8. Oktober 2015

60 Jahre Siebenbürgische Bibliothek: Landeskundeverein tagte in Gundelsheim

Am 31. März 1955 unterzeichneten das damalige Hilfskomitee und das Gustav-Adolf-Werk eine Vereinbarung über die Übernahme einer Büchersammlung zur siebenbürgischen Geschichte und Landeskunde – dies gilt als die Geburtsstunde der Siebenbürgischen Bibliothek. Der zu Beginn eher kleine Bestand wurde zunächst im Altenheim in Rimsting untergebracht und zog 1963 auf Schloss Horneck – ein Jahr nach Gründung des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde, der künftig den Ausbau und die wissenschaftliche Betreuung übernahm.
Wiederum wenige Jahre später schlossen Arbeitskreis, Hilfskomitee und Landsmannschaft eine Vereinbarung über die gemeinsame Trägerschaft der Bibliothek – eine echte Gemeinschaftsleistung in Eigeninitiative. Erst mit der Förderung eines Geschäftsführers (als Referenten für transsylvanische Forschung) durch das Institut für Auslandsbeziehungen kamen ab 1970 auch öffentliche Mittel ins Spiel.

Um daran zu erinnern und Bilanz nach 60 Jahren zu ziehen, trafen sich am 12. September die Mitglieder des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde im Billardsaal auf Schloss Horneck im Rahmen ihrer Jahresversammlung. Zunächst führte der Buch- und Bibliothekswissenschaftler Dr. Attila Verók (Universität Erlau/Eger in Ungarn) in die Bibliotheksgeschichte Siebenbürgens ein und skizzierte eine neue Darstellungsform – den Bibliotheken in sächsischen Städten kam dabei eine zentrale Funktion zu.
Der Referent Dr. Attila Verók während der ...
Der Referent Dr. Attila Verók während der Jahresversammlung im Gespräch mit Dr. Renate Weber. Im Hintergrund die Ausstellung „Siebenbürgen – eine Wissenschaftslandschaft“. Foto: Jutta Fabritius
Über die unmittelbaren Anfänge der Siebenbürgischen Bibliothek selbst – über die Situation vor 1955, die Gründung, den raschen Aufbau ab 1963 – sprach Prof. Dr. Dres. h.c. Paul Philippi, der zu den Initiatoren gehörte und die Anfangszeit gemeinsam mit Balduin Herter, dem nachmaligen langjährigen Bibliotheksleiter, bestritt. Von besonderem Interesse war die Einordnung der Siebenbürgischen Bibliothek in die bundesdeutsche Bibliotheklandschaft der Nachkriegszeit durch Dr. Wolfgang Kessler, den langjährigen Leiter der Martin-Opitz-Bibliothek in Herne und selbst seit rund vier Jahrzehnten aktives Mitglied des Landeskundevereins. Er stellte fest, dass diese Bibliothek mit dem Focus auf den Siebenbürger Sachsen unter Einbeziehung zunächst ganz Siebenbürgens und dann in abgestufter Ordnung auch der Nachbarregionen einzigartig sei, zumal mit den ergänzenden Abteilungen des Archivs. So sieht er die Bibliothek, die seit den 1970er Jahren dem Heidelberger Bibliotheksystem angeschlossen ist, denn auch für die Zukunft trotz der relativ kleinräumigen Spezialisierung gut aufgestellt und der wissenschaftlichen Konkurrenz gewachsen.

Dies belegten auch die beiden Werkstattberichte aus dem Kreis der Mitarbeiter. Christian Rother berichtete anschaulich über die Erschließungspraxis der Bibliotheksbestände – inzwischen über 82000 Einheiten – und über die heutigen Recherchemöglichkeiten sowie breit angelegten Kooperationen. Jutta Fabritius hingegen gab Einblicke in das angeschlossene ­Archiv, speziell in das Fotoarchiv, dessen Erschließung, Aufbewahrung, Nutzung und Digitalisierung. Als Überraschungseinlage schloss sich die Vorstellung der viersprachigen Neuedition der Weltbeschreibung von Johannes Honterus durch Dr. Robert Ofner an.

In der die Jahresversammlung abschließenden Mitgliederversammlung des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde standen die aktuellen Entwicklungen im Mittelpunkt. Nachdem der Arbeitskreis seine gesamten Rücklagen und Barmittel in einem Kraftakt zum Erwerb von Schloss Horneck eingebracht hatte, um die Kultureinrichtungen vor einem ungewissen Schicksal zu bewahren, rief dessen Vorsitzender Dr. Ulrich A. Wien die Mitglieder und deren Freunde eindringlich dazu auf, durch rasche Spenden den Arbeitskreis schnell wieder handlungsfähig zu machen – nur eine unmittelbare Unterstützung wird es dem Verein ermöglichen, seinen Verpflichtungen einschließlich jenen gegenüber dem stets einsatzfreudigen Personal nachzukommen. Seitens des Kulturrats erhielten die Mitglieder anschließend folgende wichtige Information:

Neue Geschäftsführung

Schon seit geraumer Zeit wurde angestrebt, die seit fünf Jahren vakante Geschäftsführerstelle wieder zu besetzen – also Geschäftsführung des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrats, des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde und die Leitung von Bibliothek/Archiv. Mit Unterstützung der Stiftung Siebenbürgische Bibliothek wird es nun möglich sein, ab Mitte Oktober Ingrid Schiel als neue Geschäftsführerin in Teilzeit zu beschäftigen. Das ist gerade angesichts der unmittelbar bevorstehenden großen Veränderungen und der Einrichtung des gesamten Siebenbürgen-Instituts mit Bibliothek und Archiv im Schloss eine dringende Notwendigkeit und eine ausgesprochen gute Nachricht. Frau Schiel kennt die Gundelsheimer Einrichtungen seit über zwei Jahrzehnten aus eigener Anschauung und aktiver Mitarbeit; sie ist studierte Historikerin und Germanistin und hat ­soeben ihre Dissertation über ein siebenbürgisch-sächsisches Thema abgeschlossen.

Die Vorstände blicken einer guten Zusammenarbeit voller Zuversicht entgegen. Die überaus positive Bilanz nach sechs Jahrzehnten wurde somit durch gleich zwei neue Aufbrüche hoffnungsvoll auf die Zukunft projiziert – wenn uns das Glück nicht unhold wird, so wird man an diesem Ort, im Logo der Stiftung Siebenbürgische Bibliothek als sächsische Bücherburg verbildlicht, noch manche schöne Jubiläen begehen können.

H. Roth

Schlagwörter: Siebenbürgische Bibliothek, AKSL, Gundelsheim

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