20. November 2023
Bücher für Freunde: Rumänien, Banater und siebenbürgische Autoren auf der Frankfurter Buchmesse
In Halle 4 der zwölf Messehallen der Frankfurter Buchmesse, die heuer ihren 75. Geburtstag feierte, fand man den Stand Rumäniens in Nachbarschaft Ungarns, Armeniens und der Slowakei: Unter dem Motto „Books for Friends“ (BFF) ragten riesige blaue Regale an die Hallendecke, bestückt mit Bildern lesender Menschen unter weißen Blumendächern und Büchern, die eingeteilt waren in die verschiedenen Sparten der Literatur: Fiction (Literatur), Non-Fiction (also Sachbücher) und Children books (Kinderbücher). Anders als in den vorigen Jahren war der vom Kultusministerium organisierte Bücherstand sehr repräsentativ, ausgestattet auch mit einem Büchertisch zum Verkauf der Bücher und einer Versammlungsecke. Bereits am ersten Tag trafen sich Verleger aus der Ukraine und benachbarten Ländern wie Armenien, Georgien, Ungarn, Polen, Rumänien, Slowakei und Ukraine. Weitere Präsentationen mit zahlreichen rumänischen Autoren und Übersetzern sowie banatdeutsche und siebenbürgische Schriftsteller folgten an weiteren Messetagen.

Danach wurden in der Organisation des Rumänischen Kultusministeriums Gabriela Adameșteanu, Traian Pop und zwei weitere rumänische Autoren unter dem Motto „Der zeitgenössische rumänische Roman, Tatsachen und Perspektiven“ besprochen, moderiert von der in der Schweiz lebenden rumänischen Autorin Dana Grigorcea und dem aus Reschitza stammenden Jan Cornelius als Übersetzer.
Am 20. Oktober hatte die sorbisch-deutsche Lyriksammlung „Posledni sněh/Der letzte Schnee“ von Traian Pop Traian seine Premiere. Zur rumänischen Ausstellung kamen auch Sorben und Nachkommen der Sorben unter anderem aus Kassel und Bensheim. Die Edition des rumänisch schreibenden Schriftstellers Traian Pop Traian, seit 1990 in Ludwigsburg lebend, präsentierten der Autor selbst sowie der Herausgeber der Sammlung Benedikt Dyrlich. Einige seiner und Dorothea Šołćinas Übersetzungen der Gedichte ins Sorbische trug Monika Dyrlichowa vor, deutsche Nachdichtungen aus der Feder Edith Konradt und Johann Lippet las Barbara Zeizinger.
Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde, in Anwesenheit Hellmut Seilers und Traian Pops, die Literaturzeitschrift BAWÜLON (Nr. 50) vorgestellt und moderiert von Barbara Zeizinger. Auf dem Cover der neuen Ausgabe von BAWÜLON, der Zeitschrift des Ludwigsburger Pop Verlages, findet man in Klammer die Zahl 50. Es handelt sich also um die fünfzigste Ausgabe dieser „Süddeutschen Matrix für Literatur und Kunst“. Das Heft ist wie immer voller interessanter Lyrik und Prosa, ergänzt durch interessante, fachkundig geschriebene Rezensionen. Schwerpunkt der Literaturzeitschrift ist der Dichter Hellmut Seiler, der dieses Jahr seinen siebzigsten Geburtstag feierte. Auf mehr als hundert Seiten kann man eintauchen in Gedichte, Kurzprosa, Erzählungen und Tatsachenberichte von Hellmut Seiler und dessen vielfältiges, mitunter gerne auch ironisches Schreiben kennenlernen. Begleitet wird diese literarische Tour d’Horizon von namhaften Autoren und Wegbegleitern, beginnend in Rumänien während der schwierigen Ceauşescu-Zeit. „Indien ‒ Pracht und Elend“ nannte Éva Seiler-Iszlai, die Ehefrau von Seiler, ihre Ausstellung, von der in dem Heft eine farbenprächtige, beeindruckende Auswahl von vierzehn Fotos enthalten ist. In der BAWÜLON wird ein weiterer Jubilar erwähnt: der gebürtige Hermannstädter Dietfried Zink feierte seinen Achtzigsten! Über ihn sagte Waldemar Fromm, er sei „ein exemplarischer Fall für ein siebenbürgisches Dichterdasein im ausgehenden 20. Jahrhundert“. Sein neuer Lyrikband „Der leise Suchton des kreisenden Vogels“ enthält Gedichte aus sechs Jahrzehnten, elf davon werden in der Zeitschrift vorgestellt.
Die Banater Autoren und Autorinnen Helmuth Frauendorfer, Horst Samson, Helmut Britz und Adriana Cârcu stellten am letzten Buchmessetag zusammen mit dem Verleger und Autor Traian Pop aus Ludwigsburg sowie den Moderatoren Gert Weisskirchen und Katharina Kilzer ihre zuletzt erschienen Bücher vor. Das Thema der Präsentation lautete: „Timișoara/Temeswar – Kulturhauptstadt Europas“. Britz las aus der Anthologie „die bewegung der antillen unter der schädeldecke. Junge rumäniendeutsche Lyrik zwischen 1975 und 1980“, 2022 (wieder)herausgegeben von Walter Fromm, vor. Adriana Cârcu aus Temeswar las aus ihrem poetischen Essay-Buch, im Pop Verlag erschienen, das Rumänisch/Deutsch/Englisch vorliegt, Beiträge zu dem Titelthema „Der lange Weg nach Hause“. Helmuth Frauendorfer beeindruckte das Publikum mit einigen Gedichten zum Thema Temeswar aus seinen Gedichtsammlungen sowie Passagen über Temeswar aus seinem Roman „Abendweg“, der im Banat, Berlin und Leipzig spielt. Auch der Verleger und Autor Traian Pop sowie Horst Samson lasen ausgewählte Gedichte zum Thema Banat und Temeswar. Auf die Frage von Professor Weisskirchen, wie die Zukunft der deutschsprachigen Literatur in Rumänien aussieht, gingen die Meinungen auseinander. Während Samson optimistisch die Veröffentlichungen einiger Autoren wie Balthasar Waitz oder die Mitglieder des Literaturkreises Stafette in Temeswar lobte, sah Frauendorfer wohl den Verlust des kulturellen Hintergrundes der Deutschen in Rumänien nach der Auswanderung als Ursache, dass eine deutschsprachige Literatur in Rumänien eher kaum eine Zukunft hat.
Katharina Kilzer, Barbara Zeizinger
Schlagwörter: Frankfurt, Buchmesse, Rumänien
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