14. April 2021

Renate Bauinger neue Superintendentialkuratorin der Evangelischen Kirche in Oberösterreich

Ab 1. Juli 2021 leiten Superintendent Gerold Lehner und Renate Bauinger die Evangelische Kirche in Oberösterreich. Die 57-jährige Hochschullehrerin ist von den Delegierten der oberösterreichischen evangelischen Pfarrgemeinden am 20. März in Thening zur neuen Superintendentialkuratorin gewählt worden. Als erste Frau in dieser Funktion übernimmt die gebürtige Hermannstädterin das höchste weltliche Amt der Evangelischen Kirche. In der evangelischen Kirchenverfassung fungiert der bzw. die SuperintendialkuratorIn als weltliches Pendant zum Superintendentenamt. Die Neuwahl war erforderlich geworden, da Johannes Eichinger diese ehrenamtliche Leitungsfunktion nach 15-jähriger Tätigkeit mit Juli 2021 beendet.
Dem Evangelischen Pressedienst für Österreich zufolge wurde die Wahlversammlung „unter umfangreichen Coronaregeln“ in der Evangelischen Kirche in Thening abgehalten (siehe OÖ: Renate Bauinger ist neue Superintendentialkuratorin). In ihrer Vorstellung sagte Renate Bauinger, sie wolle „Vielfalt als Stärke“ sehen, „scheue aber auch keine Konflikte“. Die aus Neppendorf stammende Landlerin habe auf ihre Lebensgeschichte und die ihrer Vorfahren verwiesen, die im 18. Jahrhundert ihres Glaubens wegen Bad Goisern verlassen mussten. Dies seien „prägende Lebenserfahrungen, die Mut machen, dass Glauben auch unter schwierigen Umständen bestehen kann“.
Die Landlerin Renate Bauinger ist zur neuen ...
Die Landlerin Renate Bauinger ist zur neuen Superintendentialkuratorin der Evangelischen Kirche in Oberösterreich gewählt worden, als erste Frau in dieser Funktion. Foto: Dieter Hawlan
Der Kurier berichtete über die Personalie unter dem Titel „Offen, konsequent, ungeduldig“. Bauinger habe gelernt, mit Niederlagen umzugehen: „Aufstehen, Krönchen richten und weitergehen“, zitiert die in Wien erscheinende Tageszeitung die verwitwete Mutter zweier erwachsener Kinder und Oma eines Enkelkindes. Im nachfolgenden Gespräch mit der Siebenbürgischen Zeitung ordnet die neue Superintendentialkuratorin der Evangelischen Kirche in Oberösterreich ihren Wahlerfolg ein. Dabei sieht sie sich nicht als Wahlsiegerin, sondern vielmehr als „Dienerin dieser Kirche und deren Menschen“. In ihrem neuen Amt möchte Bauinger in den Bereichen Bildung, Frauenarbeit, Diakonie und Ehrenamt besondere Akzente setzen. Für das Mitwirken der Siebenbürger Sachsen innerhalb der Evangelischen Kirche in Oberösterreich (OÖ) findet die Landlerin, selbst Mitglied der Siebenbürgischen Nachbarschaft Traun, anerkennende Worte.

Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Wahl, Frau Bauinger! Wie kam es dazu?

2018 wurde ich als eines der vier weltlichen Mitglieder im Superintendentialausschuss der Evangelischen Kirche OÖ und erste Stellvertreterin des Superintendentialkurators Johannes Eichinger anhand der Mehrheit der Stimmen für sechs Jahre gewählt. Johannes Eichinger legt sein Amt nach zweieinhalb Jahren zurück, so musste für die nächsten dreieinhalb Jahre nachgewählt werden. Da ich von mehreren Gemeinden für die Wahl vorgeschlagen wurde, habe ich nach reiflicher Überlegung und Beratung mit Menschen meines Vertrauens und der Familie beschlossen, mich der Wahl zu stellen.

Was bedeutet Ihnen diese ehrenamtliche Funktion?

Es ehrt mich sehr, dass ich von fünf Kandidaten und Kandidatinnen als erste Frau in Oberösterreich in diese Funktion gewählt wurde. Für mich ist es ein Ruf in eine sehr verantwortungsvolle ehrenamtliche Position, in einer Zeit, wo man sich mit Widrigkeiten und Schwierigkeiten eingehend auseinandersetzen muss. Ich weiß die Mehrheit einer Diözese hinter mir und ich zähle auf die Unterstützung vieler Menschen aus unseren Gemeinden. Und ich sehe mich nicht als Wahlsiegerin, ich sehe mich als Dienerin dieser Kirche und deren Menschen.

