30. Mai 2019

„Transilvania mea – Von Gewinnern und Verlierern“ in Nürnberg gezeigt

Die Erinnerungen der Siebenbürger Sachsen an die Heimat Siebenbürgen sind manchmal auch bitter, meistens aber von einbindender Fürsorge und Gemeinschaft, bescheidenem Wohlstand, stolzen Kirchenburgen, prächtigen Trachten, funktionierendem Kulturleben, Respekt von den mitlebenden Menschen geprägt, also schön. Sie sind Teil des Fundaments, um sich in der neuen Heimat zu behaupten und wohlzufühlen. Nun produziert Fabian Daub, ein bundesdeutscher Regisseur, wegen katastrophaler Ereignisse aufmerksam geworden auf Siebenbürgen (siehe Film „Roșia Montană – Dorf am Abgrund“), einen Film, der eine ganz andere Seite des uns so vertrauten Siebenbürgens zeigt.
Der Saal im Nürnberger Casablanca-Kino war am 8. Mai voll, als der Film „Transilvania mea – Von Gewinnern und Verlierern“ lief. Die Vertreter des einladenden Nürnberger Kulturbeirates zugewanderter Deutscher waren froh über das Interesse an der Veranstaltung, das Publikum gespannt. Während des Films hörte man so manchen Lacher – allerdings nur bei Ausdrücken eines Rom der Sippe Gabor wie „prințesa cu mă-sa“ oder derben Schimpfwörtern eines Schafzüchters, die der so selbstverständlich benutzt, dass sie als wütende Drohgebärde gegen die vermeintliche Hinterlistigkeit seines Gegenübers fast schon drollig daherkommen. Die restlichen Emotionen des Publikums führten, wie eine Zuschauerin bei der ­anschließenden Diskussion treffend zusammenfasst, zunächst zu Sprachlosigkeit! Die Schafzüchter in den Karpaten und Bergleute im Schiltal waren uns früher nicht wirklich, aber doch irgendwie bekannt. Vorstellbar ist auch, wie Parteifunktionäre einst durch Stehlen und Verkauf von Schafen große Häuser bauen konnten. So erzählt es ein Schafzüchter, dem es zwar selbst auch heute gut geht, dessen Kinder aber ihre Zukunft im Ausland sehen. Die großen stinkenden Müllhalden in der Nähe von Klausenburg jedoch, auf denen Menschen spärliches Geld mit Durchwühlen und Bergen einiger wiederverwertbarer Produkte verdienen, das dürfte für viele Zuschauer neu gewesen sein. Auch, dass im Schiltal junge Männer auf Bergen nach Kohle buddeln, um pro Sack, den sie durch die Wälder schleppen müssen, 3 Euro zu verdienen. Ein 24-Jähriger behauptet: „Die Rentner sind die Gewinner!“ Das berührt, auch durch das gründliche Eintauchen in den Alltag dieser in Siebenbürgen am Rande der Gesellschaft lebenden Menschen.
Sabine Eisenburger und Regisseur Fabian Daub ...
Sabine Eisenburger und Regisseur Fabian Daub während der Diskussion in Nürnberg. Foto: Inge Alzner
Sabine Eisenburger vom Radio Z, gebürtige Kronstädterin, in Erlangen lebend, eröffnete die Diskussion mit der Frage an den Regisseur, wessen Siebenbürgen er mit „Transilvania mea“ meine. Fabian Daub sagte, dass er das Transilvanien der dortigen Leute, die ihn so berührt hätten, meine, ein Mikrokosmos, der auch den Zuschauern des Films in São Paulo/ Brasilien 2018 nicht fremd war, weil es erschreckende Parallelen gibt, vor allem die Müllkippen. Als Eisenburger die Migrationsströme erwähnte und die vielen Kinder, die in Rumänien ohne Eltern aufwachsen, weil die in Westeuropa zum Geldverdienen weilen, sagte der Regisseur, dass dieser Missstand, der z.B. auch in Bulgarien bestehe, europäisch gelöst werden müsse. In der Diskussion wurde auch klar, dass die Verantwortlichen in der Regierung Rumäniens kein Interesse an der Problematik haben, worauf die in der Diaspora lebenden Rumänen erwähnt wurden, deren Rolle wichtig sei, um z.B. auch bei Wahlen in Rumänien und in der EU von Deutschland aus Einfluss zu nehmen. Auf die Frage, warum neben einem Investor in ein Skigebiet, also einem Gewinner, nicht näher auf die jüngeren Rumänen eingegangen wurde, die gezielt im Land bleiben und es weiterentwickeln wollen, antwortete Daub, dass „ein nur kurzes Anreißen dessen nicht stimmig“ wäre. Es wäre seiner Meinung nach einen ganzen Film wert.

Der Film geht sehr einfühlsam auf die gezeigten Menschen ein und will den Zuschauer betroffen machen, was ihm auch gelingt. In Gesprächen gaben z.B. einige Gäste zu, das Ausmaß der Müllkippen so nicht gekannt zu haben, und der Gedanke, dass auch unser (Plastik-)Müll irgendwo auf Kippen landet, auf denen Menschen notbedingt wühlen müssen, erschreckend sei. Fabian Daub und dem Nürnberger Kulturbeirat zugewanderter Deutscher sei für diese Einsichten und Anregung zum globalen Denken gedankt.

Doris Hutter

Schlagwörter: Film, Präsentation, Transilvania mea, Nürnberg, Hutter

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