7. August 2024

30 Jahre Uwe-Johnson-Preis: Iris Wolff wird ausgezeichnet

Im Jahr des 90. Geburtstages von Uwe Johnson (1934-1984) erhält Iris Wolff für ihren Roman „Lichtungen“ den Uwe-Johnson-Preis. Die Jury wählte aus 90 Einreichungen aus den Bereichen Prosa und Essayistik die diesjährige Preisträgerin aus. Die feierliche Verleihung findet im Rahmen der Uwe-Johnson-Tage am 20. September in der Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern in Berlin statt. Iris Wolffs Roman, erschienen im Frühjahr 2024 bei Klett Cotta, wird von der Jury als Spurensuche gewürdigt, der es wie bei Uwe Johnson darum geht, „erzählend ,eine Wirklichkeit, die vergangen ist, wiederherzustellen‘. Dabei wird offenbar, auf welche Weise die Zeitläufte in das Leben des einzelnen eingreifen und es zu Brüchen in der Biographie gekommen ist.“ Abschließend heißt es: „Wie Uwe Johnson verweigert sie sich der Mitlieferung einer Moral.“
Iris Wolff. Foto: Maximilian Gödecke ...
Iris Wolff. Foto: Maximilian Gödecke
Die mit 20.000 Euro dotierte Auszeichnung wird seit 1994 vergeben, zu den Preisträgern gehören unter anderen Walter Kempowski, Jürgen Becker, Norbert Gstrein, Joochen Laabs, Uwe Tellkamp, Christa Wolf, Christoph Hein, Lutz Seiler, Jan Koneffke und Irina Liebmann. Der Literaturpreis wird von der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft e.V. gemeinsam mit dem Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg KdöR und Gentz und Partner Rechtsanwälte Steuerberaterin mbB, Berlin, seit 2005 im jährlichen Wechsel mit dem Uwe-Johnson-Förderpreis vergeben. Er würdigt herausragende literarische Werke, in denen sich Bezugspunkte zur Poetik von Uwe Johnson finden und deren Blickwinkel unbestechlich und jenseits „einfacher Wahrheiten“ auf deutsche Geschichte, Gegenwart und Zukunft gerichtet ist. Zum Jubiläum ist ein Band mit den Laudationes, Dankesreden, Gesprächen und Erinnerungen geplant. Weitere Informationen und die gesamte Jurybegründung sind zu finden auf www.uwe-johnson-preis.de.

Preis für große Wortkunst – Iris Wolff im Kurzinterview

Am 20. September erhält Iris Wolff für ihren Roman „Lichtungen“ in Berlin den Uwe-Johnson-Preis. Gern beantwortete die 1977 in Hermannstadt Geborene aus aktuellem Anlass dieser Zeitung drei Fragen. Die Fragen stellte Roland Barwinsky.

Wie ging es Ihnen, als Sie die Nachricht von diesem Preis bekamen?
Das Schöne an solchen Nachrichten ist, dass sie einen gänzlich unvorbereitet erreichen – mein Verlag hatte den Roman „Lichtungen“ für diesen Preis eingereicht, mir aber davon nichts gesagt. (Wofür ich sehr dankbar bin!) Es ist eine Ehre, in die Erzähltradition von Uwe Johnson gestellt zu werden – der es wie kaum ein anderer Autor vermochte, mit Zeitebenen und Perspektiven zu experimentieren, und den ich dafür bewundere, wie er in seinen Romanen die große Geschichte anhand einzelner Lebensläufe sichtbar macht.

In „Lichtungen“ gelang es der Verfasserin auch vorzüglich wunderbare Landschaftsbilder plastisch zu integrieren und für die Leserschaft fantasiebeladen zu beschreiben. Haben Sie eine besondere Affinität zur freien Natur, wo der Einzelne fernab des oftmals herausfordernden Alltags seine ganz speziellen Ruhepole mit den passenden Geschichten finden kann?
Die Natur ist für mich ein Raum, in dem ich Ruhe und Verbundenheit finde. In der Literatur wird die Natur zu einer Art erweitertem Deutungsraum der Figuren. Levs Leben ist auch eine Geschichte über die Entgrenzung des Körpers. Als er monatelang mit gelähmten Beinen das Bett hüten muss, kann er sich irgendwann nicht mehr im Raum orientieren, er weiß nicht mehr, wo die Haut aufhört – sein Zimmer gehört mit einem Mal zum Körper. Wir erleben die Welt zumeist in Gegensätzen: Hier ist der Mensch, dort die Natur; hier bin ich, dort sind die anderen. Für mich ist die Geschichte von Mensch, Tier, Natur immer eine gemeinsame Geschichte.

Die Resonanz auf Ihren letzten Roman muss man einfach als überwältigend bezeichnen. Damit wurden nicht nur Sie, sondern auch eher nicht so bekannte Sichten auf Ihr Geburtsland Rumänien weithin bekannt. Existieren schon konkrete Pläne für Ihr nächstes Buch?
Ja, im Kopf setzt sich nach und nach eine neue Erzählwelt zusammen. Sie wird mich erneut in bekannte und eher unbekannte Regionen meiner Herkunft führen. Da ich eine Langsamschreiberin bin, wird es aber sicher wieder mehrere Jahre dauern, bis Leserinnen und Leser durch diese Welt hindurch gehen können.

Schlagwörter: Iris Wolff, Auszeichnung, Interview

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