1. Oktober 2018

Sprach- und Dialektforscher Prof. em. Dr. Kurt Rein plötzlich verstorben

Der aus der Bukowina stammende Sprach- und Dialektforscher Dr. Kurt Rein ist am 23. August im Alter von 86 Jahren abends in Baldham in der Obhut der Familie entschlafen. Bei den letzten Telefongesprächen ging es um die Biographie des emeritierten Professors Rein für eine Ausstellungstafel zur großen Expo im November dieses Jahres in Bukarest unter dem Titel „Hundert Jahre zusammen“, die mehrsprachig an alle evangelisch-deutschen Gruppen erinnern soll, die nach Ende des Ersten Weltkrieges im Königreich Rumänien zusammenkamen: Altreich, Banat, Bessarabien, Bukowina, Dobrudscha und Siebenbürgen. Ein Zeitzeugengespräch war für August geplant. Der plötzliche Tod verhinderte auch die Verwirklichung des letzten eigenen Vorhabens, nämlich seine Erinnerungen fertig niederzuschreiben.
Der emeritierte frühere Ordinarius der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) hatte im März das 86. Lebensjahr erreicht. Professor Rein zählte zu den bedeutendsten Kulturvermittler aus der Bukowina, zu den letzten „originellen Bukowinern“ und zu den verdienstvollen Persönlichkeiten der Erlebnisgeneration der Umsiedlungen 1940 aus der historischen Bukowina ins damalige Deutsche Reich und danach. Geboren wurde er 1932 im damals mehrheitlich evangelischen Dorf Deutsch-Alt-Fratautz, wo er seine Kindheit in multiethnischer Umgebung verbrachte, da sein Vater Notar in der benachbarten Csango-Gemeinde Andrasfalva (rumänisch heute Măneuți) war. Sein Onkel Hans Rein zählte zu den führenden evangelischen Pastoren der Bukowina, sowohl vor, als auch nach der Umsiedlung 1940. Er ist früh (1. August 1956) in der Pfalz verstorben an den Folgen von Krieg und Kriegsgefangenschaft.

Der Großteil der Fratautzer Landsleute gelangte während bzw. nach der Umsiedlung und dem Weltkrieg nach Weiden in der Oberpfalz, wo Rein 1951 sein Abitur ablegte. Im Herbst des gleichen Jahres begann er sein Studium in München. Als Student gehörte er noch zu denen, die verpflichtend an der Schutträumung in München teilnehmen mussten. Der baldige Wechsel an die Uni Mainz hatte damit zu tun, dass der Student Rein ein für seinen späteren Werdegang wichtiges staatliches Stipendium erhalten hatte nach einer erfolgreichen Wettbewerbsteilnahme zum Thema „Pfälzer drinnen und draußen“ in Kaiserslautern. Von Mainz folgte der Wechsel nach Marburg. Sein Doktorvater führte ihn zur Dialektforschung hin und besorgte Werkverträge. So war Rein Gastdozent in den USA, unternahm Forschungen in Österreich bei Karl Kurt Klein. Laut Kürschners Deutschem Gelehrten-Kalender hat Rein 1957 promoviert und im selben Jahr geheiratet. Angeführt sind Gastprofessuren in Chicago und Georgetown. Er habilitierte sich 1972/73, ab 1975 war Rein Ordinarius an der LMU München, Lehrstuhl Linguistik und Didaktik der deutschen Sprache und Literatur. Später unternahm der bereits international bekannte Professor zwecks Sprachforschungen Reisen in die USA, gezielt zu Bukowinern und Nachkommen, und nach Israel. Auf seine über 27-jährige Lehrtätigkeit an der Universität in München sei hier nicht näher eingegangen.

Prof. Dr. Rein zählte zu den engagiertesten Buchenländern der Nachkriegszeit in Deutschland. In seiner Lehr-, Forschungs- und Fördertätigkeit setzte er sich wie im ehrenamtlichen Wirken für seine Schicksals- und Erlebensgeneration weit über die bukowinischen Belange hinaus ein. Prof. Rein verwies stets auf die vielen Verbindungen, die es zu Siebenbürgen, Galizien, Bessarabien, dem Banat und anderen Regionen der alten Monarchie und in jüngerer Zeit bis nach Übersee gab. Als Inhaber eines Lehrstuhls an der Ludwig-Maximilians-Universität München zählte Prof. Rein in der Zeit, als es den Eisernen Vorhang noch gab, zu den wenigen Universitätsprofessoren in Deutschland, die sich nicht nur dem Westen zugewendet, sondern auch Ost- und Südosteuropa nicht vergessen haben. So förderte und wirkte der Sprach- und Dialektforscher Rein, der sich als „Schüler von Karl Kurt Klein“ (Siebenbürger) bezeichnete, beispielsweise an den Forschungs- und Facharbeiten in Siebenbürgen, Sathmar, im Banat und in Ungarn (Budapest und Fünfkirchen / Pécs) mit. Für die Buchenländer und weitere Gemeinschaften aus Südosteuropa, wie z. B. Siebenbürger, stehen die von ihm bearbeiteten und herausgegebenen drei Bände des Siebenbürgisch-deutschen Sprachatlasses. Die Herausgabe von drei CDs mit Tonbelegen zu den bekanntesten deutschen Mundarten in der historischen Bukowina, Pfälzisch („Schwäbisch“), (Deutsch-)Böhmisch und Zipserisch, in Zusammenarbeit mit dem Augsburger Bukowina-Institut im Vorjahr, waren ihm ein wichtiges Anliegen zur Sicherung des Spracherbes der Buchenlanddeutschen.

Kurt Rein, der letzte der drei visionären Gründungsprofessoren des Augsburger Bukowina-Instituts vor 30 Jahren, der letzte Vorsitzende der Kaindl-Gesellschaft, der Stellvertretende Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Buchenlanddeutschen, wird nun für immer fehlen.

Luzian Geier

Schlagwörter: Nachruf, Wissenschaftler, Sprachforscher, Dialekt, Rein, Bukowina

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