18. November 2024

Fesselnde Lesung von Iris Wolff in Schwabach

Einen Roman rückwärts zu schreiben ist selten. Bei einer Lesung mit dem Ende des Romans zu beginnen, geschieht öfter. Aber diesen Roman kann man sowohl von Anfang als auch vom Ende her lesen. Die erste Lesung beim Literaturfestival der Fränkischen Literaturtage bestritt am 3. November die Autorin Iris Wolff im ausverkauften Bürgerhaus Schwabach.
Iris Wolff liest bei der LesArt Schwabach aus ...
Iris Wolff liest bei der LesArt Schwabach aus „Lichtungen“. Foto: Malwine Markel
Nach der Begrüßung durch Sandra Hofmann-Rivero, Leiterin des Kulturamts, übernahm der Fraktionsvorsitzende der SPD Schwabach, Werner Sittauer, die Moderation. Sittauer stellte die Autorin Wolff mit einigen Eckpunkten ihres Lebenslaufs vor, sprach einige Sätze über den neuen Roman. „Lichtungen“ ist in der Spiegel-Bestsellerliste auf dem zweiten Platz, war auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2024 und konkurriert jetzt mit drei Autorinnen und Autoren um den Bayern2-Publikumspreis. Zum Schluss sagte Sittauer, dass die LesArt ein literarischer Höhepunkt von Schwabach sei, und verwies auch auf die Nobelpreisträgerin Herta Müller, die hier schon zu Gast war. Damals war sie im gleichen Alter wie Iris Wolff, und fünf Jahre später erhielt Müller den Nobelpreis.

Iris Wolff erzählt zunächst über die beiden Hauptprotagonisten Lev und Kato. Die beiden sind miteinander verbunden seit der Schulzeit. Obwohl Kato in Zürich lebt, besteht die Freundschaft noch. Sie klopfen ab, wie nah sie sich noch stehen im Erwachsenenleben, als Lev Kato in Zürich besucht. Es ist die Geschichte von Lev. Er ist in „Lichtungen“ der Hauptprotagonist. Deswegen hat Wolff den Roman rückwärts geschrieben.

Wolff liest mit klarer, sanfter Stimme, nimmt die Zuhörer mit auf die Reise durch das Buch, von Maramureş in Siebenbürgen über das Banat bis Zürich. Sie bringt das Publikum zum Lachen, wenn sie über die Familienmitglieder liest, die die kommunistische Zeit durchgemacht haben und jetzt die Freiheit kennenlernen. Wenn Großmutter den Satz sagt: „die Schweine sollen kommunistisch bleiben“. Oder wenn der Ratschlag kommt: „wenn man die Schwiegereltern besucht, sollte man sich eine Jacke anziehen.“ Ein guter Teil des Publikums kennt solche Aussagen, die Erinnerung ist wieder da. Eine wohltuende entspannte Atmosphäre herrschte im Bürgerhaussaal. Das Publikum lauschte andächtig der Lesung, die im Fluss war trotz der miteingestreuten Erzählungen zwischendurch. Wolff hat es geschafft, den ganzen Roman dem Publikum mitreißend und unterhaltsam vorzustellen. Die Autorin nennt nie die Ortschaften, über die sie schreibt, beim Namen, freut sich aber, wenn es ihre fiktiven Ortschaften, Bäche und Flüsse tatsächlich gibt. Dass es den Fluss Iza wirklich gibt, hat sie erfahren, nachdem der Roman erschienen ist. So was freut Wolff immer. Jedem Kapitel geht ein Zitat voraus, in der jeweiligen Sprache geschrieben. Das ist selten in dieser Art. Diese Zitate spiegeln das Leben der Multikulti-Nationen von Siebenbürgen und Banat wider. Siebenbürger Sachsen, Romni, Juden, Serben, Ungarn, alle haben miteinander und füreinander gelebt. Die Zitate haben auch viel mit Levs Leben zu tun, dessen Eltern zwei verschiedenen Nationen angehören. Warum der Titel „Lichtungen“? Das Wort Lichtungen hat in diesem Roman viele Bedeutungen und zieht sich wie ein roter Faden durch. Denn in jedem Kapitel ist eine Lichtung oder auch mehrere. Lichtung steht als Metapher für Erinnerungen, bringt Licht ins Dunkel. Aber für die Autorin bedeutet das Wort Klang, vielfältige Verknüpfungen, ist eine Bandbreite unseres menschlichen Lebens, denn eine kleine Lichtung im Leben ist immer da. Langanhaltender Applaus belohnte Iris Wolffs Lesung.

Malwine Markel

Schlagwörter: Iris Wolff, Lesung, Schwabach

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21 Bewertungen: –

Neueste Kommentare

  • 18.11.2024, 11:18 Uhr von gelixy: Leider ist in dem Bericht nicht alles stimmig, z. B. dass Iris Wolff erst nach dem Erscheinen des ... [weiter]

Artikel wurde 1 mal kommentiert.

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