7. Mai 2019

19. GoEast-Festival in Wiesbaden mit ungewöhnlichen Beiträgen

Das 19. GoEast-Festival für den mittel- und osteuropäischen Film in Wiesbaden hatte wieder eine Reihe besonderer, ungewöhnlicher Filme in sein diesjähriges Programm aufgenommen. Die Handschrift dieses Festivals gehörte der seit letztem Jahr agierenden Leiterin Heleen Gerritsen, die in Osteuropa studiert hat und auch mehrere osteuropäische Sprachen spricht.
An sieben Tagen, in sieben Sektionen zeigt das Filmfestival GoEast über 100 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme. Die rumänischen Beiträge stammten von Anca Damian mit ihrem Film „Moon Hotel Kabul“, der zwar schon in Berlin bei den Filmfestspielen seine Deutschlandpremiere feierte, aber hier im Wettbewerb mit dabei ist. Die Hauptdarsteller: Florin Piersic Jr. und die bekannte Schauspielerein Ofelia Popii, die am Theater in Hermannstadt spielt und neben mehreren Auszeichnungen auch in der famosen „Faust“-Inszenierung von Purcarete den Mephisto gespielt hatte. Hier spielt sie die Rolle einer Agentin, die in Kabul bei den Nato-Truppen operierte. Überzeugend, aber leider ohne die entsprechende Spannung, war der Film nicht nur mit den bekannten Klischees besetzt, die das westliche Publikum von Rumänien hat (Zigeunerkinder, Dorfleben mit Armut, Korruption und Macho-Männer), sondern er endete spannungsfrei in einem Open End. Die Rolle der Agentin bleibt leider ungeklärt. Trotz bunter Bilder und guter Schauspieler konnte die Regisseurin nicht ganz überzeugen.

Weit überzeugender war der rumänische Film von 1992 in der Regie von Lucian Pintilie „Balanta“ (übersetzt mit „Die Eiche – Oak tree“ in Wiesbaden), der eine Reise zurück in die Vergangenheit Rumäniens war. In der Hauptrolle war Maja Morgenstern als Hochschulabsolventin zu sehen, die mit und gegen die bestehenden Verhältnisse kämpft: keine Versorgung, Lebensmittelknappheit, Korruption und Bestechlichkeit der kommunistischen Gesellschaft. Weitere Rollen besetzten Victor Rebengiuc, Mariana Mihut u. a. Die düstere Zeit des rumänischen Kommunismus mit all seinen unüberwindbaren Hürden ist das beherrschende Thema. Wer vergessen hat, wie es damals zuging im Gesellschaftsleben des Landes, kann bei diesem Film sein Gedächtnis auffrischen. Der Film beruht auf dem Roman des rumänischen Film- und Fernsehregisseurs Ion Băieșu. In der Filmreihe „Bleibt alles anders? – Die wilden Neunziger“ blickt das Filmfestival GoEast 30 Jahren zurück auf Ereignisse und Hintergründe in Europa und zeigte Klassiker von István Szabó, Kira Muratova, Helke Misselwitz oder Jean-Luc Goddard.
19. GoEast Festival in Wiesbaden. Collage und ...
19. GoEast Festival in Wiesbaden. Collage und Fotos: Copyright K. Kilzer
Das Symposium „Konstruktionen des Anderen – Roma und das Kino Mittel- und Osteuropas“ eröffnete mit dem Film „Kenedi goes back home" des serbischen Regisseurs elimir ilnik. Es ließ die größte Minderheit Europas, die Roma, sprechen. Klischees wurden vielfach widerlegt. Politische Themen standen im Vordergrund in Filmen wie „Hungary 2018“ von Eszter Hadju oder „Jan Pallach“ von Robert Sedlacek.

Die Goldene Lilie für den besten Film ging an den russischen Streifen „Acid“ von Alexander Gorchilin von 2018. Den Preis der Landeshauptstadt Wiesbaden für die beste Regie erhielt das Drama „The Gentle Indifference of the World“ aus Kasachstan/Frankreich 2018 von Regisseur Adilkhan Yerzhanov. Ein dramatisch-melancholisches Märchen, das auch den Preis der internationalen Kritik (Fipresci) erhielt. Der moldauische Dokustreifen „Landing“ von Ksenia Ciuvaseva wurde als bestes Projekt im East-West Talent Lab mit dem von Russian Standard Vodka gestifteten goEast Development Award bedacht. Eine sehr persönliche Geschichte, die Themen wie Verlust, Abwesenheit und Liebe auslotet, betonte die Jury.

Das GoEast-Filmfestival zieht Jahr für Jahr immer mehr Besucher nach Wiesbaden und verwandelt die Stadt für eine kurze Zeit in ein Bilderbuch Süd-Mittel-Osteuropas. Leider ist die Verständigungssprache wie auch die Filmtitel Englisch, was so manchen Besucher etwas befremdet, handelt es sich doch um ein deutsches Festival mit Sponsoren der Stadt, des Bundes und auch Privatunternehmen. Die Themen überzeugen jedenfalls immer und bringen Osteuropa ein Stück näher.

KK

Schlagwörter: Film, Festival, Wiesbaden, Osteuropa

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