7. Januar 2021

Neujahrsgruß der Kulturreferentin für Siebenbürgen am Siebenbürgischen Museum

In diesen Tagen gibt es wenige Optionen für Reisen und Begegnungen. Besuche von Ausstellungen, Konzerten oder Theateraufführungen fallen aus. Die inspirierende, stärkende Kraft, die Kultur für unser Leben und für jede Gesellschaft bedeutet, kann sich nicht wie gewohnt entfalten. Der Transfer in den digitalen Raum ist kein vollwertiger Ersatz. Bleibt zu hoffen, dass dies ein Weg ist, den wir nur für eine gewisse Zeit gehen müssen.
Pomona Zipser, FÜR EINE GEWISSE ZEIT EIN WEG, ...
Pomona Zipser, FÜR EINE GEWISSE ZEIT EIN WEG, 2019, Holz, Seil, Farbe, 290 x 185 x 1150 cm, Temporäre Installation nach „Not only in space, but also in time“-Ausstellung des ZAK Zentrum für Aktuelle Kunst, Zitadelle Spandau 2020. Eine Kooperation von ZAK und der Kulturreferentin für Siebenbürgen am Siebenbürgischen Museum. Foto: Jürgen Baumann, Berlin
„Für eine gewisse Zeit ein Weg“ ist der Titel einer Skulptur der in Hermannstadt geborenen, in Berlin lebenden Künstlerin Pomona Zipser aus dem Jahr 2019. Entstanden vor Ausbruch der Pandemie klingt hierin etwas Grundsätzliches an, was gleichwohl starke Resonanz vor dem aktuellen Hintergrund besitzt.

Das Foto zeigt diese Arbeit: Eine zwölf Meter lange und knapp drei Meter hohe, aus hölzernen Reststücken gefertigte Konstruktion, die einem Steg ähnelt und von hier nach dort führt. Wo Anfang und Ende – oder gar ein Ziel – liegen, bleibt offen. Ebenso offen bleibt, in welche Richtung dieser Weg zu gehen wäre, was am stärksten zu erfahren ist, wenn man um die Arbeit herumgeht. Das ganze Gefüge ist höchst fragil, ein Stoß, eine Erschütterung des Grundes können dazu führen, dass alles in sich zusammenfällt. Die Konstruktion steht frei, ist nicht im Boden verankert. Stabilität gewinnt sie allein aus sich selbst. Dabei wirken Kräfte und Gegenkräfte, die durch Seile und Knoten reguliert werden. So geht eine Stärke von diesem Werk aus, das – so scheint‘s – sein Lot gefunden hat und gefasst die eigene Vergänglichkeit trägt.

Im vergangenen Sommer wurde die Skulptur erstmals öffentlich gezeigt. Den Rahmen dafür bot eine Gruppenausstellung im Zentrum für Aktuelle Kunst (ZAK) der Zitadelle Spandau. Nach Ausstellungsende beschlossen wir mit der Künstlerin Pomona Zipser und dem ZAK-Leiter Ralf Hartmann, die Arbeit fotografisch zu dokumentieren. Bevor die Skulptur wieder im Atelier verschwinden würde, sollte eine Aufnahme, aus der auch das Foto hervorging, das Gleichgewicht der Kräfte für die Zeit bewahren. Die Aktion wurde zu einer Performance eigener Art: Für das gewünschte Foto musste die Skulptur komplett abgebaut und transportiert werden, um dann im Hof der Zitadelle wieder neu zu entstehen. Nur zwei Tage stand sie schließlich dort, unter freiem Himmel, irgendwie strahlend, noch stärker sich den Widernissen aussetzend – für eine gewisse Zeit ein Weg.

Als Kulturreferentin für Siebenbürgen am Siebenbürgischen Museum in Gundelsheim am Neckar wünsche ich Ihnen und uns allen einen guten Weg für das neue Jahr – und viele Wege, die in die Zielregionen des Kulturreferats nach Siebenbürgen, Maramuresch, Bessarabien, in die Bukowina, Walachei, Moldau und Dobrudscha führen!

Heinke Fabritius

Schlagwörter: Neujahrsgruß, Heinke Fabritius, Kulturreferentin, Pomona Zipser

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