in München der Sender Radio Freies Europa (Radio Free Europe) diese Aufgabe für die genannten Länder. Parallel zu dieser Rundfunkanstalt sendete für die Länder der Sowjetunion der auch in München angesiedelte US-Sender Radio Liberty. In diesem internationalen Umfeld bewegte sich seit 1964 unser Landsmann Hans-Joachim (Hannes) Acker, der unter dem Pseudonym „Mircea Ioanid“ in mehr als 28 Jahren die Geschichte dieses Senders miterlebte und in kleinem Maße auch mitgestaltete. Am 23. April begeht er seinen 80. Geburtstag. Aus diesem Anlass bemüht sich der Verfasser im Namen einiger seiner ehemaligen Kollegen, Ackers Tätigkeit in nahezu 30 Jahren am Englischen Garten in München zu würdigen.
Hans-Joachim Acker war von dieser Tätigkeit so begeistert, dass er bis kurz vor dem geplanten Umzug des Senders nach Prag treu seinen Dienst versah und als stellvertretender Leiter der Nachrichtenabteilung 1992 in den Ruhestand verabschiedet wurde. Acker hatte schon als Heranwachsender in Bukarest die Härten des kommunistischen Regimes miterleben müssen, als sein Vater gleich zweimal im Abstand von wenigen Jahren in der Nacht von Geheimagenten aus der Wohnung abgeholt wurde und für Monate spurlos verschwand, während seine Frau völlig mittellos mit zwei Kindern ihrem Schicksal überlassen wurde.

Die jahrelangen Anfeindungen von Seiten der linksliberalen Presse der Bundesrepublik, als „Sender des Kalten Krieges“ verschrien, mittels einer 15 kg schweren Bombe im Februar 1981 zum Teil in die Luft gesprengt, setzte Radio Free Europe (RFE) seine Arbeit unbeeindruckt fort. Acker und seine Kollegen in der rumänischen Sendeabteilung mussten die „Ermordung“ von vier Direktoren und zwei Redakteuren miterleben. Bis heute wurden die genannten Todesfälle – im Falle der vier Direktoren waren es jedes Mal galoppierende Krebserkrankungen, bei den anderen beiden Redakteuren handelte es sich um einen Mord auf offener Münchner Straße und ein Messerattentat in einer Münchner Tiefgarage. Diese Todesfälle wurden bis heute nicht hundertprozentig aufgeklärt. Dass hinter diesen Attentaten der „lange Arm“ der Securitate vermutet wurde, war naheliegend und quasi auch halboffiziell nach der Wende 1989/1990 bestätigt. Kurz vor seinem Tod erklärte der damalige Chef des Auslandsgeheimdienstes DIE (Direcția pentru Informații Externe), General Plesița in einem TV-Interview, dass es eine Anordnung von höchster Partei- und Staatsführung gegeben habe, die Mitarbeiter der Rumänischen Sendeabteilung von RFE zu liquidieren. „Und es tut ihm persönlich Leid“, so Plesița zynisch weiter, „dass nicht noch mehr von diesen ins Jenseits befördert wurden“.
Hans-Joachim Acker mit seinem Enkelsohn. ...
Hans-Joachim Acker mit seinem Enkelsohn.
Hans-Joachim Acker wurde am 23. April 1935 in Erfurt geboren, wuchs dann in Bukarest auf. Ein zweijähriger Aufenthalt mit Mutter und Bruder in Mühlbach (er war damals neun Jahre alt) prägte seine weitere Entwicklung und er wollte eigentlich gar nicht mehr nach Bukarest zurück. Auch nach seiner Ausreise in die Bundesrepublik 1962 wählte er als neue Heimatstadt den kleinen, gemütlichen Ort Grafing, 30 km östlich von München gelegen, der sich dann als Grafinger Zweig der doch sehr großen Ackerfamilie, mit Wurzeln in Reußmarkt, Mühlbach, Hermannstadt und Kelling, etablierte. Zu seiner großen Freude haben auch seine beiden Söhne ihre Familien in der Nähe ihres Elternhauses gegründet.

Als sich dann in Folge des Zusammenbruchs des Staatskommunismus auch noch die Möglichkeit einer Selbstauflösung des Sender Freies Europa am Horizont, wie in seinen Statuten verankert, abzeichnete, rundete sich Ackers Mitwirken im Kampf für die Freiheit in seinem Heimatland ab. Dieser erhoffte, aber bei weitem nicht absehbare Zusammenbruch des Kommunismus war die niemals erahnte Krönung seiner Arbeit bei dieser einzigartigen Rundfunkanstalt. Die „ewigen“ Hetzer gegen RFE haben letztendlich auch zugeben müssen, dass der „Kalte Krieg“ zum Teil am Englischen Garten in München mitentschieden wurde (empfehlenswert ist auf YouTube der Dokumetarfilm „Liebesgrüße nach Moskau. Der große Radiokrieg“).

Heute muss jeder, der das Gebäude des Senders am Englischen Garten betreten möchte, über einen ins Pflaster eingemeißelten Hinweis gehen, der an das Wirken von Radio Freies Europa erinnert. Eine späte, aber seit langem erwartete Anerkennung! Und der rumänische Außenminister Dan Diaconescu hat 2009 in einem Schreiben an die Mitarbeiter des Senders unter anderem betont: „Sie haben mit persönlichen Opfern und unter erheblichen Gefahren, mit großer Hingabe einem edlen Zweck gedient, der Verbreitung von Informationen in die Dunkelheit hinter dem Eisernen Vorhang. Zweifellos war die Beseitigung dieser scheinbar unüberwindbaren Grenze nur möglich, weil die Menschen durch Sie und Ihre Stimmen aus München Informationen bezogen, die ihnen von Ihren eigenen Regierungen jahrzehntelang vorenthalten wurden. Im Namen des rumänischen Volkes, im Namen jener, die sie Abend für Abend mittels alter Radioapparate und ausgefahrenen Antennen hörten, und im Namen der heute Zwanzigjährigen, die das Pfeifen der Störsender nicht mehr kennen, die heute eine nie dagewesene Pressefreiheit genießen, danke ich Ihnen für Ihre Tätigkeit beim Sender Radio Freies Europa in München.“

Ein Kuriosum sei abschließend noch erwähnt: Acker und seine Kollegen wurden 2001 nach Bukarest gebeten, um aus der Hand des altkommunistischen Präsidenten Ion Iliescu eine Auszeichnung für „ihren Kampf gegen den Totalitarismus“ entgegen zu nehmen. Das war natürlich ein Hohn, aber auch gleichzeitig eine große Genugtuung für die sogenannten „kalten Krieger“ aus München.

Nach seinem Ausscheiden aus RFE wurde Acker als Bundespressereferent der damaligen Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen berufen. Von 2001 bis 2011 leitete er dann als Vorstand die Arbeiten der Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung in München.

Julian Repser

Schlagwörter: Acker, Geburtstag, Jubiläum, Radio, Journalist, München

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