Welche besonderen Schwerpunkte möchten Sie in Ihrem Spitzenamt setzen?

Ich sehe die Menschen in dieser Kirche, aber auch darüber hinaus, mit denen ich im Gespräch bleiben will und ins Gespräch kommen will. Für mich zählt jeder Einzelne und ich werden versuchen, jedem mit Wertschätzung zu begegnen – was natürlich auf Gegenseitigkeit beruhen sollte. Jeder Mensch ist einzigartig – auch in seinem Glauben. Das Gemeinsame, das uns verbindet, ist der evangelisch-lutherische Glaube.

Es gibt sehr viele Themen, die mir wichtig sind: Bildung, Frauenarbeit, Diakonie, aber auch eine solide wirtschaftliche Basis. Einen besonderen Schwerpunkt werde ich auf das Ehrenamt setzen, da unsere Kirche sehr von der vielen freiwillig und unbezahlt geleisteten Arbeit lebt. Eine Berufsgruppe, die Bauern, die viele Jahrzehnte Träger dieser Kirche waren, möchte ich versuchen, wieder mehr einzubinden. Die vielen Ehrenamtlichen unserer Kirche sollen einmal im Jahr auch gewürdigt werden, es soll einen „Tag des Ehrenamtes“ geben – sobald Corona es zulässt.

Wie nehmen Sie die Rolle und Bedeutung der Siebenbürger Sachsen innerhalb der Evangelischen Kirche in Oberösterreich wahr?

Die Siebenbürger Sachsen sind aktiv in der Evangelischen Kirche in OÖ eingebunden. Ich kenne einige sehr engagierte Kuratoren, die ihre Wurzeln in Siebenbürgen haben, aber auch Pfarrer aus Rumänien, die in österreichischen Gemeinden tätig sind. Ich sehe die Siebenbürger Sachsen als einen wichtigen Teil der Kirche, mit ihrem traditionsgeprägten Gemeindeleben sind sie aus unserem kirchlichen Leben nicht wegzudenken. Ich bin selber Mitglied der Siebenbürgischen Nachbarschaft Traun, pflege Kontakte zur Nachbarschaft Wels und hatte immer wieder Vorträge bei verschiedenen Anlässen in diesen Vereinen gehalten.

Stehen Sie in aktiver Verbindung mit der Evangelischen Kirche in Siebenbürgen?

Ich stehe in Verbindung mit diversen Einrichtungen und Personen der Evangelischen Kirche in Rumänien. 2009 war ich als Delegierte Österreichs bei der Ökumenischen Versammlung in Hermannstadt. Zu meiner Heimatgemeinde Neppendorf ist der Kontakt nie abgerissen. Ich habe doch einige Zeit auch mit Pfarrer Dr. Rehner im Archiv des Teutsch-Hauses arbeiten dürfen und wir haben derzeit ein Projekt mit dem Teutsch-Haus, das über das Evangelische Museum OÖ in Rutzenmoos läuft, wo ich die stellvertretende Leitung habe.

Profiliert in Lehre und Forschung

Seit 2006 leitet Renate Bauinger, die in Neuhofen a. d. Krems lebt, das Evangelische Bildungswerk Oberösterreich (OÖ). Seit 2017 gehört sie auch dem Vorstand des Evangelischen Museums OÖ an. Mitglied im Superintendentialausschuss, dem Leitungsgremium der Diözese, ist sie seit 2019. Bauinger ist Praxisverantwortliche und stellvertretende Leiterin des Instituts für Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule in Linz, an der sie seit 2015 lehrt.

Aus ihrer Forschungstätigkeit auf dem Feld der „Transmigration“, der Deportation von oberösterreichischen Protestanten nach Siebenbürgen unter Karl VI., sind drei Bände zur Landlergemeinde Neppendorf hervorgegangen. In Anerkennung ihres verdienstvollen Wirkens hat der damalige Landeshauptmann Josef Pühringer der Pädagogin am 26. Oktober 2011 die Kulturmedaille des Landes Oberösterreich überreicht.

Christian Schoger

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Schlagwörter: Kirche, Österreich, Oberösterreich, Evangelische Kirche, Bauinger, Leitung, Landlerin, Interview, Bad Goisern, Neppendorf, Hermannstadt, Landler

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Neueste Kommentare

  • 15.04.2021, 08:42 Uhr von sibisax: Sehr tüchtige Neppendorferin! [weiter]

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